Das Erbe der Vryhh
vielleicht, die Falle zu verlassen. Immerhin war sie an solche Transfers gewöhnt, denn schließlich hatte sie auch den Sprung aus der Diadem-Matrix in den Körper des jungen Mädchens gewagt. Sicher, Aleytys’ geistige Energien waren ihr dabei behilflich gewesen, doch möglicherweise war sie auch aus eigener Kraft dazu fähig …
Sie stieß gegen eine andere Präsenz. Grey griff danach. Shadith hüllte sie beide ein und gab sich alle Mühe, das kollektive Zittern zu kontrollieren. Als sich ihre Lage stabilisiert hatte, berührte sie das andere Ich. Ticutt. Der vorsichtige Ticutt, der nichts unternahm, ohne sehr gründlich darüber nachgedacht zu haben.
>Ticutt<, sagte sie. >Shadith. Eine Freundin von Aleytys. Grey ist hier bei mir.<
Ticutt versteifte sich. Und er beherrschte sich so gut, daß es in seiner Bewußtseinsspähre zu keiner spürbaren Reaktion kam.
>Hast du verstanden? Ich bin gekommen, um dich zu befreien, (leises Lachen) Das heißt, jetzt geht es dabei um uns.< Das Schweigen dauerte noch ein wenig länger an. Dann antwortete Ticutt mit langsamen und ruhigen Worten, in denen keine Regungen zum Ausdruck kamen, die er mit der für ihn typischen sorgfältigen Artikulierung »aussprach«. >Ein netter Trick. Ich hoffe, er klappt auch.< Bei den letzten Silben vibrierte die Gedankenstimme leicht, doch Ticutt hatte sich nach wie vor in der Gewalt und war nicht geneigt, das Entsetzen zu zeigen, das sicher auch ihn erfaßt hatte, wollte niemandem offenbaren, wie erleichtert er war. Grey hatte weinen und schluchzen und sich auf diese Weise von seinen selbstgeschaffenen Teufeln und Dämonen befreien können, da nur Shadith zugegen gewesen war. Ticutt jedoch mußte sich beherrschen, wenn er seine Reputation als kühler und berechnender Geist wahren wollte, wenn es ihm auch weiterhin darauf ankam, seinen Ruf als jemand zu behaupten, der selbst bei den bedrohlichsten und unheimlichsten Situationen nicht den Kopf verlor. Und außerdem wußte er um die Nähe Greys, und allein das genügte schon als Grund, sich diszipliniert zu geben.
>Gut<, sagte Shadith. >Als die Aktion begann, plante ich nicht, euch hier drin Gesellschaft zu leisten. Aber ich habe trotzdem die eine oder andere Idee. Kommt. Laßt uns Taggert finden.<
>Es hat auch ihn erwischt?< Grey sprach nun langsamer als zuvor. Er nutzte seine letzten Kraftreserven, und an diesem Ort gab es keine Möglichkeit, sie zu erneuern.
>Ja, ein Stück von uns entfernt. Linfy, weise uns ein.<
>In Ordnung.< Das Prickeln einer unhörbaren Stimme kitzelte über sie hinweg. >Erneut nach links. Weiter, noch etwas. Halt! Und jetzt direkt geradeaus.<
>Verstanden. Schließe dich uns jetzt an, Linfy. Dann versuchen wir, die Falle zu verlassen.<
>Gut.<
>Ticutt, wenn du dich darauf konzentrierst, kannst du dich bewegen. Bleib bei uns und schieb ordentliche
Diesmal kamen sie so mühelos voran, daß die Aufregung in Shadith weiter zunahm. Es war wie damals, als sie die Fähigkeiten Lees genutzt und dabei eine Energie gefühlt hatte, die ihr nur zum Teil zur Verfügung stand. Mit nicht unerheblicher Wucht prallten sie auf Taggert und wirbelten umher, stabilisierten sich dann wieder. Es kam zu einer neuerlichen Erschütterung, als Linfyar auf ihnen landete, und anschließend herrschte wieder Ruhe.
>Hallo, Tag. Ich bin’s, eine alte Bekannte.<
>Schatten. Was, zum Teufel …<
>Nicht nur ich, sondern auch Grey, Ticutt und Linfyar.<
>Grey! Alles in Ordnung mir dir?<
>Er kann dich nicht hören, Tag. Offenbar bin ich die einzige, die hier drin eine Verständigung zu ermöglichen vermag. Hm. Vielleicht auch nicht. Vielleicht bin ich eine Art Schaltstelle. Grey, Tag, Ticutt, Linfy: Konzentriert euch auf mich. Könnt ihr mich nun alle hören?<
>Ja.< >Ja.< >Ja.< >Ja.<
Hinter der Stirn Shadiths tanzten die Echos ihrer Stimmen. Sie wartete, bis sie sich wieder orientieren konnte, und dann: >Tag, fokussiere dich weiterhin auf mich und versuche, dich mit den anderen in Verbindung zu setzen.<
>Ja. Grey, kannst du mich jetzt hören?<
>Klar und deutlich. Tut mir leid, alter Knabe, daß wir uns unter solchen Umständen treffen.<
>Mir ebenfalls. Wie hat es dich erwischt?<
>Bekam eine Gelegenheit, mir den Ajin vorzuknöpfen. Schien nicht riskant zu sein. Keine Unsicherheitsfaktoren, die der Rede wert gewesen wären. Ich griff mir den Kerl - und fand mich hier wieder. <
>Mhm … Ticutt, hörst du zu?<
>Ich verstehe euch beide. Bei mir war es ähnlich. Ich hatte eine Chance, die ich mir
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