Das Erbe des Atoms
sich die Einsicht durch, daß eine Rückkehr nach Linn nicht in Frage kam. In der Heimat würde man es anders sehen. Man würde sagen, daß er sich als Heerführer entehrt habe. Schließlich hatte er den Angriffspunkt ausgewählt, obwohl er die Kampagne als Ganzes mißbilligt hatte. Und das war ein weiteres Problem. Man könnte ihm nachsagen, daß er den Feldzug absichtlich habe scheitern lassen, weil er von vornherein gegen den Krieg gewesen sei. Nein, er konnte nicht nach Linn zurück. Er mußte warten, bis die Flotte in ungefähr zwei Wochen Verstärkungen heranschaffen würde.
Am vierten Tag begann das Wasser knapp zu werden. Die marsianischen Streitkräfte schienen das strategische Ziel zu verfolgen, die Eindringlinge von den bewässerten Gebieten fernzuhalten, und da sie die erdrückende Übermacht besaßen, gelang ihnen dies. Am Abend des vierten Tages kämpften Cregs Soldaten auf lockerem Sand. Ringsum war flache rote Wüste, so weit das Auge reichte. Irgendwo dort draußen gab es nach ungefähr neunzehn Tagesmärschen einen weiteren Wasserlauf, aber Creg dachte nicht daran, seine Armee solchen Risiken auszusetzen. Zwanzigtausend Menschen brauchten eine Menge Wasser.
Es war das erste Mal in Cregs militärischer Karriere, daß er von jeder Wasserzufuhr abgeschnitten war. Das Problem begann die Züge einer Katastrophe anzunehmen, als vier von den fünf Raumschiffen, die Wasser herbeischaffen sollten, kurz vor der Landung explodierten und die Wüste und die unglücklichen Soldaten unmittelbar unter ihnen mit kochendem Wasser übergossen. Ein Schiff landete unbeschädigt, aber das Wasser an Bord begann zu kochen, und das Schiff konnte nur gerettet werden, indem die Besatzung die Luftschleusen öffnete und das siedende Wasser auslaufen ließ.
Der beinahe gekochte Kommandant kam zitternd aus dem Brückenraum und meldete sich bei General Creg. »Wir taten, wie Sie befohlen hatten, Sir. Räumten das Schiff aus und tauchten es ins Kanalwasser, um es vollaufen zu lassen. Wir kamen auch wieder hoch, aber das Wasser begann sich sofort zu erhitzen.«
»Wie sollte es sich erhitzen?«
Der Schiffskommandant fluchte. »Es sind diese verdammten Wassergötter, die die Marsianer verehren. Sie müssen es getan haben.«
»Unsinn«, sagte Creg. Und er ließ den Mann von vier Offizieren zu seinem Schiff zurückgeleiten.
Es war eine vergebliche Vorsichtsmaßnahme. Andere Soldaten waren auf die gleiche Idee gekommen. Die Wassergötter der Marsianer hatten das Wasser gekocht, und so waren die Schiffe explodiert. In einer improvisierten Ansprache erklärte Creg, daß sich das Wasser in den gewöhnlichen Wassertanks der Schiffe nicht erhitzt habe. Aber das Argument schien die Leute nicht zu überzeugen. Am sechsten Tag begann die Lage kritisch zu werden, weil die restlichen Versorgungsschiffe für den Wassertransport nicht ausreichten und überdies von feindlichen Maschinen angegriffen wurden. Creg begriff, daß er die Ankunft der Nachschubflotte nicht abwarten konnte. Er entschied sich für einen Plan, der ihm schon als Ausweichmöglichkeit eingefallen war, als er Oslin als Angriffsziel ausgewählt hatte. Der Plan basierte auf einer Beobachtung, die er als junger Mann bei einem Besuch auf dem Mars gemacht hatte. Während einer Flußreise auf dem Oslin-Kanal hatte er damals eine Stadt namens Magga bemerkt. Sie war ihm aufgefallen, weil sie auf steilen Felsen über einer Talenge lag, umgeben von unzugänglichen, felsigen Hügeln. Auf der Landseite gab es nur vier Zugänge, die alle leicht zu verteidigen waren. Damals, vor zwanzig Jahren, hatte die Stadt eine Garnison gehabt. Aber Creg ging davon aus, daß es seiner Streitmacht gelingen müsse, sie zu überwältigen und die Stadt im Handstreich zu nehmen, es sei denn, der Gegner hätte die Garnison bedeutend verstärkt. Es gab einen weiteren Faktor, der sich zu seinen Gunsten auswirkte, obwohl er zur Zeit seiner Entscheidung nichts davon wußte. König Winatkin konnte trotz gewisser Informationen seitens seiner Agenten noch immer nicht glauben, daß die Hauptstreitmacht der Invasoren von der Erde bereits geschlagen war. Er rechnete stündlich mit der Landung weiterer, größerer Truppenmengen und hielt seine eigenen Streitkräfte im Umkreis von Oslin beisammen.
Magga wurde einen Tag später kurz nach Mitternacht eingenommen. Am Morgen waren die Truppen mit einem reichlichen Wasservorrat versehen und bereit, einer Belagerung standzuhalten. Als die Flotte eine Woche später
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