Das Erbe des Atoms
beschäftigen, und infolgedessen sind sie keine Gefahr für uns. Der Gesichtspunkt der realen Bedrohung muß aber in Zukunft der Maßstab sein, an dem unser Verhalten sich orientiert.«
Er hatte viele Mitglieder des Patronats und andere einflußreiche Männer überzeugt. Aber als sie sahen, daß der Oberherr für den Krieg war, änderten sie rasch ihre Meinung.
Die Hauptverfechter der Invasion waren Lydia, die Frau des Oberherrn, und Prinz Tews, ihr Sohn aus erster Ehe. Ihr Argument, das der Herrscher sich zu eigen machte, war, daß die Marsianer den Angriff selbst herausgefordert hätten, indem sie sich rundweg weigerten, Handelsverbindungen und andere Verbindungen mit dem Rest des Sonnensystems zu unterhalten. Wer wußte schon, welche Pläne dort geschmiedet, was für Armeen insgeheim ausgebildet oder wie viele Raumschiffe auf einem Planeten gebaut wurden, der seit mehr als einem Dutzend Jahren keine Besucher eingelassen hatte?
Es war ein wirkungsvolles Argument. Prinz Cregs trockene Erwiderung, daß für dieses Verhalten vielleicht die Methode verantwortlich sei, die das Imperium bei der Eroberung des Inselkontinents Kimbri auf der Venus angewendet hatte, brachte die Befürworter des Krieges nicht aus dem Konzept. Die Methode war einfach und wirkungsvoll gewesen. Die Bewohner von Kimbri hatten sich nach jahrelangem Widerstand bereit erklärt, Besucher in ihr Land zu lassen. Ihr Unbehagen wuchs, als innerhalb mehrerer Monate etwa dreißigtausend kräftige junge Männer einzeln und in Gruppen als Touristen eintrafen. Das Unbehagen war gerechtfertigt. Eines Nachts versammelten die Besucher sich in den drei wichtigsten Städten und griffen die strategisch wichtigen Punkte an. Vierundzwanzig Stunden später bedeckten mehr als hunderttausend tote Einwohner die Straßen ihrer Städte, und das Land war zur Kolonie geworden.
Der kommandierende General jener Expedition war Prinz Tews geworden. Seine Mutter bestand darauf, daß er bei seiner Rückkehr einen Triumphzug bekam.
Es war natürlich, daß die Lydia-Tews-Gruppe Cregs Ratschläge als ein Produkt des Neides betrachteten. Für Creg, der an seiner Meinung festhielt, kam der größte Schock, als er entdeckte, daß seine eigene Frau, Tania, die andere Partei unterstützte. Dies erzürnte ihn so, daß er ihr prompt einen Scheidungsbrief schickte. Die Prinzessin Tania, die den Krieg nur unterstützt hatte, weil sie glaubte, daß es der Karriere ihres Mannes nützen werde und damit auch ihrer Position zugute käme, erlitt daraufhin einen Nervenzusammenbruch. Eine Woche später war sie wiederhergestellt, aber ihre geistige Verfassung war so, daß sie sich während der Mittagszeit zum Hauptquartier ihres Mannes fahren ließ und ihn dort vor Hunderten von hohen Offizieren bat, sie wieder aufzunehmen. Der verblüffte Creg führte sie rasch durch eine nahe Tür, und sie versöhnten sich.
Von dieser Zeit datierte die Veränderung, die mit Prinzessin Tania vor sich gegangen war. Ihre Arroganz war verschwunden. Sie zog sich von den gesellschaftlichen Aktivitäten zurück und begann sich fast ausschließlich ihrem Haushalt zu widmen. Ihre stolze, blendende Schönheit verblaßte allmählich.
So kam es, daß es keine stolze Prinzessin, sondern eine besorgte und bekümmerte Ehefrau war, die eines Frühlingstags ihren Mann zum Abschied küßte und wenig später sein Schiff zum Mars starten sah.
Ziel der Flotte war die große Marswüste, die unter dem Namen Mare Cimmerium bekannt ist. Den Westrand der Wüste durchzog ein breiter Fluß oder Kanal, und ein von ihm ausgehendes System von Bewässerungsgräben sorgte dafür, daß grüne Vegetation auf viele Kilometer Wüste und Trockensteppe zurückdrängte. Oslin, eine der fünf wichtigsten Städte der Marsianer, lag in einem Tal an einem Punkt, der von einer großen Flußschleife schützend umschlossen wurde.
In einem Sinne waren die Kanäle tatsächlich Flüsse. Im Frühling floß das Wasser in ihnen gleichmäßig von Norden nach Süden, wurde allmählich langsamer und zeigte im Hochsommer keine Bewegung mehr. Oslins Einwohnerzahl betrug nach Agentenmeldungen etwa eine Million. Die Einnahme dieser Stadt und der großen und bedeutenden Flußoase würde für die Marsianer ein vernichtender Schlag und für die Eroberer ein beispielloser Erfolg sein.
Nach einwöchiger Reise landete die Flotte mitten in der Nacht einige zehn Kilometer von den Außenbezirken der Stadt entfernt zwischen Buschwerk und auf offenem Feld. Gefährliche
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