Das Erbe von Glen Crannach
suchen.” Sie sah Erics verständnislose Miene und lächelte. “Keine Angst, ich erkläre dir alles, wenn wir im Hotel sind.” Ungeduldig zerrte Camilla an seinem Ärmel. “Komm, fahren wir. Ich kann es kaum erwarten, dir alles zu erzählen.”
Doch Eric blieb stehen und tadelte sie lächelnd: “Einen Moment, Liebling. Wäre es nicht höflicher, wenn du mich zuerst diesem Herrn vorstellen würdest?” Er deutete auf Greg, der mit verschränkten Armen vor dem Land Rover stand. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, der Camilla Angst machte. Jetzt kam Greg auf Eric zu.
“Mein Name ist Greg McKeown. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Eric.”
Sie hielt den Atem an, während die beiden Männer sich begrüßten. Auf einmal war ihr bewusst geworden, wie verletzlich Gregs Gegenwart sie machte. Wenn er Eric gegenüber nun aus lauter Bosheit eine Andeutung über das fallen ließ, was am Tag zuvor geschehen war?
“Hoffentlich nehmen Sie es mir nicht übel, dass ich Ihre Verlobte auf eine Hebrideninsel entführt habe”, sagte Greg in diesem Augenblick. Ein sarkastisches Lächeln umspielte seine Lippen. “Wie Sie sehen, habe ich sie heil zurückgebracht. Sie wird Ihnen sicher berichten, was wir gemacht haben. Es ist eine spannende Geschichte.”
Erst als er sich abgewandt hatte, wagte Camilla wieder zu atmen. “Komm, fahren wir endlich zum Hotel.”
Auf halbem Weg zum Auto hörte sie Greg plötzlich rufen: “Moment! Vermisst du nichts?”
Nervös drehte sie sich um. Was trieb er jetzt für ein Spiel?
Sein Lächeln war aufreizend. “Hier, das hast du vergessen.”
Er hielt ihre Kameratasche in der Hand. Daran hatte Camilla überhaupt nicht mehr gedacht. Widerstrebend ließ sie Erics Arm los und kehrte um. Greg stand noch am selben Fleck. Offenbar hatte er nicht die Absicht, Camilla auch nur einen Schritt entgegenzukommen.
“Danke”, sagte sie steif, ohne ihn anzusehen, und griff nach der Tasche. Plötzlich streckte er die Hand aus, als wolle er Camilla behilflich sein, und berührte ihren Arm. Ihr wurde heiß, und unwillkürlich blickte sie auf. In Gregs Augen glomm ein eigenartiges Feuer.
“Das ist also Eric”, meinte er lässig. “Genauso habe ich ihn mir vorgestellt. Er scheint ein ausnehmend netter Kerl zu sein, aber zu dir passt er nicht.”
“Du irrst dich”, erwiderte sie gepresst. “Wir passen sogar sehr gut zusammen. Wag es also ja nicht, dich einzumischen, sonst wird es dir leidtun.”
Er schüttelte lachend den Kopf. “Tapfere Worte, meine Liebe. Aber eine weitere Einmischung meinerseits ist gar nicht mehr nötig. Dir ist es vielleicht noch nicht bewusst, aber von jetzt an wirst du dich jedes Mal, wenn Eric dich küsst, an meine Küsse erinnern. Du wirst dich bei jeder Liebkosung von ihm nach meinen Zärtlichkeiten sehnen.”
Solche Eitelkeit war einfach nicht zu fassen!
“Glaubst du das im Ernst?”, fragte Camilla spöttisch.
“Ich glaube es nicht, ich weiß es.” Sein Blick war wie eine körperliche Berührung. “Trotz Erics vieler guter Eigenschaften wird die Frau in dir in einer Ehe mit ihm niemals Befriedigung finden. Die kann dir – wie du gestern selbst entdeckt hast – nur ein Mann verschaffen.”
Camilla war das Blut in die Wangen geschossen.
“Das Leben besteht nicht bloß aus Sex!”, fauchte sie. Nahm er wirklich an, sie würde für ein gelegentliches Schäferstündchen mit ihm alles aufgeben?
“Bloß Sex? War es wirklich nur das?”
Sie schaute rasch weg, damit er nicht in ihren Augen lesen konnte. Niemand außer ihr sollte je wissen, dass es sehr viel mehr für sie gewesen war. In diesen unvergesslichen leidenschaftlichen Augenblicken hatte Greg nicht nur ihren Körper in Besitz genommen, sondern auch ihre Seele.
“Danke für die Tasche”, sagte Camilla tonlos. “Ich gehe jetzt besser. Eric wartet.”
“Natürlich.” Gregs Blick war hart. “Den darfst du natürlich nicht warten lassen.”
Einen Moment standen sie sich gegenüber wie Todfeinde. Dann drehte Camilla sich um und ging über den Hof zu Eric.
Eric entschloss sich, in Glen Crannach zu bleiben, bis Camillas Auftrag abgeschlossen war.
“Dann können wir zusammen nach London zurückfliegen”, erklärte Eric. “Es war mir sowieso nicht ganz geheuer bei dem Gedanken, dass du hier allein bist.”
Sie lächelte bitter. Jetzt wusste sie genau, dass es besser gewesen wäre, wenn sie die Reise nach Schottland nie unternommen hätte. Ihre schlimmsten Vorahnungen hatten sich
Weitere Kostenlose Bücher