Das Erbe der Pandora
Vater
den Mord anhängen wollen, um sich zu rächen, weil der nicht mehr unternommen
hat, um ihm das Gefängnis zu ersparen. Das muß T. Duke auf die Palme gebracht
haben, doch er tat noch immer so, als bemühte er sich redlich um seinen Sohn
und führt Evan nach dessen Freilassung als etablierten Geschäftsmann ein. Mir
fällt die Pandora-Geschichte in den Schoß. T. Duke sieht die Möglichkeit, Evan
zu benutzen, um mich aus dem Weg zu schaffen und sich an seinem Sohn zu rächen.
Doch eine Frage bleibt offen: Wer hat Rita Free von dem Balkon des Hotels
gestoßen?«
»Angesichts Ihres Abenteuers mit Evan
heute würde ich auf ihn setzen. Wie haben Sie überhaupt von diesen Betrügereien
mit Canterbury Investments erfahren?«
Iris spürte, daß sie rot wurde, und
legte nervös die Unterlagen in den Ordner zurück. »Hab’ gelauscht. Und mir das
Zeug angesehen, das er auf seinem Schreibtisch herumliegen hatte.« Sie erzählte
Stubbs nicht, daß sie in Evans Büro eingebrochen war. Sie nahm ihren Becher und
ging zur Kaffeemaschine. Es kam ihr in den Sinn, daß sie die Fotokopien der
Auszüge von Canterbury Investments verstecken sollte. Es waren die einzigen
Beweisstücke für ihren Einbruch. Vielleicht sollte sie sie verbrennen.
Sie lehnte sich gegen die Küchentheke.
»Detective Stubbs, selbst Sie müssen zugeben, daß hinter dem Mord an Bridget
Cross mehr steckt als nur ein verärgerter Ehemann, der sich an seiner Frau
rächt. Wenn T. Duke Sawyer fähig ist, das Leben seines eigenen Sohnes zu
zerstören, was würde er dann einer Geschäftsfrau antun, die...« Ihre Stimme
verebbte, als ihr ein neuer Gedanke kam. »Vielleicht war Evan der Schütze.«
Stubbs stand auf und steckte den
Ordner in eine schwarze Aktentasche aus Vinyl. »Ist diese neue Theorie eine
Wende in der Geschichte von dieser merkwürdigen Gruppe namens Vertrauensmänner,
die Firmen aufkauft, um sie aus dem Geschäft zu werfen, und von denen sie
notfalls die Geschäftsführer tötet, oder ist dies eine gänzlich neue Hypothese?
Bei der Verschwörungstheorie bekommen wir mehr für unser Geld: Die Morde an
Alexa Platt und Bridget Cross wären nachgewiesen und der Autounfall von Harry
Hagopian erklärt. Wenn es sich jedoch nur um reine Gier seitens T. Duke
handelt, klären wir nur den Mord an Bridget auf. Und in keinem der Fälle
erfahren wir, was Banzai Jefferson zugestoßen ist. Es gibt keine Beweise, nur
viel Gerede, um jemand anderen als Kip Cross mit all dem in Verbindung zu
bringen.«
»Aber es gibt auch nicht genug
Beweise, um Kip damit in Verbindung zu bringen.«
»Ich habe blutige Fußspuren und einen
Mann mit Schmauchspuren an den Händen. Vergessen Sie nicht, ich habe eine
Zeugin. Ich habe Briannas Bilder einer Kinderpsychologin gezeigt, die glaubt,
daß sich die Kleine mit der Zeit und mit psychologischer Betreuung sicher an
mehr Einzelheiten erinnern könnte. Morgen oder übermorgen müßte ich die Zusage
bekommen, daß Brianna gegen den Widerstand des Vaters befragt werden kann.«
Stubbs ging zur Haustür, und Iris
folgte ihr. »Ich denke, die Zeit arbeitet für uns. Wenn sich um Kip herum alles
beruhigt hat und sein Alltag einkehrt, wird sein Gewissen ihm allmählich zu
schaffen machen. In den frühen Morgenstunden können einem die Gedanken manchmal
übel mitspielen.«
Durch den vielen Kaffee, den Iris so
spät am Abend getrunken hatte, war sie aufgeputscht. Es war ungewohnt für sie,
daß sie um diese Zeit so hellwach war. Sie wußte, daß sie später dafür büßen
würde.
Sie ging in ihr Büro, das sie sich zu
Hause eingerichtet hatte, und nahm die Fotokopien der Auszüge von Canterbury
Investments aus der obersten Schublade ihres Schreibtisches. Sie wägte ab, ob
sie die Unterlagen verbrennen oder sie in ihren Safe legen sollte. Wie sich die
Situation mit Evan entwickelte, wußte sie nicht, aber wenn sein Wort gegen
ihres stehen sollte, wäre es nützlich, Beweise zu haben. Sie nahm die Kopien
mit zu ihrem Schlafzimmerschrank und versteckte sie unter dem Berg dreckiger
Feinstrumpfhosen. Nun hatte sie zumindest einen Grund, ihre Handwäsche noch um
einen Abend zu verschieben.
Als sie wieder in ihrem Büro war,
schaltete sie den Laptop an, um ihre E-Mail abzuholen. Sie lehnte sich in dem
Sessel zurück, knabberte an ihrem Daumen herum und schaute träge auf den
Monitor, während das Betriebssystem geladen wurde. Auf dem Bildschirm erschien
etwas, das sie noch nie zuvor gesehen hatte.
Eine düstere Treppe war zu sehen.
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