Das Erbe der Pandora

wußte,
wenn sie ihn dazu brachte, darüber zu reden, würde er sich beruhigen. Er
versuchte immer, es ihr mit den Worten eines Laien verständlich zu machen, und
es rührte sie, daß er ihr anscheinend unbedingt die Herrlichkeit des ganzen
nahebringen wollte. Dennoch langweilte es sie zu Tode.
    Kip blieb stehen, während er über ihre
Bitte nachdachte. Sein Gesichtsausdruck hellte sich auf, als er zum Tisch
zurückging und den Laptop wieder vor sich hinstellte. Während er tippte, schien
sein Ärger langsam zu versickern. »Okay, schau mal. Siehst du diesen
Knurrhahn-Alien?«
    Summer nickte, während sie eine
fischartige Kreatur mit einem langen, gezackten Schwanz und Flügeln
beobachtete, die von einem Gebäude auf die Straße sprang. Das Knurren und
Schnauben der Kreatur kam über die Lautsprecher des Computers und übertönte das
Heavy-Metall-Getöse des Spiels.
    Kip drückte hastig mehrere Male auf
eine Taste, und die Nase des doppelläufigen Gewehres unten auf dem Bildschirm
zuckte zurück, während die Waffe feuerte. Der Knurrhahn-Alien schrie, während
Teile seines Fleisches durch die Gegend flogen und das Blut aus seinen Wunden spritzte.
Er fiel auf der Straße in sich zusammen.
    »Jetzt sieh dir das an.« Kip drückte
auf eine bestimmte Taste, um auf dem Bildschirm den Eindruck zu erwecken, als
beugte sich der Spieler über die Kreatur.
    »Hier ist noch alles in Ordnung... und
hier...« Der mit Blut besudelte tote Alien war immer besser zu erkennen, je
näher der Spieler kam, so wie es in Wirklichkeit wäre. Der Alien drehte sich
auf dem Monitor, so als ginge der Spieler um ihn herum. »Genau das hatte Trottel
verlieren immer so einzigartig gemacht. Es gibt da draußen kein anderes
Spiel, bei dem man das Bild so elegant hoch und runter und im Kreis bewegen
kann wie hier.« Seine Stimme war so inbrünstig wie die eines frisch Bekehrten.
»Wenn man sich nähert, zerfällt das Bild nicht in Pixel, sondern das Detail
bleibt sichtbar. Das liegt an meinem Graphikprogramm. Niemand sonst hat eine
Technologie entwickelt, die dem auch nur nahe kommt.«
    »Das ist verblüffend, Kip«, stimmte
Summer zu.
    »Aber...« Kip bewegte das Bild näher
auf den Alien zu. »Wenn man zu nahe kommt, dann... hoppla! Weg ist es.« Das
Bild des Aliens zerfiel in farbige Punkte. Niedergeschlagen lehnte er sich
zurück. »Es ist immer noch primitiv.«
    »Aber du hast gesagt, es ist das
beste, was es gibt.«
    »Ist es auch. Aber es ist immer noch
meilenweit von einer perfekten virtuellen Realität entfernt.« Kip stand auf und
lief ungeduldig hin und her. »Ich mache keine Fortschritte auf dem Weg zur
nächsten Stufe. Es kommt einfach nicht.«
    »Das wird schon noch.«
    »Ich brauche einen leistungsfähigeren
Prozessor. Ich kann schöne und klare Bilder machen und so programmieren, daß
sie zusammenhalten, aber dabei opfere ich die Spielgeschwindigkeit. Aber gerade
darum geht es bei den Slade-Slayer-Games: Action. Die Software-Technologie
existiert, aber die nächste Generation der Hardware kommt frühestens in ein bis
anderthalb Jahren.«
    »Worauf wartest du?« tönte der Bariton
von Slade Slayer über die Lautsprecher. »Jetzt steigt die Party!«
    »Kannst du das von Trottel nicht wieder benutzen?«
    Kip schüttelte verächtlich den Kopf.
»Nein, nein, nein! Das nächste Graphikprogramm muß neu sein, frisch. Eine
totale Revolution. Ein entscheidender Sprung nach vorne, jenseits von allem,
was man bisher kannte. Es gibt nur eine Möglichkeit. Ich muß eine Software-Lösung
findet, die aus der existierenden Hardware mit seinen Grenzen das Maximum
herausholt.«
    Summer versuchte, ihm Mut zu machen.
»Das klingt doch gut.«
    »Theoretisch. Aber die Einfälle kommen
nicht.«
    Summer kletterte auf ein Sofa,
schlüpfte aus den Sandalen und zog die Füße unter sich. »Dir fällt schon
irgendwas ein. Du hast doch gerade erst wieder angefangen zu arbeiten.«
    »Vielleicht habe ich einmal zu oft aus
dem Brunnen geschöpft.« Er ballte die Fäuste vor sich. »Ich bin innerlich
blockiert.«
    »Das kommt schon, Baby«, meinte Summer
beschwichtigend. »Mach dir keine Sorgen.«
    Er ging auf die Terrasse und
marschierte am Pool auf und ab, die Arme fest vor der Brust verschränkt, den
Blick auf den Boden gerichtet. Die Sonne ging unter. Die automatische Zeitschaltuhr
hatte das Licht am Pool und die kleinen Strahler angestellt, von denen die
teuer gestaltete Landschaft kunstvoll erleuchtet wurde. Summer folgte ihm.
    Kip blickte sie über den Pool