Das Erbe der Jedi-Ritter 01 - Die Abtrünnigen
Han kein Entkommen und keinen Aufschub. Nun dachte er bewußt an seinen Freund. Er stellte sich so viele Augenblicke vor, die er mit Chewie verbracht hatte, die Miene des Wookiee in einer bestimmten Situation oder ein bestimmtes Aufheulen, aber im Grunde keine besonderen Ereignisse. Die Ereignisse selbst schienen unwichtig. Nur Chewies Tonfall, die Blicke, die er Han zugeworfen hatte, häufig streitsüchtig, immer erfüllt von Respekt und echter Liebe.
Han schaute zu Chewies leerem Kopilotensitz, sah vor seinem geistigen Auge den Freund wieder dort sitzen, stellte ihn sich klar und lebhaft vor, schuf ein geistiges Bild von Chewbacca, das so kristallklar war, daß er beinahe glaubte, den Wookiee mit reiner Willenskraft aus dem Tod zurückrufen zu können, glaubte, daß dieser Tod nur deshalb, weil er, Han, ihn nicht akzeptieren konnte, nicht geschehen war.
Aber es war geschehen, und Chewie war von ihm gegangen. Chewie würde nicht zurückkehren.
Und die Bilder setzten sich fort: Chewie, der aus der Geschützkapsel gestürzt kam; Chewie, der Anakin auf Coruscant nach einer weiteren Fehlzündung des Repulsors die Rampe hinunterscheuchte; Chewie, der vor nicht allzu vielen Jahren alle Kinder Hans in die Luft warf, als sie schon nicht mehr so klein waren, nur um zu beweisen, daß er es immer noch tun konnte.
Han sah seine Lieblingsmütze unter dem Kopilotenpult, eine Mütze, die Leia ihm kurz nach der Geburt der Zwillinge gegeben hatte, bestickt mit der Aufschrift ›Glückwunsch, es ist ein BEIDES!‹ Wie oft hatte Chewie ihm diese alte, abgewetzte Mütze in der letzten Zeit gestohlen, sie auf seinen pelzigen Kopf geschoben und das Band damit geweitet.
Han bückte sich und hob die Mütze auf, drehte sie um und sah die bräunlich-blonden Haare seines Wookiee-Freunds drinnen.
All diese Erinnerungen zogen vorbei, und es endete immer mit derselben unerträglichen Erkenntnis, daß es keine solchen Augenblicke mehr geben würde, daß das Buch geschlossen war, daß diese Haare in der Mütze die letzten waren, die Chewie dort gelassen hatte.
Mit dem typischen Beschützerinstinkt eines Vaters und Ehemannes wandten sich Hans Gedanken seinen Kindern zu. Er hatte sie in den letzten Tagen mehrmals erwischt, wie sie die Tränen wegblinzelten und ins Leere starrten, und er mußte nicht fragen, woran sie dachten. Es war für Jaina und Jacen schlimmer, und obwohl ihn diese Wahrheit zunächst überraschte, begriff er es nun.
Anakin war fünfzehn, in einem sehr selbstbezogenen Alter, und sogar mit dem zusätzlichen Gewicht der Schuldgefühle wegen Chewies Tod auf seinen Schultern, war der Junge zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um die Wahrheit dieses Verlustes wirklich begreifen zu können. Die Zwillinge jedoch hatten diese egozentrische Sicht des Universums hinter sich gelassen, und einen Sinn für Empathie entwickelt. Also war Han zu seinen Kindern gegangen, zu allen dreien, einem nach dem anderen, und hatte ihnen all die tröstlichen Klischees gesagt, die jeder in seiner Jugend gehört hatte, wenn ein geliebtes Wesen gestorben war.
Wie viel leerer erschienen ihm diese Worte nun, als er sie selbst aussprach. Nach jedem Gespräch mit seinen trauernden Kindern wollte Han selbst wieder klein sein und wünschte sich einen Vater, eine Mutter oder einen Mentor, die ihm all diese tröstenden Klischees sagten, wünschte sich, daß diese Worte aus einer weiseren Quelle kämen als von ihm.
Er hatte diese Quelle in gewisser Weise in der Person, die nun neben ihm stand, seiner wunderbaren Frau. Leia hatte Chewie ebenso geliebt wie er, und obwohl sie nicht annähernd so viel Zeit mit dem Wookiee verbracht hatte und nicht so viele einzelne Erinnerungen an Chewie hatte wie Han, wußte er, daß ihre Trauer nicht geringer war. Und dennoch hatte sie sie tief in sich begraben, hatte ihre eigenen Gefühle weggeschoben, um Han helfen zu können, sich um seine zu kümmern.
Das wußte er.
»Wie nah willst du heranfliegen?« fragte Leia schließlich, und erst jetzt konzentrierte sich Han wieder auf das Bild auf dem Schirm vor ihm und merkte, daß Sernpidal ziemlich groß geworden war.
Sie waren nicht hierher gekommen, um Chewies Leichnam zu finden – das war selbstverständlich nicht durchführbar, weder für sie noch für irgendwen sonst. Han war hierher gekommen, und Leia hatte zugestimmt, ihn zu begleiten, weil er diesen Augenblick brauchte.
»Was sollen wir Chewies Familie sagen?« fragte Han.
»Die Wahrheit«, erwiderte Leia. »Daß er
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