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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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näher. »Der König wird sie verdächtigen, ihm den Thron abjagen zu wollen«, sage ich leise. »Seht doch, was Henry Fitzroy geschah, als er mit unserer Mary verheiratet war. Seht, was unserem Thomas Howard geschah, als er mit Lady Margaret verheiratet war. Immer wenn diese Tudor-Howard-Hochzeiten stattfinden, rollen später die Köpfe.«
    »Aber wenn er in großzügiger Stimmung wäre ...«, beginnt der Herzog erneut.
    »Ihr habt das geplant.« Plötzlich erkenne ich die Wahrheit.
    Er schmunzelt. »Das habe ich nicht, aber ich sehe die Vorteile dieser Verbindung. Wir besitzen große Teile von Englands Norden, und es wäre eine Freude, einen Howard auf dem schottischen Thron zu sehen. Einen Howard-Erben für den schottischen Thron, einen Howard-Enkel auf dem englischen Thron. Das wäre doch ein kleines Risiko wert, findet Ihr nicht? Das wäre doch ein kleines Glücksspiel wert, um zu sehen, ob unser Mädel es zuwege bringen kann?«
    Sein Ehrgeiz verschlägt mir die Sprache. »Aber der König wird es merken.« Angst diktiert meine Worte, fast gegen meinen Willen. »Er ist verliebt, aber er ist nicht blind vor Liebe. Und er ist der allergefährlichste Gegner, Sir. Das wisst Ihr. Er ist wie ein gefährlicher Stier, wenn er glaubt, dass sein Erbe bedroht ist.«
    Der Herzog nickt. »Glücklicherweise haben wir noch andere junge Howards, wenn der liebe Charles von uns gehen sollte; und Lady Margaret ist eine Närrin, die gut ein oder zwei Jahre lang im Kloster Syon eingesperrt werden kann. Wenn es zum Schlimmsten kommt, verlieren wir nicht viel.«
    »Soll Katherine versuchen, die beiden zu retten?«, frage ich.
    »Ja. Es ist einen Versuch wert«, sagt er gleichgültig. »Es ist ein großes Spiel um einen hohen Preis«, und fort ist er, schreitet über die Planke zu seiner wartenden Barke. Ich sehe zu, wie sie die Leinen loswerfen, und dann sehe ich, wie die Barke in die Strömung einschwenkt. Die Ruder werden hochgehalten wie Lanzen, und auf Befehl werden sie in einer fließenden Bewegung gleichzeitig in das grüne Wasser getaucht. Die Norfolk-Standarte am Heck flattert im Wind, und das Boot macht einen Satz, als die Ruderer den ersten Schlag tun. Im nächsten Augenblick ist der Herzog verschwunden.

 
 
K ATHERINE , H AMPTON C OURT , O KTOBER 1540
 
    Wie eine Närrin bin ich schon um halb zehn in meinem privaten Garten. Ich kann niemandem anvertrauen, dass ich Thomas Culpepper treffe, deshalb schicke ich alle meine Damen wieder in meine Gemächer, sobald ich die Uhr zehn schlagen höre. Und kaum sind sie fort, geht die Tür in der Mauer auf und er tritt heraus.
    Er hat den Gang eines jungen Mannes, er zieht kein dickes Bein nach wie der König. Er geht auf den Ballen seiner Füße wie ein Tänzer, als wäre er bereit, jederzeit zu tanzen oder zu kämpfen. Ich ertappe mich bei einem seligen Lächeln. Er tritt vor mich und schaut mich an, ohne ein Wort zu sagen. Wir schauen einander lange Zeit an, und ausnahmsweise denke ich einmal nicht daran, was ich sagen soll oder wie ich wohl aussehe. Ich sauge seinen Anblick in mich auf.
    »Thomas«, sage ich, und sein Name erscheint mir so süß, dass meine Stimme traumverloren klingt.
    »Euer Gnaden«, erwidert er.
    Zärtlich nimmt er meine Hand und führt sie an seinen Mund. Im letzten Moment, als er mit den Lippen meine Finger berührt, schaut er mich mit diesen durchdringenden blauen Augen an, und ich spüre, wie meine Knie weich werden unter dieser einen leisen Berührung.
    »Geht es Euch gut?«, fragt er.
    »Ja«, erwidere ich. »Oh ja. Und Euch?«
    Seine Antwort ist ein Nicken. Wir stehen einander gegenüber und schauen uns in die Augen, als wäre soeben ein Tanz zu Ende.
    »Der König?«, frage ich. Einen Moment lang hatte ich ihn völlig vergessen.
    »Besser heute Morgen«, sagt er. »Gestern Abend hat ihm sein Arzt einen Einlauf gemacht, und er hat sich ein paar Stunden lang gequält, doch jetzt hat er großen Stuhlgang gehabt, und es geht ihm viel besser.«
    Angewidert von der bloßen Vorstellung wende ich den Kopf ab. Thomas lacht leise. »Es tut mir leid. Ich bin zu sehr daran gewöhnt. In seinen Gemächern pflegen wir in aller Ausführlichkeit über seinen Zustand zu sprechen. Ich wollte Euch nicht ...«
    »Nein«, entgegne ich. »Ich muss doch auch über seinen Zustand Bescheid wissen.«
    »Ich nehme an, das ist normal, wenn jemand so alt ist ...«
    »Meine Großmama ist auch so alt wie er, und sie redet nicht die ganze Zeit über Einläufe, und sie riecht auch

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