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Das Erbe des Blutes - Roman

Titel: Das Erbe des Blutes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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den Grabstein. Mit der rechten Hand verrieb er ihn dann, bis die ganze Vorderseite mit einer dünnen Schicht bedeckt war. Dann nahm er den Wischer und fuhr damit leicht wie beim Fensterputzen von links nach rechts über den Stein. Auf diese Weise verschwand der Schaum bis auf die Stellen, wo er in der Gravur der Inschrift haftete.
    Dann trat er einen Schritt zurück. Menthol, »die bestmögliche Rasur«, hatte die Inschrift jetzt in Weiß sichtbar gemacht.
     
    CORNELIUS TIPLADY 1845-85
ER WAR EIN TREUES MITGLIED DER KIRCHE:
EIN FREUND DES HERRN; JEMIMA ZEITLEBENS EIN LIEBENDER
GATTE UND EIN NACHSICHTIGER VATER.
DER GLAUBE TRIUMPHIERT üBER DEN TOD:
SÜSS IST DIE ERINNERUNG AN JENE, DA WIR WISSEN,
DASS SIE SCHLAFEN, UM WIEDERAUFZUERSTEHEN.
     
    Jemima. Das bewies alles. Cornelius und seine letzte Ruhestätte waren endlich gefunden. Nun hatte er genügend Details über sein Leben herausgefunden, um für seine Kundin einen anständigen Bericht schreiben zu können. Er kritzelte das Epitaph ins Notizbuch, packte alles wieder in die Tasche und tilgte seine Spuren auf dem Grab. Außer dem verrückten Krächzen der Krähen und dem Wind, der das Laub rascheln ließ, war nichts zu hören.
    Bevor er ging, schaute er noch einmal schuldbewusst auf das durch den Schaum hell leuchtende Grab. Die Chemikalien konnten bis in die Poren des Steins eindringen und
zu dauerhaftem Schaden führen. Zum x-ten Mal an diesem Morgen blickte er zum grauen Himmel empor. Vergiss die Sonne, dachte er, was ich jetzt brauche, ist ein kräftiger Regenschauer.

3
    Heather wartete vor dem Autopsieraum in Kensington auf Foster. Es ging auf Mittag zu. Er hatte sich wegen der Vernehmung der beiden bekifften Kids, die über die Leiche gestolpert waren, verspätet.
    »Haben sie etwas gesehen?«, fragte sie hoffnungsvoll.
    Die Antwort konnte sie unmittelbar von Fosters Gesicht ablesen, denn er vermochte seinen Unmut nicht zu verbergen. Fosters faltiges, verknittertes Gesicht schien sich zu verfinstern. Er kräuselte die Lippen, und seine düster blickenden braunen Augen verengten sich zu Schlitzen. Jahre zuvor hatte ihm eine Exfreundin, der er keine Träne nachweinte, einmal gesagt, er habe da »eine hübsch hässliche Sache am Laufen«. Ob sie den Satz als Beleidigung oder Kompliment meinte, wusste er immer noch nicht.
    »Die waren kaum in der Lage, die eigene Mutter zu erkennen«, schimpfte er. »Hab sie bei einem Zeichner gelassen. Auf dem Weg zum Kirchplatz haben sie ein paar Leute gesehen. Aber bei dem Stinkzeug, das sie geraucht haben, würd es mich nicht wundern, wenn wir’ne Skizze von Tiffy bekommen.«
    Sie setzten ihre Masken auf, die Nase und Mund bedeckten, atmeten tief ein und betraten dann den makellosen, komplett weiß gekachelten Raum. Der Geruch nach Desinfizierungsmittel hing in der Luft und überdeckte beinahe
den aufdringlichen Todes- und Verwesungsgestank. Ein paar Leute machten sich an James Darbyshire zu schaffen, dessen toter Körper nackt und ohne Hände rücklings auf dem Seziertisch lag. Den Brustkorb hatte man noch nicht geöffnet. Darüber war Foster froh. Er wollte sich den Leichnam so ansehen, wie man ihn gefunden hatte, bevor Carlisle dann die Haut wie eine Fruchtschale abzog und das Fleisch mitsamt den inneren Organen zum Vorschein brachte. Manchmal, wenn Foster herkam, lagen die Organe bereits in Metallschalen und warteten darauf, gewogen und untersucht zu werden. Ihm machte es nichts aus, mit Toten umzugehen. Er konnte eine Leiche intensiv betrachten und so vielleicht etwas in Erfahrung bringen, egal, wie schwer verletzt sie auch sein mochte. Aber das Sägen und Zerteilen, das bei den meisten Autopsien dazugehörte, ließ Übelkeit in ihm aufsteigen. Deshalb schaute er sich die Leiche lieber vorher an und las später, was man herausgefunden hatte.
    Edward Carlisle begrüßte sie mit einem kurzen Nicken und bedeutete ihnen ihm zur Leiche zu folgen. Foster warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass Heather okay war. Ihre Blicke trafen sich, aber sie schaute ihn ungeduldig an, als ob seine Sorge ihr unangenehm wäre.
    »Hier ist sie. Selbstverständlich habe ich ihn mir innen noch nicht angeschaut, aber es ist wohl, wie ich schon angedeutet habe, unstrittig, dass die Todesursache eine einzige Stichwunde ins Herz war. Hier.« Er deutete auf eine fünf Zentimeter lange Wunde ein Stück rechts von der Mitte des Brustkorbs. »Nachher kann ich noch Genaueres sagen. Und was die Hände angeht, da bin ich mir

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