Das Erbe der Elfen
zuckte zusammen und begann zu zischen, während sie vor der Hand der Zauberin zurückwich. Triss fluchte auf Zwergisch, überaus saftig.
»War das auch die Windmühle?«, fragte sie und versuchte ruhig zu bleiben.
»Das? Nein. Oh, das da war die Windmühle« – Ciri zeigte gleichmütig einen imponierenden blauen Fleck am linken Schienbein vor, knapp unterm Knie. »Aber die anderen ... Das war der Schwengel. Am Schwengel übe ich die Schritte mit dem Schwert. Geralt sagt, dass ich am Schwengel schon gut bin. Er sagt, ich habe diesen, na ... Sinn. Ich habe den Sinn.«
»Und wenn der Sinn versagt« – Triss knirschte mit den Zähnen –, »dann, nehme ich an, verpasst dir der Schwengel eins?«
»Na klar«, pflichtete ihr das Mädchen bei und schaute sie an, sichtlich verwundert über ihre Unwissenheit. »Er verpasst mir eins, und wie!«
»Und da? An der Seite? Was war das? Ein Schmiedehammer?«
Ciri fauchte vor Schmerz und wurde rot. »Ich bin vom Kamm gefallen ...«
»... und der Kamm hat dir eins verpasst«, beendete Triss den Satz. Sie hatte immer mehr Mühe, an sich zu halten.
Ciri prustete. »Wie kann mir denn der Kamm eins verpassen, wenn er in den Boden eingegraben ist? Kann er nicht! Ich bin einfach heruntergefallen. Ich habe die Pirouette im Sprung geübt, und es hat nicht geklappt. Da kommt dieser Fleck her. Weil ich auf einen Pfosten gefallen bin.«
»Und dann hast du zwei Tage gelegen? Und hattest Mühe beim Atmen? Schmerzen?«
»Überhaupt nicht. Coën hat mich massiert und mich gleich wieder auf den Kamm geschickt. Das muss so sein, weißt du? Sonst kriegt man Angst.«
»Was?«
»Man kriegt Angst«, wiederholte Ciri stolz und strich sich die aschblonde Mähne aus der Stirn. »Weißt du das nicht? Sogar wenn dir etwas passiert, musst du gleich wieder auf das Gerät, denn sonst fürchtest du dich, und wenn du dich fürchtest, ist die ganze Übung für die Katz. Man darf nicht aufgeben. Das hat Geralt gesagt.«
»Diese Maxime muss ich mir merken«, presste die Zauberin hervor. »Und auch, dass sie gerade von Geralt stammt. Das ist kein schlechtes Rezept fürs Leben, ich bin mir nur nicht sicher, ob es unter allen Umständen Erfolg bringt. Aber auf fremde Kosten kann man es ziemlich leicht verwirklichen. Man darf also nicht aufgeben? Auch wenn du auf tausenderlei Art eins verpasst kriegst und zerschlagen wirst, musst du aufstehen und weiterüben?«
»Klar doch. Ein Hexer hat vor nichts Angst.«
»Wirklich? Und du, Ciri? Hast du vor nichts Angst? Sag mal ehrlich.«
Das Mädchen wandte den Kopf ab, biss sich auf die Lippe. »Und du sagst es niemandem?«
»Niemandem.«
»Am meisten fürchte ich mich vor zwei Schwengeln. Zweien gleichzeitig. Und vor der Windmühle, aber nur, wenn sie schnell läuft. Und dann gibt es noch die lange Wippe, auf die muss ich immer noch mit ... Absicherung. Lambert sagt, dass ich ein Lahmarsch und ein Trottel bin, aber das ist gar nicht wahr. Geralt hat mir gesagt, dass mein Schwerpunkt ein bisschen anders ist, weil ich ein Mädchen bin. Ich muss einfach mehr üben, außer wenn ... Ich wollte dich etwas fragen. Darf ich?«
»Frag.«
»Wenn du dich mit Magie und Zaubersprüchen auskennst ... Wenn du zaubern kannst ... Könntest du machen, dass ich ein Junge werde?«
»Nein«, erwiderte Triss eisig. »Könnte ich nicht.«
»Hmm ...« Die kleine Hexerin war sichtlich betrübt. »Und könntest du nicht wenigstens ...«
»Was wenigstens?«
»Könntest du nicht machen, dass ich nicht ...« Ciri wurde rot. »Ich sag’s dir ins Ohr.«
»Gut.« Triss beugte sich herab. »Ich höre.«
Ciri errötete noch mehr und näherte ihr Gesicht den kastanienbrauen Haaren der Zauberin.
Triss richtete sich abrupt auf, ihre Augen funkelten. »Heute? Jetzt?«
»Hm.«
»Zum Donnerwetter!«, schrie die Zauberin und gab dem Schemel einen Tritt, dass er gegen die Tür flog und das Rattenfell herabriss. »Pest, Cholera und Aussatz! Ich glaube, ich bringe diese verdammten Idioten um!«
»Beruhige dich, Merigold«, sagte Lambert. »Deine Aufregung ist ungesund und völlig unbegründet.«
»Belehr mich nicht! Und hör auf, mich ›Merigold‹ zu nennen! Am besten halt überhaupt den Mund! Mit dir rede ich nicht. Vesemir, Geralt, hat einer von euch gesehen, wie grässlich dieses Kind zugerichtet ist? Sie hat keine einzige heile Stelle am Körper!«
»Kindchen«, sagte Vesemir ernst. »Lass dich nicht von Gefühlen mitreißen. Du bist anders
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