Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
einander wieder einmal überdrüssig geworden waren und sich unter heftigem Streit getrennt hatten. Geralt brauchte Wärme und wollte vergessen.
    Nein, Triss hatte nicht vor, ihn Yennefer wegzunehmen. Im Grunde lag ihr an der Freundin mehr als an ihm. Doch die kurze Verbindung mit dem Hexer enttäuschte sie nicht. Sie hatte gefunden, was sie suchte – Emotionen in Gestalt von Schuld, Furcht und Schmerz. Seines Schmerzes. Sie durchlebte dieses Gefühl, erregte sich daran und konnte es nicht vergessen, als sie sich trennten. Was aber Schmerz ist, hatte sie vor kurzem verstanden. In dem Augenblick, als es sie mit Macht verlangte, wieder mit ihm zusammen zu sein. Für kurze Zeit, für einen Moment – aber mit ihm zusammen.
    Und jetzt war sie so nahe  ...
    Triss ballte die Faust und schlug damit aufs Kopfkissen ein. Nein, dachte sie, nein. Sei nicht dumm, Kleine. Denk nicht daran. Denk an  ...
    An Ciri? Ist das  ...?
    Ja. Das war der wahre Grund ihres Besuches in Kaer Morhen. Das aschblonde Mädchen, aus dem sie in Kaer Morhen eine Hexerin machen wollten. Eine richtige Hexerin. Eine Mordmaschine, wie sie selbst welche waren  ...
    Na klar, dachte sie plötzlich und fühlte wieder eine heftige Erregung, doch diesmal ganz anderer Art. Es liegt auf der Hand. Sie wollen das Mädchen mutieren lassen, es der Kräuterprobe und den Umwandlungen unterziehen, aber sie wissen nicht, wie sie das anstellen sollen. Von den Alten lebt nur noch Vesemir, und Vesemir war nur Fechtlehrer. Das in den Kellern von Kaer Morhen verborgene Laboratorium, die staubbedeckten Flaschen mit den legendären Elixieren, die Öfen, Destillationskolben und Retorten  ... Keiner von ihnen weiß, wie man sie benutzt. Denn es besteht kein Zweifel daran, dass die mutagenen Elixiere in unvordenklichen Zeiten ein abtrünniger Zauberer ausgearbeitet hat, und die Nachfolger des Zauberers haben sie über Jahre hinweg vervollkommnet, haben über Jahre hinweg magisch den Prozess der Umwandlungen kontrolliert, denen die Kinder unterzogen wurden. Und zu irgendeinem Zeitpunkt ist die Kette gerissen. Es fehlt an magischem Wissen und Können. Die Hexer haben die Tränke und Kräuter, sie haben das Laboratorium. Sie kennen die Rezeptur. Aber sie haben keinen Zauberer.
    Wer weiß, dachte sie, vielleicht haben sie es versucht? Haben Kindern Tränke verabreicht, die nicht von Magie begleitet waren?
    Sie erschauderte bei dem Gedanken daran, was dann mit diesen Kindern geschehen sein mochte.
    Und jetzt, dachte sie, wollen sie das Mädchen mutieren lassen, wissen aber nicht, wie. Und das kann bedeuten  ... Das kann bedeuten, dass sie mich vielleicht um Hilfe bitten werden. Und dann werde ich zu Gesicht bekommen, was kein heute noch lebender Zauberer je erblickt hat, werde erfahren, was keiner von ihnen erfahren hat. Die berühmten Kräuter und Tränke, die strengstens bewahrten Geheimnisse der Viruskulturen, die berühmten rätselhaften Rezepturen  ...
    Und ich werde es sein, die dem aschblonden Kind diese Elixiere verabreicht, ich werde die Mutationen im Laufe der Umwandlungen beobachten, werde mit eigenen Augen sehen, wie  ...
    Wie das aschblonde Kind stirbt.
    O nein. Triss erschauderte abermals. Niemals. Nicht um diesen Preis.
    Aber vermutlich, dachte sie, rege ich mich wieder zu früh auf. Es geht wohl doch nicht darum. Beim Abendessen haben wir uns unterhalten, über dieses und jenes geschwätzt. Ein paarmal habe ich versucht, das Gespräch auf das Überraschungskind zu bringen, aber vergebens. Sie haben sofort das Thema gewechselt.
    Ich habe sie beobachtet. Vesemir war angespannt und verlegen, Geralt unruhig, Lambert und Eskel angestrengt fröhlich und gesprächig, Coën so natürlich, dass es schon unnatürlich war. Unverstellt und offen war nur Ciri, rotwangig von der Kälte, zerzaust, glücklich und verteufelt gefräßig. Wir haben eine Biersuppe gegessen, dick von Graupen und Käse, und Ciri hat sich gewundert, dass es keine Pilze gab. Wir haben Apfelwein getrunken, das Mädchen aber hat Wasser bekommen, worüber sie sichtlich überrascht und verärgert war. Wo ist der Salat, hat sie plötzlich gerufen, und Lambert hat sie scharf zurechtgewiesen und ihr gesagt, sie solle die Ellenbogen vom Tisch nehmen.
    Pilze und Salat. Im Dezember?
    Klar, dachte Triss. Sie geben ihr die legendären Höhlenpilze zu essen, der Wissenschaft unbekannte Bergkräuter, und zu trinken ihre geheimnisvollen Pflanzenextrakte. Das Mädchen entwickelt sich schnell, erlangt eine

Weitere Kostenlose Bücher