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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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versuche. Schließlich hat mein Vater mich dies gelehrt. Ihm ist es zuzuschreiben, dass ich ein bisschen Bescheid weiß über viele alltägliche Leiden und die Art und Weise, sie zu lindern oder ganz zum Verschwinden zu bringen.«
    Gegen seine chronische Diarrhöe halfen bei Martins Vater getrocknete Heidelbeeren und ein Kaltauszug aus Ruprechtskraut sowie der Saft des Gemeinen Erdrauchs gegen seine Schuppenflechte.
    »Das mag schon sein, Jungfer Magdalena. Aber dass Ihr kein Geld dafür genommen habt, das war ja wohl nicht so
ganz selbstverständlich, oder?« Vor Verlegenheit waren jetzt auch noch Martins Ohren rot angelaufen.
    »Solange ich im Infirmarium des Klosters die Patienten behandle, geschieht es natürlich gegen Gottes Lohn. Daheim in Ravensburg, wenn ich die Apotheke meines Vaters übernommen habe, werde ich für die Pülverchen und Tränklein schon etwas verlangen. Aber bestimmt nur so viel, wie sich auch ein armer Bursche wie du leisten kann. Warum sollen nur die Reichen die Segnungen der Heilkunde erfahren dürfen? Nichts gegen gewisse begabte Handaufleger und Gesundbeter! Aber weshalb sollte sich ein weniger Wohlhabender nicht auch richtige Medizin von einer gelernten Heilerin gönnen dürfen?«
    »Genau deshalb lieben Euch die Leute so«, rief der Fischer voll Begeisterung. »Allen wird es leidtun, wenn Ihr das Krankenrevier des Klosters verlasst. Schwester Philomena war einst eine wunderbare Ärztin, aber sie ist jetzt schon zu alt und schwach.
    Ihr wäret ein guter Ersatz für sie. Aber ich verstehe ja, dass ein so hübsches Weib wie Ihr nicht auf Dauer ins Kloster gehen mag.«
    Bei den letzten Worten hatte der junge Kerl die Augen von Magdalena abgewandt, um ihrem Blick nicht begegnen zu müssen. Womöglich hätte sie sonst noch bemerkt, dass er rettungslos in sie verliebt war …
    »Danke, mein Lieber!«, lachte die junge Frau. »Aber du hast vollkommen Recht, Martin! Ich will nämlich nichts anderes als baldmöglichst heiraten. Außerdem kann ich den Betrug meines Oheims nicht einfach durchgehen lassen. Die Apotheke meines Vaters gehört von Rechts wegen mir, und ich soll nach seinem Willen auch die Leitung derselben übernehmen – obwohl ich eine Frau bin. Das war auch längst mit
Ravensburgs Stadtvätern so abgesprochen. Natürlich hatten wir alle geglaubt, dass es noch lange nicht dazu käme …
    Irgendwie hat mein Oheim es geschafft, die Munt über mich zu erhalten – obwohl es niemanden in der Stadt gibt, dem nicht meines Vaters Abneigung gegen seinen Bruder bekannt wäre. Damit kann er über mich bestimmen, solange, bis ich verheiratet bin.
    Und darum will er auch, dass ich möglichst lange im Kloster bleibe, so dass er freie Hand hat und in aller Ruhe die Apotheke und mein übriges Erbe an sich reißen kann. Aber da spiele ich nicht mit! Georg Scheitlin hat mir so viel beigebracht, dass ich jederzeit – selbst vor einem erlauchten Gremium, bestehend aus Doctores, Apothekern, Wundärzten und Bader-Chirurgen – auch die schwerste Prüfung bestehen kann.«
    »Das glaube ich gern«, pflichtete Martin ihr bei und lud die leeren Fischkörbe und Wannen in das am Ufer vertäute Boot. Er hatte wie jeden Dienstag und Freitag die vereinbarte Menge an Aalen, Krebsen und »Kretzern«, wie man die Felchen am Bodensee nannte, für die Klosterküche angeliefert.
    »Es bleibt also dabei, Jungfer?«, fragte er leise, ehe er das Seil vom Pfahl löste und selbst ins Boot sprang, nachdem er es leicht angeschoben hatte.
    »Ja, Martin. Es bleibt alles wie besprochen. Gott beschütze dich.«
    »Gott sei mit Euch, Jungfer.« Einen Augenblick hielt Martin inne. »Falls Ihr es Euch noch anders überlegen solltet, macht das nichts. Wenn Ihr zur vereinbarten Zeit nicht da seid, werde ich trotzdem noch eine ganze Stunde warten – falls Ihr Euch nur verspätet haben solltet.«
    Deutlich war aus der Stimme des jungen Mannes die Hoffnung herauszuhören, die junge Frau möge im Kloster bleiben
… Er hatte sie sehr gern – war sie doch die Einzige, mit Ausnahme der Köchin, die ihn einer Anrede für würdig erachtete. Alle anderen behandelten ihn in der Regel so, als sei er gar nicht vorhanden.
    Lange blickte Magdalena dem Boot hinterher. Sie war sich sicher, dass der Fischer sein Wort halten und wie vereinbart in zwei Tagen – also am 22. April – nach Sonnenuntergang genau hier zur Stelle wäre, um sie bei Nacht bis nach Eriskirch zu rudern. Dort, im Ried, würde ein Freund Martins mit zwei Pferden warten, um

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