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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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sich „SSSR-KS 3“ auf gleicher Höhe mit dem Planeten und dros- selte die Geschwindigkeit, paßte sich seiner Bewegung an. Das Schiff flog in diesem Augenblick in den obersten, dünnen Schich- ten der Venusatmosphäre und setzte von dieser Höhe aus, ab- bremsend, zur Landung an.
       Die Triebwerke arbeiteten mit voller Kraft, um eine Bruch- landung zu verhüten. Das Wolkenmeer kam näher.
       Belopolski, Paitschadse und Melnikow wußten, welches Bild sich ihnen in einigen Minuten zeigen würde. Sie würden die Landschaft der Venus nie vergessen. Den übrigen Expeditions- mitgliedern war diese Landschaft durch einen Film vertraut, den Melnikow während des Fluges von „SSSR-KS 2“ gedreht hatte.
       „Die Tragflächen!“ befahl Belopolski kurz, als die Wolken- massen den Bildschirm mit weißem Nebel überzogen.
       Melnikow drückte die notwendigen Kontaktknöpfe. Nach einigen Sekunden flammten blaue Lämpchen auf – die Trag- flächen waren ausgefahren. Nachdem sich „SSSR-KS 3“ auf diese Weise in ein Düsenflugzeug verwandelt hatte, verringerte es abermals die Flughöhe und stieß durch die dicke Wolkendecke, an deren unterem Saum bereits aufflackernde Blitze matt zu er- kennen waren.
       Das Raumschiff flog nicht mehr im luftleeren Raum und mußte jetzt völlig anders gesteuert werden.
       Vier Triebwerke, die an den Tragflächen angebracht waren, trugen es vorwärts. Manövriert wurde wie bei einem Flugzeug mit gewöhnlichem Leitwerk.
       Vom Kommandanten eines Raumschiffes wurde verlangt, daß er auch in der Steuerung von Düsenflugzeugen erfahren war. Belopolski hatte die Füße auf die Pedale gestellt und den Steuer- knüppel ergriffen.
       Es mochte befremden, daß ein Akademiker so sicher die schwere Arbeit eines Piloten verrichtete. Noch dazu in solch einem gigantischen Raumschiff. Aber das war nichts Besonderes. Alle Besatzungsmitglieder von „SSSR-KS 3“, außer Professor Balandin, Andrejew und Wtorow, hatten eine Luftfahrtschule besucht, sich im Fliegen schwerer Maschinen gründlich geübt und besaßen das Pilotendiplom für Düsenflugzeuge.
       Genau acht Minuten nach Beginn des Landemanövers tauchte „SSSR-KS 3“ aus den Wolken in eine unaufhörlich von Blitzen erhellte dichte Regenwand, die höchst bedrohlich aussah.
       Der Bildschirm wurde dunkel. Jede Sicht verlor sich im Regen. Das Raumschiff schien in einem Ozean zu versinken. Aber der Höhenmesser zeigte an, daß „SSSR-KS 3“ noch andert- halb Kilometer über der Venusoberfläche flog.
       Belopolski vergrößerte die Geschwindigkeit, er wollte die Gewitterfront so schnell wie möglich durchqueren. Er hatte nicht vergessen, daß „SSSR-KS 2“ in einem ähnlichen Wolken- bruch binnen Sekunden siebenhundert Meter zur Seite geschleu- dert worden war und beinahe in den Ozean gestürzt wäre. Die Vorsicht gebot, das Raumschiff nicht unnötig lange dem Ein- wirken dieser ungeheuren Regengüsse auszusetzen.
       Der Höhenmesser zeigte an, daß es, wenn auch langsam, ab- wärts ging.
       Plötzlich schien es, als habe jemand den Bildschirm mit einem Schwamm abgewischt, die Wassermassen verschwanden. Vor den Augen der Besatzung breitete sich das Panorama eines end- losen Ozeans.
       Melnikow beugte sich vor und betrachtete mit tiefer Bewegung das vertraute Bild, das so oft in seiner Erinnerung aufgetaucht war.
       Bleigraue Wellen mit langen weißen Schaumkronen, darüber dunkle, zerfetzte Wolken, schwarze Gewitterwände, vom Zick- zack der Blitze zerrissen, und alles grau in grau im trüben Däm- merschein.
       Nichts hatte sich in diesen acht Jahren verändert. Im Leben eines Planeten ist ein Jahrhundert kürzer als eine Sekunde im Leben des Menschen. Die Natur braucht sich nicht zu beeilen – vor ihr liegt die Ewigkeit.
       Einen Augenblick fühlte Melnikow sich in die Vergangenheit zurückversetzt. Er wähnte, nicht „SSSR-KS 3“, sondern „SSSR- KS 2“ fliege über den finsteren Ozean der Venus. Wenn er sich umdrehte, würde er das konzentrierte Gesicht Kamows erblik- ken, der sich über das Steuerpult beugt, würde die sicheren Be- wegungen seiner Hände verfolgen können, die die zahlreichen Kontaktknöpfe und Hebel der Steuerung bedienen ...
       Wie kompliziert und schwierig war es damals, ein Raumschiff durch die unbekannte Atmosphäre eines fremden Planeten zu führen! Wieviel Mut und Entschlossenheit wurden damals vom Kommandanten verlangt! Auf Schritt und Tritt

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