Das Erbe der Jedi-Ritter 10 - Jainas Flucht
sie zu trösten, ehe er die abgedroschenen Argumente wiederholte, die sie zu oft in den Auseinandersetzungen zwischen Kyp Durron und ihrem Onkel Luke gehört hatte.
»Anakin war langsam dahinter gekommen«, fuhr sie fort. »Ich habe es bei ihm nach Yavin 4 gespürt. Er hatte etwas gelernt, das dem Rest von uns fehlte, etwas, das den Unterschied hätte ausmachen können, wenn er nur Zeit gehabt hätte, es vollständig zu begreifen. Wenn es so etwas wie ein vorbestimmtes Schicksal gibt, glaube ich, wäre Anakin diesen Weg gegangen. Er war immer anders. Auf besondere Weise.«
»Natürlich. Er war dein Bruder.«
»Er ist …« Sie unterbrach sich abrupt, schüttelte die Trauer ab, die sie wie ein Stich durchfuhr, und nahm die notwendige Korrektur vor. »Er war mehr als das.« Für die nächsten Worte nahm sich Jaina Zeit, sie gründlich zu überlegen. Von Natur aus war sie nicht gerade introvertiert; dies jedoch brannte ihr schon seit Anakins Heldentaten auf Yavin 4 auf der Seele, und noch immer konnte sie es nicht recht fassen. »Mit Anakins Tod habe ich einen Bruder verloren, doch die Jedi haben etwas verloren, was ich überhaupt nicht zu beschreiben vermag. Meine Gefühle sagen mir, dass es etwas Wichtiges darstellte, etwas, das wir vor langer Zeit verloren haben.«
Eine Weile lang schwieg Zekk. Schließlich sagte er: »Vielleicht. Aber wir haben die Macht, und wir haben einander.«
Einfache Worte, doch mit dieser persönlichen Note wurden sie wie ein Geschenk dargeboten, das Jaina nur anzunehmen brauchte.
»Einander«, wiederholte sie leise. »Doch für wie lange, Zekk? Wenn die Jedi weiterhin solche ›Erfolge‹ feiern wie diese letzte Mission, wird bald niemand mehr von uns übrig sein.«
Er nickte und akzeptierte ihre Ausflucht, als habe er sie erwartet. »Wenigstens geht es jetzt erst einmal nach Hause.« Abermals brachte sie ein schwaches Lächeln zustande, und im Stillen bemerkte sie einen weiteren Unterschied zwischen der Wahrnehmung ihres Freundes und ihrer eigenen. Zekk war auf Enn-Ta geboren und mit acht Jahren nach Coruscant gebracht worden. Dort hatte er sich in den rauen unteren Ebenen des Stadtplaneten durchschlagen müssen. Jainas Eltern hatten während des größten Teils ihres Lebens in den prestigeträchtigsten Türmen der Stadt gewohnt, doch sie selbst hatte erstaunlich wenig Zeit ihrer bisherigen achtzehn Jahre auf Coruscant verbracht.
Für Jaina war Coruscant nicht ihr Zuhause. Es stellte lediglich den logischen nächsten Zug auf dem Dejarik-Brett dar.
4
In der Enge seines XJX-Flüglers streckte Kyp Durron seine schlaksige Gestalt aus, so gut er konnte. Er lehnte sich in die Kuhle zurück, die er während der vergangenen zwei Jahre und im Verlauf von mehr Gefechten, als er sich erinnern konnte, in den Sitz gedrückt hatte. »Wie viele sind es gewesen?«, fragte er sich laut. Ein Licht auf der Konsole blinkte und signalisierte Kommunikation von Null-Eins, dem verbeulten Q9-Droiden, den Kyp kürzlich billig aus dem Nachlass eines Mon-Calamari-Philosophen erstanden hatte.
IST DIES EINE BITTE UM KONKRETE DATEN ODER LEDIGLICH EINE RHETORISCHE FRAGE?
Kyp strich sich das dunkle Haar zurück. »Großartig. Jetzt stellen schon Droiden meine Motive infrage.«
NICHT IM MINDESTEN. IM ALLGEMEINEN IST EIN PHILOSOPHISCHER DISPUT DEUTLICH UNTERSCHEIDBAR VON EINEM RUF ZUM KAMPF.
»Ist mir auch schon aufgefallen«, sagte Kyp trocken.
UM ZUKÜNFTIGE MISSVERSTÄNDNISSE ZU VERMEIDEN, SOLLTEN SIE DIREKTE BEFEHLE VIELLEICHT IM IMPERATIV SINGULAR ERTEILEN, ZUM BEISPIEL NACH DEM MUSTER: »GIB DIE KOORDINATION FÜR DAS ABREGADOSYSTEM EIN« ODER »LENKE ENERGIE AUF DIE HINTEREN SCHILDE«.
»Wie wäre es mit: ›Melde dich beim Wartungsdienst für eine Persönlichkeitsveredelung‹?«, sagte Kyp. Ein Augenblick verstrich. IST DAS EIN BEFEHL ODER EINE BELEIDIGUNG?
»Was besser funktioniert.« Kyp überließ es Null-Eins, darüber nachzudenken, und wandte seine Aufmerksamkeit der Aufgabe zu, die vor ihm lag. Er nahm die Position an der Spitze ein. Zu beiden Seiten seines X-Flüglers flogen jeweils sechs tadellose XJ-Jäger. Das war Kyps Dutzend, die neueste Formation einer Gemeinschaft von Helden oder Renegaten oder Schurken, je nachdem, wen man fragte.
Kyp checkte ihre Position auf dem Navigationsschirm. »Spielst du immer noch den Philosophen, Null-Eins?«
ICH VERSTEHE LEIDER NICHT DIE TIEFERE SEMANTISCHE BEDEUTUNG IHRER FRAGE.
»Man könnte es als einen ›Hinweis‹ bezeichnen. Hör auf, dein …
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