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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Kirchen
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ich Ambrosius im Gras liegen, blutüberströmt, die Axt in seinem Kopf. Tot. Unbändige Wut verlieh mir die Kraft, die ich brauchte: Mit aller Macht stürzte ich mich brüllend auf meinen Gegner.
    Ich kämpfte in Raserei, Trauer und Hass. Und gewann die Oberhand. Ich schaffte es, den Mann zu Boden zu werfen, griff blitzschnell nach dem Messer, das ihm dabei aus der Hand gefallen war. Doch schon war er wieder auf den Beinen und griff mich von Neuem an. Bald wälzten wir uns beide auf dem Boden. Jedoch, ich war nun im Vorteil, besaß das scharfe Messer und versuchte zuzustechen, immer wieder und wieder. Ich verletzte den Mann am Arm. Ich hatte tief gestochen, und der Mann hielt inne, um nach seiner Wunde zu greifen. Dies war die Gelegenheit. Mit einem Streich zog ich ihm das Messer über die Kehle. Dieser Halunke wusste nicht, wie ihm geschah. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er mich an. Das Blut aber spritzte in starken pulsierenden Stößen aus seinem Hals hervor. Er gurgelte unverständliche, erstickte Worte, bis er endlich kraftlos in sich zusammensank.
    Ich saß neben ihm, außer Atem und völlig erschöpft. Ich verschnaufte eine ganze Weile. Dann machte ich mich irgendwann daran, die Leiche zu entkleiden, rollte sie zum Fluss und hoffte, dass die Mosel den Körper weit fortspülen möge. Ich reinigte das Messer, wusch das Blut aus der Kleidung und legte die Sachen zum Trocknen aus.
    In dieser Nacht schloss ich kein Auge, nicht der leichteste Schlaf wollte sich meines müden Körpers erbarmen. Noch vor dem Morgengrauen stieg ich in die klamme Hose und das weite Wams. Ich packte die Soldatenuniform vorsorglich in meinen Beutel. Vielleicht würde sie mir noch einmal von Nutzen sein. Denn auch im Hunsrück trieben sich zu jener Zeit vermutlich überall Truppen umher. Und dort musste ich hin, um mich in den Wäldern des Hunsrücks zu verstecken, bis Gras über diese Sache gewachsen war. Dann würde ich weitersehen.
    Aber zuerst verspürte ich unbändigen Hunger. Ich wanderte ins Dorf und fand alsbald einen Gasthof. Ich schlang Gerstenbrei und Wein zum Frühstück hinunter. Dann suchte ich einen Bauern auf, um Proviant zu kaufen. Der Bauer zeigte sich missmutig und brummig. Er erklärte, er und seine Familie hätten in diesen Zeiten kaum selbst genug zum Leben. Die Franzosen hätten ihm sein letztes Schwein genommen. Erst als er auf die Silbermünze biss, die ich vor seinen Augen hatte glänzen lassen, gab er mir ein Stück harten Käse, ein ganzes Brot, ein paar Eier und geräucherten Fisch.
    Mit vollem Beutel suchte ich nun nach einem Fischer, der mich hoffentlich für wenige Pfennige auf die andere Moselseite bringen würde.
     

Kapitel 13
     
    Hannes versuchte, unter dem schweren Regenmantel seine Krawatte zu lockern, er fühlte sich wie eingeschnürt. Mit der anderen Hand hielt er sich gleichzeitig krampfhaft an seinem Regenschirm fest. Trotzdem war er klitschnass, der scharfe Wind blies die kalten Tropfen direkt in seinen Nacken, und das Wasser lief ihm unangenehm den Rücken herunter. Hinzukamen die Sturzbäche von den Schirmen der anderen Trauergäste. Das ganze Dorf hatte sich versammelt. Schließlich beerdigte man nicht jeden Tag ein veritables Mordopfer; ansonsten hätte man bei diesem Wetter noch nicht einmal einen Hund vor die Tür geschickt. Hannes hörte die phlegmatisch gemurmelten Worte des Pastors kaum; Worte ohne jegliche Betonung. Gleich ist es vorbei, Gott sei Dank! Er starrte auf den Eichensarg. Noch ruhte er auf einem Stahlgestell und schien über dem sauber ausgehobenen Loch geradezu zu schweben. Ob Martin Krischels Seele auch hier irgendwo über uns schwebt und zuschaut? Hannes verspürte so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Irgendwie hatte er das Gefühl, sich bei Martin für dessen Tod entschuldigen zu müssen. Eigentlich müsste ich jetzt darin liegen, dachte Hannes und schämte sich fast dafür, stattdessen gesund und munter hier im Regen zu stehen. Vielleicht ist der Mörder ja auch hier! Er sollte sich im Auftrag von Lenz umschauen. Hannes räusperte sich unnötig und sah unauffällig in die Runde. Die Leute, die er kannte, waren fast alles Bekonder; Jagdkollegen, Freunde, Verwandte. Dazu ein paar alte Leute, die zu jeder Beerdigung im Dorf gingen. Dann der Pastor und zwei weibliche, arg gelangweilt dreinblickende Messdiener, die bunte Turnschuhe unter ihren beigen Roben trugen und sich jetzt vermutlich lieber in irgendeinem Internet-Chatroom für Teenager herumtreiben würden, als

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