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Das Erbe der Phaetonen

Das Erbe der Phaetonen

Titel: Das Erbe der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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Kajüten und Korridoren bereits die provisorischen Fußböden aus, er- warteten die Sternfahrer doch auf der Venus die gewohnten Bedingungen der Schwerkraft. Die Räume sollten so eingerichtet sein, daß sie während des anderthalbmonatigen Aufenthaltes auf der Schwester der Erde möglichst viel Bequemlichkeit boten.
       Neunzehn Tage und Nächte waren schon seit dem denkwür- digen Morgen vergangen, an dem „SSSR-KS 3“ den Raketen- flugplatz verlassen und die schwere und gefährliche Fahrt an- getreten hatte. In dieser verhältnismäßig kurzen Zeit hatten die Expeditionsmitglieder viel erlebt und erlitten. Die sechsund dreißig Stunden auf der Arsena und besonders der tragische Tod Orlows waren an keinem spurlos vorübergegangen. Die Männer hatten sich verändert. Vor allem war das bei jenen zu spüren, die zum ersten Mal an einem interplanetaren Flug teilnahmen. Einige, zum Beispiel Romanow, Knjasew und Wtorow, hatten beim Start von der Erde noch keine klaren Vorstellungen dessen besessen, was sie erwartete. Die Raumfahrt, der Besuch des Aste- roiden und die Erforschung der Venus waren in ihrer Vorstel- lung romantisch verklärt gewesen. Inzwischen hatten sie die Kehrseite gesehen und die rauhe Wirklichkeit kennengelernt. Der Sieg über die Natur fällt dem Menschen nicht in den Schoß, er wird in zähem, verderbendrohendem Kampf errungen. Die- sem und jenem hatten die ersten Tage des Fluges viele schwere Minuten gebracht. Die Unendlichkeit des leeren Raumes, in dessen Mitte unbeweglich das winzige Raumschiff zu hängen schien, das Fehlen eines sichtbaren Haltes, die Verwirrung der Begriffe „oben“ und „unten“ sowie die Schwerelosigkeit selbst – all das hatte stark auf das Gemüt gewirkt, und gut die Hälfte der Besatzung war von der „Kosmonautenkrankheit“ befallen worden.
       Mit Beginn der zweiten Hälfte der Fahrt änderte sich das. Die Raumschiffbesatzung reifte zu einem Forscherkollektiv, das vom gleichen Denken, Fühlen und Streben beseelt war, und jeder einzelne verstand bis ins Letzte, was der von ihm gewählte Beruf verlangte und welche Gefahren er mit sich brachte.
       Alle hatten Orlows schreckliches Ende miterlebt, aber keiner bedauerte, daß er sein Leben dem hohen Ziel geweiht hatte.
       Am 9. Juli, genau zweiundzwanzig Uhr dreißig, stimmte die Flugkurve von „SSSR-KS 3“ genau mit der Bahn der Venus überein, das Raumschiff nahm sozusagen die Verfolgung des Planeten auf, der hunderttausend Kilometer vor ihm mit einer Geschwindigkeit von rund fünfunddreißig Sekundenkilometern flog. In fünf Stunden und dreiunddreißig Minuten würde das Schiff die Schwester der Erde eingeholt haben.
       Durch die runden Fenster des Observatoriums und auf den Bildschirmen war die Venus als ungewöhnlich großer Halbmond zu sehen. Beinahe elfmal größer als der Mond am Himmel der Erde. Die von der Sonne beschienene Hälfte des Planeten leuch- tete grell mit ihrem schneeweißen Wolkenschleier. Deutlich zeichnete sich auch die Nachtseite vor den Sternen ab; sie verdeckte diese und sandte einen schwachen Lichtschimmer aus, der dem Schimmern der oberen Schichten der Erdatmosphäre ähnelte, aber bedeutend stärker war. Zwischen Licht und Schat- ten lag ein Dämmerstreifen. Dort züngelten von Zeit zu Zeit grelle Flammen und zuckten Blitze.
       „Was wir dort sehen, ist das Polarlicht der Venusatmosphäre“, erklärte Belopolski. „Dank der Nähe zur Sonne muß diese Er- scheinung hier bedeutend eindrucksvoller sein als auf der Erde.“
       „Von der Venus aus betrachtet, muß das Polarlicht ja zauber- haft aussehen“, sagte Melnikow.
       Das waren die einzigen Sätze, die die Kommandanten des Schiffes während der Stunden, in denen sie der Venus nachjag- ten, austauschten. Beide beobachteten angestrengt die Kontroll- geräte. Der Abstand zwischen dem Planeten und dem Raum- schiff verringerte sich ständig. Die Landung rückte näher, ein schwieriges Manöver – sowohl auf der Venus als auch auf der Erde –, das höchste Konzentration und in jeder Bewegung Prä- zision erforderte.
       Der Planet wurde größer und größer und verdrängte bald mit seinem Riesenleib alle anderen Sterne aus dem Blickfeld.
       Voraus und zu beiden Seiten wälzte sich ein Meer von Wol- ken, unerträglich weiß auf der der Sonne zugewandten Seite – allmählich dunkler werdend und in Schwarz übergehend auf der anderen.
       Am 10. Juli, vier Uhr morgens nach Moskauer Zeit, befand

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