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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
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meine, nach allem, was du durchgemacht hast. Die Sache mit Schönemann, deine Entführung, der Stollen, einfach alles. Du hast das einfach noch nicht verarbeitet. Wie auch?“
    „Apropos Schönemann.“ Anne erzählte ihm von dem Anruf. Hannes konnte nur fassungslos   den Kopf schütteln. „Wahrscheinlich hast du recht.“ Anne lehnte sich an ihn. „Ich brauche einfach mehr Zeit.“
    „Ich wüsste da noch was“, meinte Hannes zögerlich. „Fängst du schon wieder damit an?“, fiel sie ihm ins Wort. „Hannes, ich ziehe nicht zur dir nach Bekond! Ich muss das allein schaffen, weglaufen bringt doch nichts!“ Anne war vom Sofa aufgesprungen und marschierte vor Hannes auf und ab. „Ist ja schon gut“, lenkte er ein, „einen weiteren Versuch war’s wert.“
    „Ich packe meine Sachen.“ Blitzschnell hatte sich Anne umentschieden und verschwand ins Schlafzimmer. „Aber nur fürs Wochenende“, plapperte Hannes hinterher, „habe schon kapiert! Und beeile dich, Schatz, Paula wartet bestimmt schon sehnsüchtig.“
    Bepackt mit zwei Reisetaschen für drei Tage ließ Anne sich eine Viertelstunde später auf Hannes Beifahrersitz plumpsen. Hannes zerknüllte den unvermeidlichen Strafzettel fürs Falschparken und schnippte ihn auf den Rücksitz.
    „Sag mal, müssen wir morgen dahin gehen?“ Anne dachte mit Schrecken an den folgenden Nachmittag. „Ich hasse solche Veranstaltungen.“
    Hannes ordnete sich in den Verkehr in der Windmühlenstraße ein. „Du musst nicht, ich schon. Schließlich ist es nicht irgendeine Beerdigung. Martin Krischel war mein Jagdkollege. Da gehört es sich einfach hinzugehen. Außerdem …“ Hannes unterbrach sich. „Was?“, fragte Anne auffordernd. „Hauptkommissar Lenz hat mich gebeten, mich umzusehen. Wer alles so da ist …“
    „Ich hab gedacht, du hättest ihm deine Hilfe bei diesem Fall abgesagt!“, erwiderte Anne entrüstet. „Da ist doch nichts dabei!“, rechtfertigte sich Hannes. „Ich wäre doch sowieso hingegangen.“
    Vielleicht ist der Mörder ja wirklich morgen dabei, dachte Hannes ängstlich. Der, der es eigentlich auf mich abgesehen hatte. Morgen hätte auch meine Beerdigung sein können. Hannes spürte die Angst im Nacken sitzen. Wie so oft in letzter Zeit. Er blickte Anne von der Seite an. Nicht nur du leidest unter Verfolgungswahn! Aber er konnte nicht mit ihr darüber sprechen. Sie würde ihn mit ihrer Angst nur zusätzlich wahnsinnig machen. Er musste einen kühlen Kopf bewahren.
    Chronik der Familie Steinmetz, III
    1687
    Die Nacht wirkte hell unter dem vollen Mond. Vollkommen erschöpft rastete ich im Gras und blickte den sanften schwarzen Wellen nach, die leise an das Ufer der Mosel schwappten. Der Schmuckbeutel ruhte neben mir, und ich versuchte, mein Bein so zu legen, dass es nicht gar so arg schmerzte.
    Ich blickte an mir herab und verzweifelte. Nichts hatte ich am Leibe außer dieser Dragoneruniform. Sehnsuchtsvoll betrachtete ich die Häuser einer Ortschaft, die nicht weit entfernt von mir lag.
    Aber mit dieser auffälligen Kleidung konnte ich unmöglich in dieses Dorf. Mein Magen krümmte sich vor Hunger. Schwerfällig erhob ich mich, um wenigstens ein paar Schlucke Wasser aus dem Fluss zu trinken.
    Ich beugte mich eben über die Wasserfläche, als ich mit Entsetzen ein verschwommenes Gesicht neben mir sah. Eine verzerrte Fratze spiegelte sich auf den Wellen.
    Blitzschnell und voller Todesangst wandte ich mich um und stieß die Gestalt von mir. Mit aller Kraft. Der Angreifer taumelte ein paar Schritte zurück.
    Jetzt begriff ich; es war der Mann, der Boltera begleitet hatte. Nur trug er jetzt ein schmutziges Tuch vor Mund und Nase. Und darum erkannte ich ihn nun auch zum zweiten Male: Er war einer der Halunken, von denen wir überfallen worden waren.
    Mein Herz füllte sich mit rasender Wut und Hass auf diesen Abschaum.
    Was hatte Boltera mit diesem Gesindel zu schaffen? Mich beschlich ein ungutes Gefühl. Hatte etwa Boltera den Auftrag für diesen Überfall gegeben? Wollte er den Schatz für sich? Hatte er zu diesem Zweck seinen besten Freund verraten und verkauft? Ich konnte es mir kaum vorstellen. Doch Boltera kannte die Route, die wir nehmen wollten. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen.
    Und nun hatte ich ihm alles vereitelt, hatte den teuflischen Plan zerstört. Denn ich lebte, und ich trug den Schmuck bei mir.
    Ich sah blanken Stahl aufblitzen. Der Mörder vor mir hatte zwischenzeitlich ein Messer gezückt. Vor meinem geistigen Auge sah

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