Das Erbe des Loewen
es käme von dem Opfer, als sie jedoch um die Ecke der Mauer bog, sah sie den Kampfplatz mit Menschen überfüllt. MacLellans und Söldner reckten gleichermaßen die Hälse, um einen besseren Blick auf das Schauspiel zu erlangen.
„Lasst mich durch.“ Mit den Ellenbogen bahnte sich Laurel einen Weg durch die Menge. Da stand, die Hände über sich an die Pfosten gebunden, die sonst die Stechpuppen hielten, ein dunkelhaariger Mann, nackt bis zur Taille. Eine lange rote Spur zog sich über seinen muskulösen Rücken.
„Mach schnell, damit ich es hinter mich bringe“, keuchte der Mann. Gerade als er sprach, spürte er, dass der Lederriemen erneut nach ihm züngelte.
Der Fremde zuckte unter dem Schlag zusammen. Die Menge raunte mitleidsvoll.
Laurel rang vor Wut nach Luft, dann, ehe der Unhold erneut zuschlagen konnte, stellte sie sich ihm in den Weg. „Aufhören!“ schrie sie und zog die Blicke aller auf sich. Sie indes sah nur die violetten Augen, die ihr Gegenüber bei ihrem Anblick erbost zusammenkniff. „Sofort aufhören. Hier wird niemand ausgepeitscht.“
„Offensichtlich hat man in deinem Fall zu oft auf die Peitsche verzichtet, Mistress“, fuhr Kieran sie an. „Doch dieser Mann gehört zu mir, um ihn zu stra...“
„Nein. Er ist nun meines Großvaters Mann“, entgegnete Laurel. „Und ich lasse es nicht zu, dass die Leute meines Großvaters unter deiner widerwärtigen Behandlung leiden. “
„Geh zur Seite“, wies Kieran sie an. Seine Knöchel traten weiß hervor, als er den Griff der Peitsche fest umschloss. Sein Gesicht war gerötet vor Zorn.
Heilige Jungfrau, er bietet einen fürchterlichen Anblick. Laurel verschränkte die Arme über ihrer Brust aus Furcht, er könn-te sehen, wie heftig ihr Herz pochte. „Nein“, antwortete sie mit mehr Mut, als sie in Wahrheit hatte.
„Zur Hölle, Weib. Weißt du, was du tust?“
„Lass meine Schwester zufrieden!“ rief eine schrille Stimme. Malcolm stürmte durch die Menge und warf sich vor Laurel, als ob seine schwachen Ärmchen sie davor schützen könnten, dass der große, düstere Ritter ihr ein Leid zufügte.
Laurels eigene Angst war vergessen. Malcolm war ein wilder Junge. Ein kleiner Krieger, der unter Friedensstiftern aufwuchs. Ein Erbe jenes Kreuzritters, der sich vor langer Zeit in diesem Tal niedergelassen hatte. Doch er würde Kieran nicht ebenbürtig sein. „Collie, ich komme schon zurecht.“ Sie versuchte, vor ihren Bruder zu treten.
„Nein. Obwohl Großvater mich nicht mit den Männern ausreiten lässt, bin ich hier der Laird an seiner Stelle. Ich kümmere mich darum“, ergänzte er. Mit seinen blassen blauen Augen, umgeben von einem Meer von Sommersprossen, wirkte er erwachsener, als er war. Sie fühlte, wie er bebte, als er die Schultern straffte und seine Aufmerksamkeit wieder Kieran zuwandte, doch seine Stimme war kräftig. „Behellige meine Schwester nicht, und hör auf, jenen Mann zu schlagen.“
„Und wer bist du, Bursche?“ forderte Kieran zu wissen. Malcolm schrak zusammen, doch er stand felsenfest. „Ich bin Malcolm MacLellan, Erbe dieser Ländereien und Laird an der Stelle meines Großvaters“, wiederholte er.
Kieran betrachtete Malcolms schlanke Gestalt von den spindeldürren Beinen bis zu seinem roten Haarschopf. Laurel hielt den Atem an, als sie sich erinnerte, mit welchem Spott Aulay ihren Bruder behandelt hatte. Kieran spottete nicht, sondern neigte respektvoll den Kopf. „Ich bin Kieran Sutherland, von deinem Großvater verpflichtet, die Wegelagerer zur Strecke zu bringen.“
„Wirklich?“ Collie sah ihn überrascht an. „Kann ich mit dir kommen?“
„Collie!“ rief Laurel. „Du wirst nichts dergleichen tun.“
„Es ist mir nicht erlaubt, ein Schwert zu führen“, sagte Collie, und sein bewundernder Blick haftete auf Kieran. „Aber ich kann geschickt mit Pfeil und Bogen umgehen.“
Kieran zog die schwarzen Brauen hoch. „Du musst doch schon sieben oder acht sein. Ich war in diesem Alter Page und geübt mit Schwert und Lanze. Warum habt ihr nicht darauf geachtet, dass er eine ordentliche Ausbildung bekommt?“ Er richtete seinen eisigen Blick auf Laurel.
„Seine Erziehung ist nicht deine Angelegenheit“, antwortete Laurel.
„Und die Maßregelung meiner Männer geht dich nichts an. Ich schlage vor, du kümmerst dich um den Umgang mit Nadel und Faden.“
„Nur wenn ich dir das Maul zunähen kann.“
Ein Raunen ging durch die Menge. Kieran wurde rot.
Rhys lachte. „Vielleicht
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