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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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vielleicht das eine oder andere davon behalten, statt es wie Wind an sich vorbeirauschen zu lassen.
    »Willst du mich wohl ansehen, wenn ich mit dir rede?!«, schrie seine Mutter ihn an, und Jacop zuckte heftig zusammen. Vor Schreck ließ er das Seihsieb fallen. Im Hintergrund hörte er den Altgesellen hämisch keckern, und auf der Tenne prustete einer der Lehrjungen.
    Anneke dräute vor ihm wie ein wütender Zerberus. Auf ihn wirkte sie ganz und gar nicht so, wie sie nach außen hin immer schien: eine kleine, pausbäckige Frau, die kein Wässerchen trüben konnte.
    Jacop blickte sich hilfesuchend um, doch der Einzige, der ihn vor seiner Mutter hätte in Schutz nehmen können, war nicht anwesend: Sein Vater war wieder zu einer seiner Zunftsitzungen gegangen. In der letzten Zeit kam es Jacop so vor, als wäre der Vater häufiger bei den Dominikanern in der Stolkgasse als zu Hause. Jacop konnte es ihm nicht verdenken, er selbst wäre auch gern woanders gewesen, wenngleich natürlich nicht im Kloster der Dominikaner, dahin zog ihn beim besten Willen nichts. Ein paarmal hatte er seinen Vater begleitet, aber im Kreise der bierbäuchigen Braubrüder zu hocken und zuzuhören, wie sie sich über sinnlose Fragen ereiferten, war noch schlimmer, als stundenlang in der Maische zu rühren. Wen scherte es schon, ob es opportun sei, die Mitgliedsbeiträge der Zunftmitglieder zu erhöhen, damit man für die Bestattungen der Brüder neue, mit einem besonderen Emblem bestickte Bahrtücher anschaffen konnte. Oder ob man im Rat einen Gesetzesentwurf einbringen sollte, der es nichtkölschen Brauern untersagte, in der Stadt ein Brauhaus zu eröffnen.
    Letztes Jahr, als sich die Zunftbrüder bei einer ihrer Versammlungen darüber beraten hatten, ob Madlen von der Schildergasse ihre Brauerei weiterbetreiben sollte, sofern sie binnen eines Jahres einen Kölner Brauer zum Manne nähme, war Jacop ebenfalls dabei gewesen. Damals hätte er sich melden und dagegenstimmen sollen, und ganz sicher hätte er es getan, wenn er zu jener Zeit nur begriffen hätte, was damit auf ihn zukam.
    »Du hörst mir immer noch nicht zu!« Seine Mutter verpasste ihm eine Backpfeife. Nicht allzu hart, aber doch so nachdrücklich, dass Jacop erneut zusammenfuhr und etwas fallen ließ. Diesmal das Amulett, und zwar direkt in den Sud. Erschrocken starrte er in die sämige Brühe. Mit den Bierzauberschen war nicht zu spaßen, schnell hatte man unwillentlich einen schlimmen Fluch heraufbeschworen, wenn man nicht Acht gab. Vorsorglich bekreuzigte er sich und sprach ein stummes Gebet.
    »Hast du mitgekriegt, was ich dir gesagt habe?«, schrie seine Mutter ihn an.
    Jacop nickte krampfhaft, obwohl er bestenfalls ahnen konnte, was sie wollte.
    »Und, wirst du es tun?«
    »Was denn, Mutter?«
    Sie ohrfeigte ihn erneut. »Um sie werben natürlich! Du sollst ihr zeigen, dass du die bessere Wahl bist!«
    »Äh … ja«, behauptete Jacop, obwohl er nichts dergleichen vorhatte. Doch der Wunsch, endlich in Frieden gelassen und mit der Arbeit fertig zu werden, war stärker als das Gebot, die eigene Mutter nicht zu belügen. Er würde es ganz einfach beichten, zusammen mit den übrigen Sünden, die sowieso deutlich schlimmer waren als seine Schwindeleien.
    »Tust du es heute noch?«, wollte Anneke wissen.
    Er nickte hastig. »Ja, wenn du es wünschst.«
    Sie hatte nicht gefragt, was er heute noch tun würde, also war seine letzte Antwort keine Lüge. »Ja«, wiederholte er. »Ich mache es ganz bestimmt heute noch.«
    Anneke schien angenehm überrascht. »Am besten hörst du jetzt mit der Arbeit auf und machst dich sofort auf den Weg«, empfahl sie ihm.
    »Das ist eine gute Idee«, stimmte Jacop zu, erfreut und erleichtert, wie einfach es auf einmal war, endlich die gewachste Schürze auszuziehen und der durchdringend nach vergorenem Malz riechenden Braustube und vor allem seiner Mutter zu entfliehen.
    »Es wäre nur zu deinem Nutzen, wenn sie dich erhört«, rief seine Mutter ihm nach, während er bereits frohgemut zur Tür hinauseilte.
    »Ich täte alles dafür«, murmelte Jacop. Das Nachfolgende sprach er jedoch nur in Gedanken aus. Du Stern meines Lebens, Licht meines Herzens. Meine über alles geliebte Appolonia.
    Appolonia war keine gewöhnliche Hure. Sie unterhielt ihr Quartier nicht wie viele der billigen Dirnen auf dem Berlich, und nie wäre sie zusammen mit den Winkelhuren rund um den Dom oder hinterm Hafen gesehen worden.
    Sie wohnte vielmehr mit ihrer Base Kunlein in einem

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