Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
an den Ozean erstreckt. Die Oasen, die Gao-Gao am nächsten liegen, Adrar im Norden, Air im Osten sind von dieser Stadt noch die erste durch vierhundert, die zweite durch neunhundert Kilometer Wüstensand getrennt. Auf den genauesten und neuesten Weltkarten wird dieses ungeheure Gebiet von dreihundertsechzigtausend Quadratkilometern nur durch einen undifferenzierten weißen Fleck dargestellt. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die von dem Abgeordneten Barsac angeführte Expedition die Prüfungen zu bestehen hatte, von denen wir im ersten Teil dieser Erzählung berichtet haben, war es noch von niemandem durchmessen worden, niemand war jemals dort eingedrungen. Es war vollkommen unbekannt.
Zu jener Zeit waren unter den die Ufer des Niger bewohnenden Negern über diese unerforschte Region die seltsamsten Sagen in Umlauf. Manchmal, so berichteten die Eingeborenen, sähe man riesige schwarze Vögel mit feurigen Augen in raschem Flug jenen wasserlosen Ebenen entgegeneilen oder aus ihnen kommen. Andere Male war es, wenn man ihren Erzählungen lauschte, eine Horde von großen roten Teufeln auf feurigen Rossen, die mit flammensprühenden Nüstern ganz plötzlich aus den geheimnisvollen Gegenden hervorbrach. Diese gespenstischen Reiter durchrasten die Ortschaften im Galopp, wobei sie alles niedermachten, was sie auf ihrem Wege trafen, und kehrten dann wieder in die Wüste zurück. Quer über ihren Sätteln lagen Männer, Frauen und Kinder, die niemals wiederkamen.
Wer waren diese unheilbringenden Wesen, die in dieser Weise Dörfer verwüsteten, Wohnstätten plünderten, sich die kümmerlichen Schätze der armen Neger aneigneten und Untergang, Verzweiflung und Tod hinter sich lassend, dann wiederum verschwanden? Niemand wußte es. Niemand hatte auch nur versucht, es zu wissen. Wer auch hätte gewagt, diesen Feinden, die die Phantasie des Volkes mit übernatürlicher Macht begabte und die viele für wilde Wüstengottheiten hielten, auf den Fersen zu bleiben?
Dies waren die Gerüchte, die in jener Epoche längs des Niger, von Aribinda bis Gurma, bis zu mehr als einhundertundfünfzig Kilometer jenseits des rechten Ufers kursierten.
Wäre jemand kühner als diese verängstigten Neger gewesen, und hätte dieser Wagemutige um den Preis des Durchmessens von zweihundertsechzig Kilometern den einen Grad und vierzig Minuten östlicher Länge und fünfzehn Grad fünfzig Minuten nördlicher Breite weiter entfernt gelegenen Punkt erreicht, so wäre sein Mut belohnt worden, denn er hätte etwas vor Augen bekommen, was weder Geographen noch Forschungsreisende noch Karawanen bislang gesehen hatten: eine Stadt 1 .
Ja, eine Stadt, eine wirkliche Stadt, die auf keiner Karte verzeichnet war und von deren Vorhandensein niemand etwas ahnte, obwohl die Zahl ihrer Einwohner, Kinder nicht eingeschlossen, nicht weniger als sechstausendachthundertundacht betrug.
Wenn dieser hypothetische Reisende dann aber einen der Einwohner nach dem Namen dieser Stadt gefragt hätte und dieser zu einer Auskunft bereit gewesen wäre, so würde dieser vielleicht auf Englisch geantwortet haben: › Blackland is the name of this city ‹, es hätte aber auch geschehen können, daß er auf Italienisch: › Questa città è Terra Nera ‹, auf Bambara: › Ni dougouba Ntocko a bè Bankou Fing ‹, auf Portugiesisch: › Hista cidade e Terranegra ‹, auf Spanisch: › Esta ciudad es Tierranegra ‹ oder in irgendeiner beliebigen anderen Sprache Auskunft gegeben hätte. Alle diese Antworten aber hätten bedeutet: ›Der Name dieser Stadt ist Schwarzes Land.‹
Unmöglich wäre sogar nicht, daß der Reisende auf Lateinisch
Plan von Blackland.
informiert worden wäre. In diesem Falle wäre der Auskunftheischende an Josias Eberly geraten, einen ehemaligen Professor, der, da in Blackland er für seine Gelehrsamkeit keine Verwendung fand, ein Ladengeschäft eröffnet hatte und zum Apotheker und Farbwarenhändler geworden war, worauf ein Schild über dem Eingang hinwies: › Josias Eberly. Druggist. Products for dye. ‹
Alle Sprachen wurden in diesem neuen Turm zu Babel gesprochen, dessen Bevölkerung in dem Augenblick, in dem die Expedition Barsac bei Koubo unterlag, sich zunächst aus fünftausendsiebenhundertachtundsiebzig Negern und Negerinnen, darüber hinaus aber auch aus eintausendunddreißig Weißen zusammensetzte, die aus allen Ländern der Welt gekommen waren, aber alle das eine gemeinsam hatten, nämlich geflüchtete Galeeren – oder sonstige Sträflinge, zu
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