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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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warteten in sicherer Entfernung.
    Esk schritt auf das nächste zu. Es versuchte zu fliehen, verlor das Gleichgewicht und stürzte.
    Die Dinge mochten häßlich und böse sein. Aber wenn sie sich bewegten, offenbarten sie die gleiche anmutige Eleganz wie ein Hecht an Land.
    Esk bedachte sie mit einem durchdringenden Blick und betrachtete dann die Scheibenwelt in der Pyramide. Die allgemeine Aufregung schien ihre erhabene Ruhe in keinster Weise zu stören.
    Es war dem Mädchen gelungen, nach draußen zu gelangen – wenn die graue Wüste tatsächlich das Draußen darstellt und die Scheibenwelt das Drinnen verkörpert. Aber wie sollte es zurückkehren?
    Jemand stimmte ein seltsames Lachen an. Es klang wie …
    Nun, im Grunde gibt es nur eine Bezeichnung dafür: P’ch’zarni’chiwkov. Dieses Wort kann leicht zu Kehldeckelentzündungen führen und wird deshalb auf der Scheibenwelt nur selten ausgesprochen. Normalerweise machen nur hochbezahlte linguistische Künstler Gebrauch davon – und natürlich die K’turni, die diese Bezeichnung erfunden haben. Es fehlt ein geeignetes Synonym, obgleich der Cumhoolie-Ausdruck ›schkfernt‹ (›genau jene Art von Gefühl, die sich in einem regt, wenn man feststellen muß, daß der vorherige Benutzer des Aborts kein Papier übriggelassen hat‹) einen ungefähren Eindruck von der Tiefe der Gefühle vermittelt. Die sinngemäße Übersetzung lautet folgendermaßen: das abscheuliche Geräusch eines Schwerts, das genau in dem Augenblick hinter einem aus der Scheide gezogen wird, wenn man glaubt, den letzten Gegner erledigt zu haben.
     
    Allerdings behaupten einige K’turni, dies lasse mehrere wichtige Bedeutungsaspekte unberücksichtigt, zum Beispiel den Ausbruch von kaltem Schweiß, vorübergehenden Herzstillstand und eisiges Schaudern.
    Um ein solches Lachen handelte es sich.
    Esk drehte sich langsam um. Simon schwebte mit geschlossenen Augen über den Sand, die Hände fordernd ausgestreckt.
    »Hast du wirklich geglaubt, es sei so einfach?«, fragte er beziehungsweise etwas: Es klang nicht nach Simons Stimme. Eher hörte es sich an, als sprächen mehrere Personen gleichzeitig.
    »Simon?«, brachte Eskarina unsicher hervor.
    »Wir brauchen ihn nicht mehr«, sagte das Ding in der Gestalt des jungen Mannes. »Er hat uns den Weg gewiesen, Kindchen. Gebt uns jetzt, was uns gehört!«
    Das Mädchen wich zurück.
    »Ich glaube, die Pyramide gehört euch gar nicht«, erwiderte Esk. »Wer auch immer ihr seid.«
    Das Gesicht vor ihr schlug die Augen auf. Eskarina sah keine Pupillen, nur Schwärze: zwei winzige Tore ins Nichts.
    »Wir könnten versprechen, dich zu verschonen, wenn du uns den Kristall gibst. Wir könnten behaupten, dich in deiner eigenen Gestalt zurückkehren zu lassen. Aber vermutlich hätte das nicht viel Sinn, oder?«
    »Ich würde euch nicht glauben«, sagte Esk. »Das dachten wir uns schon.«
    »Dann wäre dieser Punkt wohl erledigt.«
    Das Simon-Etwas lächelte.
    »Du schiebst das Unausweichliche nur hinaus«, grollte es. »Ist mir recht.«
    »Und wenn wir uns die Pyramide einfach nehmen?«
    »Versucht es doch! Ich bin sicher, dazu seid ihr gar nicht in der Lage. Ihr könnt sie nur dann bekommen, wenn ich sie euch freiwillig gebe, stimmt’s?«
    Die Wesenheiten wechselten stumme Blicke.
    »Du wirst sie uns geben«, sagte das Simon-Ungeheuer.
    Einige der anderen Dinge wagten sich näher. Mit gräßlich ruckartigen Bewegungen stakten sie heran.
    »Irgendwann fallen dir vor Müdigkeit die Augen zu«, fügte das Knurren aus Simons Mund hinzu. »Wir können warten. Wir sind sehr geduldig.«
    Der junge Mann – beziehungsweise das, was sich in seinem Körper verbarg – wandte sich plötzlich nach links, aber Esk ließ sich nicht überraschen. Ihr Blick folgte ihm.
    »Ihr braucht gar nicht zu versuchen, mich einzuschüchtern«, entgegnete sie. »Ich träume dies alles nur. Und in Träumen kann man sich nicht verletzen.«
    Das Ding zögerte und musterte sie blicklos.
    »In deiner Welt gibt es ein bestimmtes Wort. Wie heißt es doch noch? Ah, ja: ›psychosomatisch‹. Sagt dir dieser Begriff etwas?«
    »Ich höre ihn zum erstenmal.«
    »Anders ausgedrückt: Du kannst im Traum verletzt werden. Und was noch viel interessanter ist: Wenn du in deiner Vision stirbst, bleibst du hier. Das wäre schöööön.«
    Esk sah zu den fernen Bergen hinüber, die sich wie halb geschmolzene Schlammbuckel am frostigen Horizont duckten. Nirgends wuchsen Bäume, und es ragte auch kein einziger

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