Das Erbe von Glen Crannach
im Stillen hinzu. Hoffentlich.
Doch obwohl sie ganz sicher wusste, dass sie es so wollte, brauchte sie den körperlichen Kontakt mit Eric, um das eigenartig beklemmende Gefühl niederzukämpfen, das bei dem Gedanken an den Abschied von Crannach in ihr aufstieg.
Der Abend würde schwierig werden. Camilla schaute nervös in den Spiegel. Wenn das Fest doch schon vorbei wäre!
Für die Feier zu Ehren von Lord Crannach trug sie das einzige elegante Kleid, das sie mitgebracht hatte – ein dunkelblaues Nicole-Farhi-Modell von raffiniert einfachem Schnitt. Das glänzende blonde Haar hatte sie zurückgebürstet und mit Kämmen befestigt. Goldene Tropfenohrringe und eine schmale Goldkette waren ihr einziger Schmuck.
“Du siehst wunderschön aus”, sagte Eric anerkennend, als sie in die Halle kam. Er küsste Camilla leicht auf den Mund und nahm ihren Arm. “Komm, machen wir uns auf den Weg. Ich werde fahren.”
Kurz nach zwanzig Uhr trafen sie auf Schloss Crannach ein. Maggie, die nicht ein bisschen zerknirscht wirkte und dieselbe mürrische Miene zur Schau trug wie immer, öffnete ihnen die Tür und führte sie in den Wohnraum, wo sich die anderen Gäste bereits versammelt hatten.
Camilla hielt Erics Arm fest umklammert, als sie das Zimmer betraten. Auf ihrem Gesicht lag ein gezwungenes Lächeln. Sofort fiel ihr Blick auf eine hochgewachsene Gestalt am Fenster, die sich bei ihrem Eintritt umgedreht hatte. Trotz ihres Vorsatzes, Greg gleichgültig zu behandeln, konnte sie die Augen nicht von ihm abwenden. Noch nie hatte sie einen so umwerfend aussehenden Mann erblickt.
Sie war daran gewöhnt, Eric im Anzug zu sehen, denn er trug kaum etwas anderes. Aber heute sah sie Greg zum ersten Mal nicht in Jeans. Die Verwandlung nahm ihr den Atem.
Auf den ersten Blick schien der maßgeschneiderte dunkelblaue Anzug seine kraftvolle männliche Ausstrahlung zu dämpfen. Das oft zerzauste dunkle Haar war zurückgebürstet, und das gestärkte weiße Hemd bildete einen auffallenden Kontrast zu seiner gebräunter Haut. Doch der elegante Anzug hob die ihm angeborene Autorität noch hervor. Wie stets beherrschte Greg McKeown den Raum mühelos.
Camilla tat das Herz weh, als sie sich zwang, woandershin zu schauen. Sie erlebte ihn heute von einer Seite, die sie noch nicht kannte, die jedoch ebenso echt und natürlich wirkte wie die andere.
Greg löste sich aus der Gruppe am Fenster und kam ohne Eile auf Camilla und Eric zu. “Willkommen auf Schloss Crannach.” Er sprach höflich, aber ohne jede Wärme. Einen Moment lang sah er Camilla mit seinen stahlgrauen Augen durchdringend an. “Hast du schon alles gepackt für die Heimreise? Ich nehme an, du kannst es kaum erwarten, ins Flugzeug zu steigen.”
Das war gleichzeitig wahr und falsch, und Camilla fragte sich, ob er ihr die zwiespältigen Gefühle ansehen konnte.
“Hier hält mich nichts mehr”, sagte sie leise. “Meine Arbeit ist abgeschlossen. Es ist Zeit, abzureisen.”
“Natürlich.” Greg verzog leicht den Mund. “Wir müssen alle unser Leben weiterführen.” Er wandte sich an Eric. “Kommt und gratuliert Großvater. Sein Geburtstag ist schließlich der Grund, warum wir uns heute hier versammelt haben.”
Wenigstens Angus McKeown scheint sich über unser Erscheinen zu freuen, dachte Camilla. Der alte Herr, der zugleich eindrucksvoll und jugendlich in Kilt und Kniestrümpfen wirkte, sah ihr strahlend entgegen, als sie und Eric auf ihn zugingen.
“Wie schön, dass Sie gekommen sind! Darf ich Sie mit meinen Freunden bekannt machen?”
Die Gäste des Lords – überwiegend Nachbarn und Bekannte aus der näheren Umgebung – waren eine so ausgelassene und fröhliche Schar, dass Camilla unwillkürlich von ihrer guten Laune angesteckt wurde.
Beim Kaffee nach dem Essen erhielt ihre Stimmung allerdings einen Dämpfer, als sich ein rothaariger Mann in der Tracht der Hochländer vorbeugte.
“Wie ist es also mit dem großen Rennen morgen?”, fragte er Greg. “Trittst du an? Du wirst als Champion gehandelt!”
Greg lächelte nur bescheiden, und Camillas Herz setzte einen Schlag aus. Der Rothaarige hatte von einem großen Rennen gesprochen. Das konnte nur eins bedeuten.
Ein anderer Gast bestätigte ihre Befürchtungen.
“Und ob!”, rief er. “Morgen um diese Zeit wird Greg der neue Meister in der Fünfhundert-Kubik-Klasse sein.”
Greg schmunzelte. “Keine Vorschusslorbeeren bitte. Aber falls ich tatsächlich gewinnen sollte, spendiere ich euch allen morgen Abend
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