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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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war, wie Anneke nicht müde wurde zu betonen, nicht nur fleißig, strebsam und gewitzt, sondern ein richtig hübsches Ding. Sicher, sie mochte zuweilen eigensinnig und aufbrausend sein, aber dafür sei ja er, Jacop, nachgiebig und sanftmütig, von daher würden sie einander ideal ergänzen.
    Jacop stand im Sudhaus vor dem Läuterbottich und hob mit dem Sieb die restlichen Spelzen aus dem Gebräu. Er starrte ergeben in die trübe Flüssigkeit und versuchte, die Ohren vor der nicht enden wollenden Litanei seiner Mutter zu verschließen, was sich indessen als schwierig herausstellte, weil sie – wie heute auch wieder – zu solchen Gelegenheiten so nah an ihn heranzutreten pflegte, dass er die Haare auf dem Leberfleck an ihrem Kinn zählen konnte. Jedenfalls dann, wenn er hinsah. Hin und wieder verlangte sie das von ihm – nicht die Haare zu zählen, sondern ihn anzusehen –, damit sie sicher sein konnte, dass er ihr zuhörte. Regelmäßig leitete sie solche Aufforderungen mit Sätzen ein wie: »Hörst du mir überhaupt zu? Sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede!«, oder auch, wenn ihre Laune schlechter wurde: »Nie hörst du mir richtig zu! Schau deiner Mutter ins Gesicht, du ungezogener Bengel!«
    Im Augenblick schien sie jedoch noch guter Dinge zu sein.
    »Du müsstest im Grunde kaum arbeiten«, sagte sie. »Denn Madlen macht ja schon alles selbst. Sie und ihr Knecht, der wirklich was davon versteht. Und die Lehrbuben sind auch nicht auf den Kopf gefallen, wie dein Vater mir sagte. Notfalls können wir auch einen von unseren Gesellen entbehren. Das würde bedeuten, dass du nur so viel arbeiten musst, wie du selbst es für richtig hältst.« Freundlich setzte sie hinzu: »Du könntest zum Beispiel in der Stadt spazieren gehen.« Das war, wie Jacop sofort erkannte, ihr schlagkräftigstes Argument. Heirate sie, und du kannst fürderhin tun und lassen, was du willst.
    Damit hatte Anneke ihre Taktik verändert. Sie versuchte, sich den Umstand zu Nutze zu machen, dass Jacop nicht gerade versessen aufs Bierbrauen war. Ihm war zwar von klein auf nichts anderes übriggeblieben, als das Brauhandwerk zu erlernen, schließlich war er Sohn und Erbe eines namhaften Braumeisters, doch wäre es nach ihm gegangen, hätte er nicht allzu häufig am Kessel stehen müssen. Sonderlich geschickt hatte er sich nie angestellt, da machte Jacop sich selbst nichts vor. Beim Abmischen der Gruit bewies er selten das richtige Fingerspitzengefühl, und häufig rutschte ihm ein Bottich aus den Armen. Oder er heizte unter dem Kessel nicht stark genug ein oder ließ das Grünmalz verschimmeln. Doch wozu hatte sein Vater tüchtige Gesellen? Sogar die Lehrbuben kamen inzwischen besser in der Braustube zurecht als er, obwohl seine offizielle Lehrzeit schon vor zwei Jahren geendet hatte. Es wäre die reinste Zeitverschwendung gewesen, ihn mit verantwortungsvollen Tätigkeiten zu betrauen, weil er einfach zu viele Fehler beging. Einer der Gesellen hatte ihm bereits unterstellt, es stecke Absicht dahinter, doch das hatte Jacop entrüstet zurückgewiesen. Tatsächlich plante er all diese Versehen keineswegs. Sie unterliefen ihm einfach.
    Jacop hat vergessen, das Amulett zum Gärbottich zu legen. Jacop hat mal wieder die Maische nicht richtig durchgerührt. Jacop hat die Maus mit dem Malz in die Mühle geschüttet. Jacop hat zu viel Kümmel an die Gruit getan.
    Ob nun ein Sud wegen des vergessenen Amuletts von den Zauberschen in stinkende, ungenießbare Brühe verwandelt oder wegen einer falschen Gruitmischung sauer wurde – fast immer war Jacop auf die eine oder andere Weise daran beteiligt, es schien fast, als würden höhere Mächte es so fügen.
    Einmal hatte er sogar seinen Eltern gegenüber die Vermutung geäußert, dass er womöglich mit einem Unglücksfluch belegt sei, weil ihm beim Brauen gar so viel misslang, doch davon hatten sie nichts hören wollen. Vor allem Anneke nicht. Sie hatte lange auf ihn eingeredet und ihm genau erklärt, warum es mit seinen Braukünsten nicht weit her war. Begonnen hatte sie diese Erklärung – wie so häufig – mit dem barschen Befehl, sie gefälligst anzusehen, und dann hatten ihm die Ohren nur so geklingelt von ihrer Schimpftirade.
    Trübselig fischte er weitere Spelzen aus dem Bottich und hoffte, dass seine Mutter bald fertig war. Er wusste nicht genau, was sie ihm eben nach den einleitenden Sätzen noch alles erzählt hatte, aber besonders wichtig konnte es nicht sein, sonst hätte er

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