Das Erbe der Pandora
im selben Boot. Ich weiß, daß Sie gern die
Alleingängerin spielen, aber Sie müssen Ihren Teamkollegen vertrauen, daß sie
das Richtige tun.«
Er steckte eine Hand in die Tasche und
fuchtelte mit der anderen herum. »Ich bin mir vollkommen darüber im klaren, daß
dies ungewöhnlich ist, und ich weiß, daß Sie das letzte Wort haben, wenn es um
Personalentscheidungen in Ihrem Büro geht. Aber ich möchte Sie daran erinnern,
daß Einstellungen immer meine Stärke waren. Ich hatte immerhin eine gute Hand,
als ich Sie eingestellt habe.«
Iris stützte die Ellbogen auf den
Tisch, legte den Kopf auf die verschränkten Hände und sah Sam wortlos an.
»Evan ist eine Kanone, Iris. Sie
werden mir dafür dankbar sein. Aber wenn Sie noch ein paar Tage darüber
nachdenken wollen... Sie haben das volle Recht, diese Entscheidung zu fällen.
Aber seien Sie sich darüber im klaren, daß er vielleicht nicht mehr zur
Verfügung steht, wenn Sie sich entschieden haben.«
Mir brauchst du nichts vom Pferd zu
erzählen, dachte
Iris. Sie kannte diese Verkaufstaktik. Sie hatte sie selbst schon Tausende Male
angewandt. »Wie hoch war Evans Prämie?«
»Fünftausend Dollar.«
»Fünftausend? Das ist kein Angebot,
das man nicht ablehnen kann. Das ist ein vielsagendes Zeichen. Schwere
Geschütze können hohe fünfstellige Prämien verlangen.«
»Es war nicht nur das Geld, das Evan
überzeugte, es war die Chance, mit Ihnen arbeiten zu können. Ich gebe zu, daß
es nicht richtig von mir war, mich nicht zuerst mit Ihnen in Verbindung zu
setzen.«
Sams Reue kam Iris so dünn vor wie
eine alte, abgetragene Anzugshose. »Ich nehme an, daß er seine Kundenkartei von
der anderen Firma mitgenommen hat?«
»Aber sicher. Er sitzt in den
Startlöchern, um sofort loszulegen.«
Sie drehte sich in ihrem
Schreibtischsessel herum und sah aus dem Fenster. Dunkle Wolken schoben sich am
Himmel vorbei. Für die nächsten Tage war Regen vorhergesagt worden. Man sagt,
daß auf jeden Regen auch wieder Sonnenschein folgte. Sie fragte sich, ob es
auch in diesem Fall so war. Sam wollte Evan aus irgendeinem unbekannten Grund
einstellen. Erfolg oder Mißerfolg der Niederlassung in L.A. hatten direkte
Auswirkungen auf Sam, also würde er wahrscheinlich nichts unternehmen, daß
seiner eigenen Position in der Firma schädigen würde. Wenn sie ihr
Einverständnis gab, könnte es vielleicht endlich die eisige Beziehung zwischen
ihr und ihrem Chef erwärmen. Es war möglich, daß alles, was Sam über Evan
sagte, zutraf. Sie drehte sich wieder zu ihm um. »Sicher. Wir nehmen ihn in die
Truppe.«
Sam schien fast erleichtert zu sein.
»Sie haben die richtige Entscheidung getroffen, Iris. Sie werden sehen.« Er
rieb sich wieder die Hände, als hätte er zwei Zweige, mit denen er ein Feuer
machen wollte. »Das wird großartig.«
Sam holte Evan herbei. Iris hieß ihn
willkommen.
»Können Sie schon morgen anfangen,
Evan?« fragte Sam.
»Ich freue mich darauf.«
»Ich habe nur sehr wenige Regeln in
meiner Niederlassung«, sagte Iris. »Ich erwarte von Ihnen, daß Sie zu
Börsenzeiten hier sind, von halb sieben bis eins. Die meisten Händler bleiben
wesentlich länger, stellen Nachforschungen an, telefonieren mit Kunden, aber
das überlasse ich Ihnen. Und ich erwarte von Ihnen, daß Sie Ihre Quote
erfüllen.«
»Nichts einfacher als das.« Evan
lächelte sie an, und Iris hatte alle Mühe, nicht schüchtern seinem Blick
auszuweichen.
»Wir haben noch zwei freie
Schreibtischnischen. Sie können sich eine aussuchen.«
»Ich habe ein Büro gesehen, das leer
aussah. Das hätte ich gern.«
»Büros sind besondere Vorrechte, die
den Brokern mit den höheren Umsätzen zukommen. Wenn Ihr Umsatz das Niveau
erreicht, gebe ich Ihnen gern ein Büro mit den dazugehörigen Ansprüchen.« Iris
hielt seine Bitte für etwas anmaßend, aber es überraschte sie nicht allzu sehr.
Sie erwartete von den Händlern, daß sie aufdringlich waren.
»Wenn das Büro leer steht, Iris«,
meinte Sam, »dann wüßte ich nicht, weshalb Evan es nicht bekommen sollte.«
Evan sah Iris erwartungsvoll an,
während er auf ihre Antwort wartete.
Sie blieb eisern. »Das wäre den
anderen Brokern gegenüber nicht fair, die hart dafür arbeiten, um sich ein Büro
zu verdienen.« Sie streckte Evan die Hand entgegen, bevor noch irgend jemand
etwas sagen konnte. »Herzlichen Glückwunsch.«
Es wurden noch ein paar Höflichkeiten
ausgetauscht, bis Evan und Sam gingen. Liz stand fast unmittelbar danach in
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