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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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im Zuge von Paperclip in die Vereinigten |353| Staaten gekommene Hubertus »Strugi« Strughold dreißig deutsche Experten des Fachgebiets und Wissenschaftler seines Vertrauens um sich versammelt hatte. Als letzte hatte er Herbert Gerstner, der in der sowjetischen Zone geblieben war, und die zuvor schon in den Westen gegangene Katharina dorthin geholt.
    Keiner der Deutschen war Augenspezialist gewesen, weshalb Katharina dem interessierten Strughold von Ingrid erzählte, als dieser im Jahr 1951 mit seinen Erblindungsversuchen begann. Durch diese Untersuchungen sollte herausgefunden werden, welche Auswirkungen der Atomblitz auf die Augen von Soldaten und Piloten haben würde.
    An einem schönen Frühjahrstag war Ingrid nach San Antonio zum Stützpunkt Randolph gefahren. Das Wiedersehen mit Katharina war sehr sentimental gewesen. Das letzte Mal hatten sie sich in den letzten Kriegstagen in Berlin gesehen. Katharina war mit Hans in die sowjetische Besatzungszone geraten, vier Jahre später waren sie in den Westen gegangen und hatten sich scheiden lassen. Unmittelbar danach war Katharina in die Vereinigten Staaten übergesiedelt.
    Ingrid beteiligte sich an der Planung der Blitztestreihe und suchte für die Forschungsgruppe einen amerikanischen Augenarzt aus. Von der sechs Jahre andauernden Versuchsreihe trugen sechs Probanden einen dauerhaften Augenschaden davon.
    Im Herbst 1951 besuchte Katharina ihre Freunde Ingrid und Rolf in Huntsville. In Ingrids Augen fiel das Wiedersehen von Rolf und Katharina sehr zurückhaltend aus. Rolf war damals still und niedergeschlagen, aber Ingrid hatte keine Zeit, ihrem Mann besondere Aufmerksamkeit zu schenken, denn die Arbeit bei der Versuchsreihe der Atomenergiekommission beanspruchte ihre gesamte Energie.
    Auf dem Bikini-Atoll und in der Wüste von Nevada wurden Atombomben gezündet, wobei wissentlich Tausende Soldaten als Versuchspersonen dem radioaktiven Niederschlag ausgesetzt wurden. Die weit reichenden Auswirkungen der Explosion versuchte |354| man mit unterschiedlichen Methoden zu erfassen. So wurde in Idaho beispielsweise vorsätzlich eine Wiese mit radioaktivem Jod verseucht. Dort ließ man mehrere Tage lang Kühe weiden, deren Milch man dann Versuchspersonen zu trinken gab.
    Rolf war entsetzt über diese Studien, was Ingrids Meinung nach unlogisch war. Aber je mehr Atomexplosionen durchgeführt wurden, umso besorgter wurden auch Ingrid und ihre Kollegen. Schließlich beobachtete man bei Versuchen, die 1956 in England und Wales durchgeführt wurden, dass die Gebärmutter, in der sich schnell teilende Zellen befanden, besonders anfällig für Strahlung war. Man begriff, dass der Fallout der Atombombenversuche wesentlich gefährlicher war als bislang angenommen.
    Es musste herausgefunden werden, wie groß die Gefahr war, die der Menschheit durch Atomtests in der Atmosphäre drohte. Das einzige Mittel, Aufschluss über den sich anreichernden Niederschlag zu erhalten, bestand darin, Gewebeproben zu sammeln. Ingrid war dabei, als die »Operation Sonnenuntergang« geplant wurde, bei der Körperteile von fünfzehntausend toten Menschen aus allen Teilen der Welt gesammelt und untersucht wurden. Die Resultate waren eindeutig. Die Tests in der Atmosphäre mussten eingestellt werden. Nach großen Anstrengungen geschah dies auch, und die künftigen atomaren Versuche wurden in den Vereinigten Staaten unter die Erde verlegt.
    Ingrid stand von der Couch auf und ging zu dem Regal, auf dem gerahmte Bilder von Erik als Kind, als Schuljunge und als Student standen. Sie betrachtete ein Foto, das Erik lächelnd und rotwangig vor dem Hauptgebäude von Cold Spring Harbor zeigte.
    War ihr Verhältnis nun für immer zerstört?, dachte Ingrid – und es brach ihr das Herz.
    Als wäre es gestern gewesen, erinnerte sie sich an den Tag im Jahr 1957, als ihr die Schwangerschaft bestätigt wurde. Es war für sie und Rolf ohnehin ein umwälzendes Jahr gewesen. Die |355| Sowjetunion schockierte die Amerikaner, indem sie den Satelliten Sputnik auf die Erdumlaufbahn schickte. Zu allem Überfluss war die leistungsstarke Trägerrakete, die den Sputnik ins All brachte, auch in der Lage, eine Atombombe über eine weite Strecke zu transportieren.
    Das machte dem amerikanischen Weltraumprogramm Beine. Es wurde beschlossen, den Vorsprung der Sowjetunion bei der Eroberung des Weltalls unter Einsatz aller Ressourcen aufzuholen. Das Wettrennen der Supermächte brachte der kleinen Familie Narva in jenen Jahren neben Eriks

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