Das Erbe der Pandora
von Iris’
Kostümjacke herumzufummeln. »Schätzchen, trage die Kleidung. Laß dich
nicht von der Kleidung tragen.«
Iris ließ die Aufmerksamkeit von Liz
über sich ergehen, während ihre Freundin über weiß Gott was redete. »Rate mal,
wem der Eigentümer wie aus dem Gesicht geschnitten ist? Brad Pitt.«
»Tja, dann hab’ ich verloren«,
sagte Kyle, bevor er aus dem Raum ging.
Amber sah Iris an und warf ihr ein
kleines Grinsen zu, um anzudeuten, daß sie Liz für übergeschnappt hielt. Amber
trug eines dieser konservativen Mantelkleider, die sie bevorzugte. Dieses war
moosgrün — eine Farbe, die sie häufig trug und die zu ihren kastanienbraunen
Haaren und den grünen Augen paßte. Sie war knappe 1,60 Meter groß, und die
Mantelkleider und die Schuhe mit den dicken Absätzen, die sie so gern trug,
ließen ihre winzige Gestalt massiger und größer erscheinen.
Es war Teil des Machtspiels: Man mußte
körperliche Größe darstellen, aussehen wie eine Kraft, mit der man rechnen
mußte, und eine Aura von Energie, Stärke und spürbarer Gefahr verbreiten.
In dieser Hinsicht hatte Iris Glück.
Sie war groß und schlank und vermittelte den Eindruck von hoher Energie. Den
meisten konnte sie direkt in die Augen schauen, und auf viele sah sie hinab.
Außerdem war sie blond und hübsch, und die Welt war zu hübschen Frauen
freundlicher. Es war ihr einerlei, ob ihr Aussehen ihr in irgendeiner
unbedeutenden Art und Weise geholfen hatte vorwärtszukommen. Sie hatte verdammt
wenig Glücksmomente in ihrem Leben erlebt, und es störte sie nicht im
geringsten, wenn sie diese ausnutzte. Wenn sie dazu befragt wurde, antwortete
sie immer: »Je härter ich arbeite, um so mehr Glück habe ich.«
Iris wußte, daß Ambers Grinsen einen
Versuch darstellte, Liz herabzuwürdigen. Amber war neidisch auf die
Freundschaft zwischen Liz und Iris, und sie behielt sich eine einzigartige
Gehässigkeit für diejenigen ihrer weiblichen Kollegen vor, die erfolgreicher
waren als sie. Iris kannte diese Form des Kannibalismus seit langem. Sie
ignorierte sie.
Liz sprach das Problem direkt an.
»Amber, Sie sehen mich an, als sei ich eine Irre oder so.«
Iris lächelte in sich hinein. Liz
hatte kein Verständnis für Dummheit.
»Wir halten dich wirklich für
verrückt, Lizzy«, mischte sich Iris ein. »Aber das ist eine deiner
Eigenschaften, die wir am meisten schätzen.«
Amber wurde rot und meinte stotternd:
»Nein, ich... ich bin nur verwirrt. Ich sehe keine Gewinnspanne.«
»Amber.« Liz beugte sich vor und
ergriff Ambers Oberarm. Amber wich automatisch einen Schritt zurück, da sie
diesen Körperkontakt unangenehm fand. Liz war sich dessen sicherlich bewußt,
ließ aber nicht los. Sie senkte die Stimme, was für gewöhnlich bedeutete, daß sie
über etwas reden wollte, das mit Geld zu tun hatte. Ihr heimlichtuerischer
Tonfall gab einem das Gefühl, daß sie Insider-Informationen oder internationale
Geheimnisse preisgeben wollte, die sie für sich behalten hatte, bis sie auf den
richtigen Menschen traf, dem sie sie mitteilen konnte. Damit erlangte sie
garantiert die Aufmerksamkeit ihres Gegenübers.
»Also: Straußenfarmen sind die am
schnellsten wachsenden Geschäfte im landwirtschaftlichen Sektor der USA. Sie
sind zu neunundachtzig Prozent fettfrei, brauchen weniger Getreide und Wasser
als Vieh, und sie schmecken hervorragend .« Sie sah Amber prüfend an, so
als wollte sie sichergehen, daß die andere die Bedeutung des Gesagten auch
wirklich erfaßte. Dann zog sie Amber sogar noch näher an sich heran.
Iris lachte insgeheim angesichts des
wachsenden Unbehagens von Amber, das ihr ins Gesicht geschrieben stand.
»Ich kenne die richtigen Leute. Damit
kann man Unmengen...«, Liz flüsterte Amber jetzt ehrerbietig ins Ohr, »...Geld
verdienen.«
Amber gelang es, sich aus Liz’ Fängen
zu befreien. Sie eilte zum Ausgang. »Ich werde darüber nachdenken, Liz. Wir
können uns gern später mal ausführlicher drüber unterhalten.«
»Hm«, meinte Liz naserümpfend, als sie
und Iris allein waren. »Keine Gewinne mit Sträußen? Ich glaube nicht.«
Die Tür der Kantine ging auf, und
Louise steckte den Kopf herein. Sie schaute über ihre halbe Brille auf eine Art
zu Iris und Liz hinüber, die Iris zu einem anderen Zeitpunkt in ihrem Leben
veranlaßt hätte, Schmuggelware unter dem Bett und die Jungs im Schrank zu
verstecken.
»Sam Eastman ist da«, sagte Louise
nur.
Iris verdrehte die Augen.
»Und er ist nicht allein«, fügte
Louise
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