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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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ihrer Haut lag.
    »Morgen«, vertröstete sie den Ritter, dessen Gesicht einen enttäuschten Ausdruck annahm.
    Sophia empfand plötzlich vage Zärtlichkeit. Ohne zu überlegen, wo sie war und wie viele Menschen ihr dabei zusahen, hob sie die Hand und strich leicht über Flamberts Wange. Und sie ließ zu, dass er ihre Finger dann an seine Lippen zog.

Kapitel 2
    A uf Gerlins Bitten hin – aber auch, weil die Ritter das Abenteuer lockte – begleiteten Rüdiger und Hansi Dietmar nach Toulouse. Dabei war es für Dietmar zunächst wie ein Ritt nach Hause, auch Loches lag schließlich im Süden Frankreichs. Der junge Ritter war angespannt. Er war kaum dazu zu bringen, ein ruhiges Reisetempo zu halten, sondern ließ seinen Hengst immer wieder vorsprengen und neben Rüdigers und Hansis ruhigen Reittieren hertänzeln.
    »Und das noch nach fast acht Wochen Ritt«, meinte Rüdiger bewundernd zu seinem früheren Knappen. »Die Flügel der Liebe … Aber ist es nicht schön, mal aus dem Regen herauszukommen?«
    Im fränkischen Land war der Frühling meist feucht, und die ersten Tage der Reise waren die Ritter über aufgeweichte Wege geritten und hatten nachts ihre klammen Zelte aufgestellt, um sich dann unter nicht minder feuchten Decken zusammenzurollen. Auch in den Bergen war es kalt und regnerisch gewesen, dazu hielten die Steigungen und schlechten Straßen die Reiter auf. Je weiter sie nun jedoch nach Süden kamen, desto besser wurde das Wetter. Die Felslandschaften wichen zunächst dichten Wäldern, und schließlich immer häufiger Dörfern und Weinbergen. Der Süden Frankreichs war relativ dicht besiedelt.
    »Bleibt nur zu hoffen, dass uns demnächst nicht Katapultgeschosse um die Ohren fliegen«, bemerkte Hansi. »Da sind mir Regentropfen doch noch lieber.«
    Rüdiger grinste. »Du bist undankbar! Da kannst du dich einmal wirklich als Ritter beweisen: Rettung der Dame Sophia vor dem Monstrum Montfort. Aber du fürchtest dich vor ein paar Steinkugeln!«
    »Wenn ich dem Papst glaube, gefährde ich meine unsterbliche Seele, indem ich auf Seiten der Albigenser kämpfe«, meinte Hansi. »Dann katapultieren mich Montforts Steinkugeln direkt in die Hölle. Verrückter Krieg.«
    Die Ritter befanden sich bereits in einer Gegend, die zu Montforts neuen Besitzungen gehörte, umritten die von seinen Truppen besetzten Städte aber weitläufig. Sie hofften, Toulouse in spätestens zwei Tagen zu erreichen, waren allerdings noch uneins, ob sie in die Stadt reiten wollten oder gleich weiter nach Montalban. Sie waren einige Zeit nicht auf Fahrende Ritter gestoßen, und die Angaben der Landbevölkerung zur Lage in Toulouse schwankten. Einige behaupteten, der Graf hielte die Stadt wieder besetzt, andere meinten, es wären noch Kämpfe im Gange. Wieder andere vermuteten Montfort eher in der Gegend von Albi.
    »Wir können im nächsten Dorf noch mal fragen«, meinte Rüdiger, als sie wieder ein Waldstück hinter sich ließen und über gepflegte Wege zwischen Wiesen und Weizenfeldern herritten. »Wir brauchen sowieso Proviant.«
    Die drei bogen also vom Weg ab, als sie die Umfriedung des Dorfes von Weitem erkannten. Allerdings lag die Ansiedlung keineswegs friedlich unter dem leuchtend blauen Himmel dieses Herbsttages. Stattdessen hörte man Waffengeklirr und Schreie, der leichte Zaun schien an mehreren Stellen umgestürzt und von einigen Gebäuden stieg Rauch auf.
    Dietmar setzte sein Pferd spontan in Galopp, als er die Anzeichen des Kampfes sah. Rüdiger und Hansi hätten sich darüber wahrscheinlich erst beraten, sprengten ihrem Freund nun jedoch nach. Zumal ihnen jetzt auch jemand entgegenkam. Ein junges Mädchen mit wehendem blondem Haar kletterte behände über den umgerissenen Zaun und warf sich vor den Rittern auf die Knie.
    »Ihr Herren … Ihr Herren, Ihr seid doch Ritter! Helft uns, bitte! Sie wollen uns verbrennen!«
    »Ein Albigenser-Dorf?«, fragte Rüdiger.
    Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf. »Nein, Herr, ich schwöre … ich schwöre auf … auf Jesus Christus und auf … auf die Propheten und die ganze Bibel und … Wir sind keine Ketzer … niemand hier. Die … die Ketzer haben sie doch schon vor drei Jahren verbrannt!«
    Bei den letzten Worten klang ihre Stimme erstickt, sie schien sich noch gut daran erinnern zu können. Die Ritter betrachteten das Mädchen jetzt genauer. Ein Bauernmädchen, dessen schlichter, leinener Leibrock ihm nur bis zu den Knien reichte. Es war klein und seine Haut sehr dunkel, fast

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