Das Erbe der Jedi-Ritter 02 - Die schwarze Flut
wahrhaftig keine Überraschung war. In einer Welt, deren erstes Gesetz besagte, dass das gefährlichste Individuum sich stets am oberen Ende der Nahrungskette befand, wurde Grausamkeit unweigerlich zu einer Frage des Überlebens. Corran hatte das Ergebnis scheußlicher mutwilliger Foltern ebenso gesehen wie im Affekt verübte Grausamkeiten. Obwohl all das gleichermaßen entsetzlich gewesen war, kam nichts davon der Brutalität jener Yuuzhan Vong gleich, die ihren Gefangenen zu Tode geprügelt hatten.
Corran war an diesem Tod aufgefallen, dass der bedauernswerte Sklave durch die Einwirkung der Auswüchse an seinem Körper offenbar den Verstand verloren hatte und dass durch diese Auswüchse die Yuuzhan Vong ein Teil von ihm geworden waren. Aber Sinn der Auswüchse, falls es sich dabei wirklich um ein Kontrollinstrument handelte, konnte es kaum sein, dass die Sklaven letztlich die Kontrolle verloren. Das wäre beinahe so, als würde man einen Droiden mit einem Hemmbolzen blockieren, der diesem in zufälliger Folge Befehle erteilte, die den Droiden am Ende in die Selbstzerstörung trieben.
Was er beobachtet hatte, ließ ihn allmählich den Eindruck gewinnen, dass sich zwischen den Yuuzhan Vong und ihren Sklaven noch etwas anderes abspielte. Das hingebungsvolle und nicht zu übersehende Vergnügen, mit dem die beiden den Sklaven erschlagen hatten, brachte Corran auf die Idee, dass diese Brutalität etwas war, auf das sie sich gefreut hatten. Es schien beinahe so, als handelte es sich bei den kleinen Schneckenhäusern um Geschenke, die sich selbst auspackten und den Yuuzhan Vong die Möglichkeit eröffneten, sich einer Sache hinzugeben, die sie als eine Wohltat empfanden. Außerdem schien es dabei um mehr zu gehen als um bloße Entspannung, und das beunruhigte Corran. Die seltsamen Auswüchse mochten Kontrollinstrumente sein, aber sie dienten offenbar auch noch einem anderen Zweck.
Es ist, als wollten die Yuuzhan Vong Schmerzen und Leid nur zufügen, um herauszufinden, wie lange es dauert, bis die Sklaven zusammenbrechen und zu fliehen versuchen. Das Problem, das sich bei dieser Vorstellung für Corran ergab, bestand darin, dass er sich die Sklaverei nur unter dem Gesichtspunkt der Gier vorzustellen vermochte. Wenn man Sklaven beschäftigte, konnte man anfallende Arbeiten zum Nulltarif erledigen lassen – was für den Sklavenhalter überaus wirtschaftlich war, vor allem, wenn man die Sklaven einer so strengen Kontrolle unterziehen konnte, dass jede Revolte praktisch unmöglich wurde. Doch Sklaven gleichsam als Leidmaschinen auszubeuten, ergab nur dann einen Sinn, wenn das zugefügte Leid den Yuuzhan Vong irgendwie nutzte oder wenn es irgendeine andere positive Bedeutung für sie hatte. Wenn das stimmt, wird diese Invasion schlimmer als jeder Krieg, der aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen geführt wurde. Dann werden sich die Yuuzhan Vong erst dann als Sieger fühlen, wenn jedes intelligente Lebewesen im Leid lebt.
Er erschauerte, kam auf die Beine und legte seinen Waffengurt um. Das Lichtschwert baumelte an der rechten Hüfte, direkt vor dem in einem Holster steckenden Blaster. Er rückte den Gurt zurecht, bis er bequem auf den Hüften saß, dann stieg er den Gang zur Ausgrabungskammer hinab.
Dort erwarteten ihn außer Jens und Doktor Pace auch noch Ganner und Trista. Ganner starrte ihn nur düster an, während Doktor Pace sich Jens zuwandte und nickte.
Die blonde Archäogenetikerin deutete auf eine Holografie, die Abbilder aller drei Käfer zeigte. »Obwohl ich von jedem dieser Käfer nur ein paar Proben hatte, ist es mir gelungen, einige Dinge herauszufinden. In erster Linie habe ich ihre Exkremente analysiert.«
Corran wölbte eine Braue. »Käferkot?«
Jens verdrehte die blauen Augen. »Nicht nur. Der Wächterkäfer, also der, der den Alarm wegen des Sklaven ausgelöst hat, ist wenig bemerkenswert. Aber die beiden anderen sind sehr interessant. Die kleinsten Käfer scheiden eine Verbindung aus, die in den Boden einsickert. Sie ist chemisch weit weniger komplex als der Verwesungsgestank, aber ihre molekulare Zusammensetzung ist so beschaffen, dass die olfaktorischen Neurorezeptoren der Schlitzerratten entsprechend darauf reagieren. Das ist es, was die Schlitzerratten von diesem Lager fern hält; für sie ist das ganze Erdreich dort von ihrem eigenen Verwesungsgestank durchdrungen.«
»Die Käfer stellen den Gestank künstlich her?« Corran legte die Stirn in Falten. »Ziemlich fortschrittliche
Weitere Kostenlose Bücher