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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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aber ein paar Spritzer des Branntweins hatten seine Gewänder benetzt. Zu seinem Entsetzen sah er Flammen an seinem Mantel auflodern.
    »Ausziehen, zieht ihn schnell aus!«, schrie Geneviève.
    Der Bischof schälte sich rasch und in Anbetracht seines Rausches erstaunlich geschickt aus dem Kleidungsstück. Der Mantel fiel daraufhin ins Feuer – und nährte es weiter. Blitzschnell stand die Treppe in Flammen. Luitgart wich mit großen, entsetzten Augen nach unten aus. Geneviève und der Bischof flohen nach oben.
    »Gibt’s keine zweite Treppe?«, fragte der Bischof, noch nicht allzu besorgt. »Meistens gibt es doch mehrere …«
    Und meistens sind Burgen erheblich größer als diese, dachte Geneviève – dazu in aller Regel aus Stein! Dennoch folgte sie dem Bischof, der jetzt über die Wehrgänge eilte. Sie wusste nicht, ob es eine weitere Stiege gab. Sie konnte nur hoffen, dass er Recht hatte.

Kapitel 5
    G erlin trat hinaus auf den Söller in die Nacht. Sie hatte es nicht wirklich gewollt, herzukommen, es war zu schmerzlich, sie würde nur an die letzte Nacht mit Florís erinnert, in der sie sich hier geküsst hatten. Aber dennoch konnte sie sich des Drangs nicht erwehren.
    Als sie aus dem Dunkel des Treppenhauses kam und in die Mondnacht zwinkerte, erkannte sie den Medikus an den Zinnen des Ausgucks. Er stand ruhig da und ließ den Blick über das weite Land unter ihnen schweifen.
    Gerlin trat neben ihn. »Da seid Ihr ja. Ich war schon beunruhigt …«
    Salomon lächelte. »Wo hätte ich denn hingehen sollen? Es ist schön hier, nicht wahr?«
    Gerlin nickte. Das Mondlicht tauchte die weißen Gebäude von Lauenstein in silbrigen Schein, die Burg sah aus wie ein Schloss aus einem Märchen, das weit über der Wirklichkeit schwebte.
    »Aber Loches ist schöner«, sagte sie dann. »Die Landschaft ist lieblicher, die Nächte wärmer. Natürlich leuchten die Sterne auch hier, es ist jedoch ein kaltes Licht. Auch Ihr müsst frieren.«
    »Wo immer du bist, ist es warm«, flüsterte Salomon. »Ich bin glücklich … Aber du … Ihr … Ihr werdet nach Loches zurückgehen?«
    Gerlin nickte erneut. Sie wollte nicht reden, am liebsten wäre sie nur schweigend neben Salomon stehen geblieben und hätte in die Weite gesehen.
    »Ja«, meinte sie dann. »Mein jüngerer Sohn wird bald zurückkehren und das Erbe übernehmen.« Sie lächelte. »Und er weiß nicht ein bisschen von Haushaltsführung. Ich fürchte, er kann auch kaum lesen und schreiben. Um Dietmars Erziehung in jeder anderen Kunst als der des Krieges hat man sich an Philipps Hof jedenfalls nicht sehr gekümmert.«
    »Und Ihr habt eine Tochter …«, sagte Salomon.
    »Isabelle«, bestätigte Gerlin. »Sie muss irgendwann verheiratet werden. Ich hoffe, wir finden einen Gatten für sie, der nicht zu weit weg wohnt. Ich habe schon ihre halbe Jugend verpasst, wenigstens ihre Kinder würde ich gern aufwachsen sehen.«
    Ein paar Augenblicke lang starrten beide schweigend ins Mondlicht.
    »Und was sind Eure Pläne, Salomon?«, fragte Gerlin schließlich. »Wollt Ihr … willst du … in Lauenstein bleiben? Dietmar wird dir gern deine Güter zurückerstatten …«
    Salomon wandte sich ihr zu. »Ich habe keine Pläne mehr, Gerlin«, gestand er. »Mein einziger Wunsch war, dich noch einmal zu sehen. So viele Jahre … glaub mir, es ist mir nicht leichtgefallen, mich einfach tot zu stellen. Du warst mit Florís zusammen. Und ich gönnte dir dein Glück. Auch ihm. Und Dietmar. Alles ist so gekommen, wie es kommen musste, wie es richtig war. Aber verzeih mir, ich konnte mir das nicht ansehen. Hätte ich dich mit ihm gesehen, ich wäre zerbrochen. Deshalb … bitte glaub nicht, ich hätte mir seinen Tod gewünscht. Er war mein Freund. Aber da der Ewige es nun so gefügt hat … da es mir vergönnt ist, wieder bei dir zu sein. Ich kann nicht über diese Nacht hinausdenken, Gerlin.«
    Gerlin sah zu Salomon auf. Sie erkannte seine Züge nur schemenhaft im Mondschein, aber sie meinte, den Widerschein von Gottes Lächeln zu erkennen.
    »Dann denken wir einfach nicht«, flüsterte sie und bot ihm die Lippen zum Kuss.
    Salomon zog sie zaghaft in seine Arme.
    »Feuer!« Der Schrei aus dem Burghof erreichte sie, als ihre Lippen einander berührten. »Die Treppen brennen!«
    Gerlin rannte zum Treppenhaus und sah einen schwachen Feuerschein von unten.
    »Wir müssen runter, Salomon! Schnell!« Hastig nahm sie seine Hand. »Wir kommen da noch durch …«
    Salomon schüttelte den Kopf. »Ich kann

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