Das Erbe der Drachen Teil 1 - Der brennende Traum

natürlichen Stolperfallen und kamen gut voran. So verging die Zeit, ohne dass jemand etwas sagte. Der Marsch war anstrengend, denn es ging immer wieder bergauf, obwohl das abwärts schwieriger war. Nicht nur einmal rutschte n sie aus und mit dem Hintern über Schotter. Auch Darius tat sich schwer und keuchte vor Anstrengung. Frethmar schnappte nach Luft und knurrte: »Ich sollte meine Pfeife nicht so oft anzünden. Der Tabak nimmt mir den Atem.«
    In einer Senke ruhten sie sich aus.
    »In Trugstedt sollten wir uns auf jeden Fall bewaffnen«, sagte Darius. »Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt, und ich möchte nicht gerne mit leeren Händen dastehen, wenn es um unsere Haut geht.«
    » Das werden wir tun, Minister«, sagte Frethmar. »Ich weiß, wo man die besten Waffen bekommt.«
    » Wenn nicht du, wer dann?«, fragte Bob.
    Der Kapitän sah traurig drein. Er hatte sein Schiff im Stich gelassen. Noch wichtiger war, er hatte seine Männer zurückgelassen , und man sah ihm an, dass ihn das schlechte Gewissen quälte. Ein Kapitän hatte stets als Letzter ein Schiff zu verlassen, auch wenn es sank. Für einen Kapitän ist sein Schiff wie ein Kind. Und Chuzzlewit wirkte wie ein Mann, dem sein Kind abhandengekommen war.
    » Kopf hoch, Käpt’n«, sagte Frethmar. »Wird schon werden. Notfalls steuern wir Euer Schiff zu viert nach Dandoria, nicht wahr?«
    Chuzzlewit lächelte verkrampft.
    Es fing an zu regnen. Innerhalb einer Minute wurde aus wenigen Tropfen ein Sturzbach. Ein kalter Wind fegte um die Felsenkanten und durch die Klüfte, und den Gefährten wurde kalt, abgesehen von Bob, der noch immer seine lederne Flugjacke trug. Sie stellten sich unter eine Eiche, vielleicht war es auch ein Ahorn, das erkannte man nur schlecht, denn nun gab es keinen Mond mehr und keine Sterne. Zumindest hielt das Herbstlaub einen Teil der Wasserflut auf, sodass die Gefährten ein paar Sätze wechseln konnten, während es über ihnen prasselte und rauschte. Das schmale Maguslicht tanzte wie ein weißer Ball, den eine Katze jagen würde, hin und her und reflektierte die nassen Fäden.
    » Wie geht es Connor? Was macht Bluma? Ist sie noch immer so hübsch? Ich hörte, ihr habt einen Sohn? Connor als König. Ich kann’s mir einfach nicht vorstellen.« Frethmar wollte vieles wissen. Er strahlte noch immer, als hätte man ihn von Ketten befreit, und vielleicht war das in gewisser Weise auch so. Außerdem brauchte er etwas, mit dem er das Grauen verdrängen konnte, das er während der Folter in Port Metui erlebt hatte. Schmerzen, so unvorstellbar, dass nur ein geringer Gedanke daran ihn desorientierte.
    » Du sollst alles wissen, Freund Stonebrock«, sagte Darius. »Aber zuerst sollten wir den Regen ignorieren und sehen, was mit deinen Leuten geworden ist.«
    Das war vernünftig. Für Gespräche war später Zeit.
    »Außerdem sehne ich mich nach einem Kaminfeuer, einer Suppe und trockener Kleidung«, fügte Darius hinzu.
    » Also durch!«, sagte Bob. Er zog den Kopf zwischen die Schultern und sie gingen weiter.
    Als hätte der Regen ein Einsehen, wurde er schwächer und bald tropfte es nur noch hin und wieder, meistens von überhängenden Ästen oder Felsvorsprüngen. Sie überquerten einen rauschenden Bach, und ihre Füße wurden nass. Der Stein war schmierig und sie mussten aufpassen, nicht zu stürzen. Vor allen Dingen Chuzzlewit zeigte, dass er überwiegend auf schwankenden Planken stand, denn er war unsicher und hielt sich vorsichtig fest, wo er konnte. Sein Gesicht schimmerte in der Dunkelheit wie eine Totenmaske.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte Frethmar, der endlich wusste, wo sie waren. »Wir folgen diesem Weg noch eine Stunde und sind in Trugstedt.«
    Der Begriff Weg war eine Übertreibung, denn es handelte sich um zwei Furchen, die tief waren und voller Wasser.
    » Ein Wagenweg«, sagte Frethmar entschuldigend, als sei er verantwortlich dafür.
    Sie passten auf, sich nicht die Knöchel zu verstauchen, denn immer wieder gaben die lehmigen Ränder der Furchen nach , und sie rutschten aus. Bob fluchte, denn er steckte im Schlamm fest. Darius nahm die Hand des Barbs und zog fest. So quälten sie sich Schritt für Schritt weiter und waren froh, dass es aufklarte und der Mond sich wieder sehen ließ. Er schimmerte in den Pfützen und ließ den Wagenweg zu einem glitzernden Band werden, das ihnen die Richtung wies.
    Sie langten an einer flachen Felsformation an. Dazwischen hatte sich ein Wasserlauf gebildet, der zu tief war, als o