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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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und Energie. Aber nicht mit einer Halbpirouette und einem Schrittwechsel, denn dafür reicht die Zeit nicht. Schlag mit dem Schwert nach dem Schwengel.«
    »Nach dem Schwengel? Ich soll die Säcke schlagen!«
    »Das ist ein Kampf, Ciri. Die Säcke stellen die empfindlichen Stellen deines Gegners dar, die musst du treffen. Den Schwengeln, die die Waffen des Gegners nachahmen, musst du ausweichen, dich vor ihnen wegducken. Wenn ein Schwengel dich berührt, bist du verwundet worden. In einem wirklichen Kampf könntest du vielleicht nicht mehr aufstehen. Der Schwengel darf dich nicht berühren. Aber du kannst den Schwengel schlagen  ... Was lässt du die Nase in der Quint hängen?«
    »Ich  ... Ich schaffe es nicht, den Schwengel mit dem Schwert zu parieren. Ich bin zu schwach  ... Ich werde immer zu schwach sein! Weil ich ein Mädchen bin!«
    »Komm zu mir, Mädchen. Wisch dir das Näschen ab. Und hör aufmerksam zu. Kein Kraftprotz dieser Welt, kein Hüne und kein Eisenfresser kann einen Schlag parieren, den der Schwanz einer Flugschlange austeilt, die Schere eines Gigaskorpions oder die Krallen eines Greifen. Und genau diese Art Waffen stellen die Schwengel dar. Versuch gar nicht erst, sie zu parieren. Du kannst den Schwengel nicht zurückschlagen, aber du stößt dich selbst von ihm ab. Du nimmst seine Energie auf, die du für den Hieb brauchst. Es genügt ein leichtes, aber sehr schnelles Abstoßen und ein augenblicklicher, ebenfalls schneller Hieb aus einer umgekehrten Halbdrehung. Du gewinnst Schwung, indem du dich abstößt. Klar?«
    »Mhm.«
    »Schnelligkeit, Ciri, nicht Kraft. Kraft braucht ein Holzfäller, der im Wald Bäume mit der Axt fällt. Deswegen sind Mädchen auch selten Holzfäller. Hast du verstanden, worum es geht?«
    »Mhm. Setz die Schwengel in Bewegung.«
    »Ruh dich vorher aus.«
    »Ich bin nicht müde.«
    »Du weißt, wie es geht? Dieselben Schritte, eine Finte  ...«
    »Ich weiß.«
    »Angriff!«
    »Haa! Ha! Haaaa! Ich hab dich! Ich hab dich erwischt, Greif! Geraalt! Hast du gesehen?«
    »Schrei nicht. Halte den Atem unter Kontrolle.«
    »Ich hab’s geschafft! Ich hab’s wirklich geschafft! Lob mich, Geralt!«
    »Bravo, Ciri. Bravo, Mädchen.«
     
    Mitte Februar verschwand der Schnee, vom warmem Winde weggeleckt, der von Süden her, vom Pass wehte.
     
    Davon, was in der Welt geschah, wollten die Hexer nichts wissen.
    Abends führten sie lange Gespräche in dem dunklen Saal, der vom flackernden Feuer im großen Kamin erhellt wurde, und Triss lenkte diese Gespräche konsequent und mit Nachdruck zur Politik hin. Die Hexer reagierten immer auf dieselbe Weise. Geralt schwieg, die Hand an die Stirn gelegt. Vesemir nickte und warf gelegentlich Kommentare ein, aus denen nichts hervorging, als dass »zu seiner Zeit« alles besser war, logischer, anständiger und gesünder. Eskel mimte höfliche Aufmerksamkeit, geizte nicht mit Lächeln und Blickkontakten, gelegentlich interessierte er sich sogar für eine unwesentliche Frage oder Angelegenheit. Coën gähnte unverhohlen und schaute zur Decke, und Lambert zeigte offen seine Geringschätzung.
    Sie wollten von nichts wissen, sie kümmerten sich nicht um die Schwierigkeiten, die Königen, Zauberern, Herrschern und Führern den Schlaf raubten, die Probleme, von denen Kabinette, Ratsstuben und Thinge widerhallten. Für sie existierte nichts, was hinter den im Schnee versinkenden Pässen geschah, hinter dem Gwenllech, der in seinem bleiernen Bett Eisbrocken mit sich trug. Für sie existierte nur Kaer Morhen, einsam, zwischen wilden Bergen verloren.
    An jenem Abend war Triss gereizt und unruhig – vielleicht machte das der Wind, der zwischen den Mauern der Burg heulte. An jenem Abend waren alle merkwürdig erregt – die Hexer, Geralt ausgenommen, waren ungewöhnlich gesprächig. Natürlich sprachen sie immer nur von einem – vom Frühling. Von dem näher kommenden Zeitpunkt, da sie wieder auf Fahrt gehen würden. Davon, was die Reise ihnen bringen würde – von Vampiren, Wyverns, Werwölfen und Basilisken.
    Diesmal begann Triss zu gähnen und zur Decke zu schauen. Diesmal war sie es, die schwieg, bis Eskel sich mit einer Frage an sie wandte. Mit der Frage, die sie erwartet hatte.
    »Und wie ist es wirklich im Süden, an der Jaruga? Lohnt es sich, dorthin zu gehen? Wir möchten nicht gern mitten in Händel geraten.«
    »Was verstehst du unter Händeln?«
    »Na, weißt du  ...«, druckste er. »Du erzählt uns immerzu von der Möglichkeit eines

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