Das Erbe des Greifen
im Raum unter uns eine Falle war?«
Knorre zuckte mit den Schultern.
»Doch, aber als ich den Schrank damals durchsucht habe, war da war nichts außer der Bettwäsche.«
»Und hinter dem Schrank?«, wollte Argor wissen. »Was habt Ihr dort im Fach in der Wand gefunden?«
»Fach in der Wand?«, fragte Knorre überrascht. »Es gab keine Geheimfächer in der Wand des Schrankzimmers. Ich habe danach gesucht, wenn auch eher flüchtig«, gestand er zuletzt.
»Nun, dort ist aber eines. Ein geheimes Fach, meine ich. Es war nicht schwer zu finden. Jeder Zwerg hätte es im Stein gefühlt.«
Knorre legte den Kopf auf die Seite und musterte Argor interessiert.
»Na, wenn das so ist …«
»Einen Schatz habe ich mir anders vorgestellt«, meinte Argor enttäuscht, nachdem sie die kleine Holzschatulle aus dem Fach in der Wand geborgen hatten und sie unter Knorres geschickten Händen mit einem leisen Klicken aufgesprungen war.
»Da täuscht Ihr Euch, Freund Argor«, stellte Knorre fest, als er den silbernen Armreif und den Kettenhandschuh aus schwarzem Stahl mit einem Leuchten in den Augen betrachtete. »Euer Gewicht in Gold wäre weit weniger wert.« Mit spitzen Fingern nahm Knorre den Armreif aus der Schatulle und wog ihn in der Hand.
»Es gibt Schriften und magische Abhandlungen über diese beiden Gegenstände. Bis heute galten sie als verloren, und ich habe schon seit Ewigkeiten nach ihnen gesucht. Wisst Ihr, beide sind von meinem Vorfahr angefertigt worden, wurden aber irgendwann gestohlen.«
»Von ebenjenem Vorfahr, der noch verrückter war, als Ihr?«
»Genau von jenem«, schmunzelte Knorre. »Aber spottet nicht zu sehr. Dieses Armband hier könnte gerade Euch sehr nützlich sein.«
Der Zwerg hob abwehrend die Hand.
»Ich will mit Magie nichts zu tun haben.«
»Auch nicht, wenn sie Euch vor dem Ertrinken bewahren kann?«, hakte Knorre nach. »Dieser Armreif erlaubt Euch, unter Wasser zu atmen.«
Argor sah den Armreif argwöhnisch an.
»Ich habe in den nächsten zweihundert Jahre nicht vor, mich auch nur einer Pfütze zu nähern. Was vermag der Handschuh zu tun?«
»Ihr wisst von den Animatons, die es in Alt Lytar gab?«
Argor nickte. Er konnte sich noch gut an die metallenen Tierungeheuer im Depot erinnern.
»Damit kann man sie kontrollieren. Jeden Einzelnen von Ihnen.« Knorre legte den Armreif wieder in die Schatulle zurück und klappte sie zu. »Mein Vorfahr fertigte ihn, als er herausfand, dass die Animatons, ähem, unzuverlässig waren.«
»Unzuverlässig ist eine schmeichelhafte Umschreibung.« Argors buschige Augenbrauen zogen sich zusammen. »Dann, denke ich, würde Belior wohl alles dafür geben, diesen Handschuh zu besitzen?«
»So ist es, mein junger Freund. Zumal es in Berendall noch ein Animaton gibt, einen Golem, der früher die Stadt verteidigte. Doch heutzutage weiß niemand mehr, wie er zu bedienen ist. Mit diesem Handschuh allerdings wäre das anders.« Er reichte die Schatulle an Argor weiter, der sie zunächst nicht nehmen wollte. »Ihr habt noch beide Beine zur Verfügung, und die Magie wird Euch wohl kaum versuchen. Verwahrt also die Schatulle, und seht zu, dass Belior sie nicht in die Hände bekommt!«
»Das«, sagte Argor mit einem finsteren Gesichtsausdruck, als er die Schatulle an sich nahm, »wird nicht geschehen. Aber was jetzt?«
»Noch einhundertundeine Stufen bleiben! Dann suchen wir eine alte Freundin von mir auf. Sie wird uns weiterhelfen. Hoffe ich wenigstens«, fügte Knorre leise hinzu.
»Was ist mit den Wachsoldaten?«
»Die werden froh sein, Abstand vom Turm halten zu können.« Knorre lachte. »Aus irgendeinem Grund haben die meisten Leute Angst davor, ihn zu betreten. Nach dem letzten Vorfall wurde er sogar zugenagelt.«
Argor warf einen kurzen Blick auf die in den Boden eingeschmolzenen braunen Knochenreste des Magiers.
»Irgendwie kann ich das sogar verstehen.«
»In den Balladen, die ich kenne, brechen sich die Helden niemals ein Bein«, stellte Lamar erheitert fest. »Da springt zwar auch mal einer aus einem Turm oder von einer Klippe, aber es geschieht ihm niemals etwas.«
»Wenn Ihr eine Ballade hören wollt, nur zu«, lachte der Geschichtenerzähler. »Ich habe da einen Neffen, der diese vortrefflich vorzutragen versteht.«
»Nur bin ich dazu jetzt zu faul!«, rief ein junger Mann, der etwas von ihnen entfernt an einem Tisch saß, und hob grinsend seinen Becher zum Gruß. »Erzähle du nur weiter, Onkel.«
»Nun, in meiner Geschichte«,
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