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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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teuflische, hexerische Kondition. Auf natürliche Weise, ohne Mutationen, ohne Risiko, ohne eine hormonelle Revolution. Aber die Zauberin darf das nicht wissen. Für die Zauberin ist das ein Geheimnis. Nichts werden sie mir sagen, nichts zeigen.
    Ich habe gesehen, wie dieses Mädchen läuft. Ich habe gesehen, wie sie mit dem Schwert auf dem Balken tanzt, geschickt und schnell, erfüllt von einer tänzerischen, geradezu katzenhaften Grazie, wie sie sich wie eine Akrobatin bewegt. Ich muss, dachte sie, ich muss sie unbedingt ausgezogen sehen, mich vergewissern, wie sie sich hier unter dem Einfluss von dem entwickelt hat, was sie ihr zu essen geben. Und womöglich gelingt es mir, Proben der »Pilze« und des »Salats« zu stibitzen und mitzunehmen? Na, na  ...
    Und das Vertrauen? Ich pfeif auf euer Vertrauen, Hexer. Auf der Welt gibt es Krebs, schwarze Pocken, Epilepsie und Leukämie, es gibt Allergien, es gibt den plötzlichen Kindstod. Ihr aber verbergt eure »Pilze«, aus denen sich vielleicht lebensrettende Arzneien destillieren ließen, vor der Welt. Ihr haltet sie sogar vor mir geheim, der ihr Freundschaft, Achtung und Vertrauen erklärt. Nicht einmal ich darf das Laboratorium sehen, ja nicht einmal die beschissenen Pilze!
    Wozu also habt ihr mich kommen lassen? Mich, die Zauberin?
    Magie!
    Triss begann zu kichern. Ha, dachte sie, Hexer, da hab ich euch! Ciri hat euch einen ebenso großen Schrecken eingejagt wie mir. Sie ist in einen Tagtraum »weggetreten«, hat zu weissagen begonnen, zu prophezeien, ihre Aura ausgebreitet, die ihr ja fast ebenso gut wie ich spürt. Sie hat instinktiv psychokinetisch nach etwas »gegriffen« oder mit Willenskraft einen Zinnlöffel verbogen, als sie ihn während des Essens anschaute. Sie hat auf eine Frage geantwortet, die ihr in Gedanken gestellt habt, oder sogar auf eine, die ihr nicht einmal in Gedanken zu stellen wagtet. Und die Furcht hat euch ergriffen. Ihr habt erkannt, dass eure Überraschung überraschender ist, als es euch schien.
    Ihr habt erkannt, dass ihr eine 
Quelle
 in Kaer Morhen habt.
    Und ihr kommt ohne eine Zauberin nicht zurecht.
    Aber ihr habt keine mit euch befreundete Zauberin, keine einzige, der ihr trauen könnt. Außer mir und  ...
    Und außer Yennefer.
    Der Wind begann zu heulen, ließ die Fensterläden klappern, drückte den Gobelin nach innen. Triss Merigold drehte sich auf den Rücken, begann nachdenklich am Daumennagel zu kauen.
    Geralt hat nicht Yennefer zu sich gebeten. Sondern mich. Ob er dann wohl  ...
    Wer weiß. Vielleicht. Aber wenn es so ist, wie ich denke, warum dann  ...
    Warum  ...
    »Warum ist er nicht zu mir gekommen?«, schrie sie leise in die Dunkelheit, erregt und böse.
    Es antwortete ihr der Wind, der in den Ruinen heulte.
     
    Der Morgen war sonnig, aber verteufelt kalt. Triss erwachte durchfroren, unausgeschlafen, aber beruhigt und entschlossen.
    Sie kam als Letzte in den Saal. Mit Befriedigung nahm sie die Huldigung der Blicke entgegen, die sie für ihre Mühe belohnten – sie hatte die Reisekleidung gegen ein effektvolles, wiewohl einfaches Kleid getauscht, hatte geschickt magische Duftstoffe und nichtmagische, aber verteufelt teure Kosmetika verwendet. Sie aß die Hafergrütze und unterhielt sich mit den Hexern über unwichtige und banale Dinge.
    »Wieder Wasser?«, brauste Ciri plötzlich auf, nachdem sie in ihren Becher geschaut hatte. »Ich kriege Zahnschmerzen von Wasser! Ich möchte Saft trinken! Den blauen!«
    »Sitz gerade«, sagte Lambert und schaute Triss aus dem Augenwinkel heraus an. »Und wisch dir den Mund nicht mit dem Ärmel ab! Iss auf, Zeit fürs Training. Die Tage werden immer kürzer.«
    »Geralt.« Triss war mit der Hafergrütze fertig. »Ciri ist gestern in der 
Spur
 hingefallen. Nichts Schlimmes, aber schuld ist diese alberne Kleidung. Das sitzt alles schlecht und erschwert ihr die Bewegungen.«
    Vesemir räusperte sich, wandte den Blick ab. Aha, dachte die Zauberin, das war also dein Werk, Meister des Schwertes. In der Tat, das Wams sieht aus, als sei es mit dem Schwert zugeschnitten und mit einer Pfeilspitze genäht.
    »Die Tage werden in der Tat immer kürzer«, fuhr sie fort, ohne einen Kommentar abzuwarten. »Und heute werden wir den Tag noch kürzer machen. Ciri, bist du fertig? Komm mit mir. Wir bringen die notwendigen Änderungen an deiner Kledage an.«
    »Sie läuft seit einem Jahr darin herum, Merigold«, sagte Lambert wütend. »Und alles war in Ordnung,

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