Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
mischte.
»Gut. Das ist ganz einfach!« antwortete Perrigny. »Man muß ihr diese Hilfe bringen, um die sie bittet.«
»Selbstverständlich!« rief Marcenay aus, der sich bei dem Gedanken an ein tätiges Eingreifen neu belebte. »Aber wie?«
»Das wollen wir überlegen«, sagte Perrigny. »Ziehen wir erst einmal aus den uns bekannt gewordenen Tatsachen die logischen Folgerungen. Sie sind meiner Meinung nach eher beruhigend.«
»Findest du? …« entgegnete Marcenay in bitterem Ton.
»Ich finde es. Erstens: Mademoiselle Mornas ist nicht allein, denn soviel dir bekannt ist, besitzt sie keinen Apparat für drahtlose Telegrafie. Ganz zu schweigen von den Gefährten, mit denen du sie zurückgelassen hast, verfügt sie zum mindesten über einen Beschützer, der dieses Instrument besitzt. Und dieser ist bestimmt ein Schlaukopf, das kannst du mir glauben.«
Nachdem Marcenay durch ein Kopfnicken beigepflichtet hatte, fuhr Perrigny fort:
»Zweitens: Mademoiselle Mornas befindet sich nicht in ganz akuter Gefahr. Sie telegrafiert nach Timbuktu. Sie nimmt an, daß du dort bist, weiß also sehr wohl, daß du nicht gleich hinter der nächsten Tür stehst, sondern daß du einige Zeit brauchen wirst, um ihrem Appell zu folgen. Da sie aber dennoch ein Telegramm an dich schickt, ist sie der Meinung, daß das nicht nutzlos ist. Wenn also eine Gefahr sie bedroht, kann sie dennoch nicht unmittelbar bevorstehen.«
»Worauf willst du hinaus?« fragte Marcenay, der nervös zu werden begann.
»Darauf, daß aller Grund für dich besteht, dich zu beruhigen und auf einen günstigen Ausgang des Abenteuers zu hoffen. Ferner solltest du den Oberst aufsuchen und ihn auffordern, eine Expedition mit dem Auftrag zu entsenden, den Deputierten Barsac und obendrein Mademoiselle Mornas zu befreien.«
Die beiden Offiziere begaben sich auf der Stelle zu dem Obersten Allègre, dem sie von dem fabelhaften Phänomen berichteten, dessen Zeuge sie geworden waren. Sie legten ihm den von dem Morseapparat aufgenommenen Schriftstreifen vor, dessen Text Perrigny in verständliche Sätze übertrug.
»Von Monsieur Barsac ist darin nicht die Rede«, gab der Oberst zu bedenken.
»Nein«, antwortete Perrigny, »aber da Mademoiselle Mornas sich bei ihm befand …«
»Wer sagt Ihnen, daß sie sich nicht von ihm getrennt hat?« warf der Oberst ein. »Die Marschroute der Expedition Barsac ist mir durchaus bekannt, und ich kann Ihnen versichern, daß sie sich nicht in so hohe Breitengrade erstreckt. Die Expedition sollte ihren Weg über Ouaghadougou nehmen, einen Ort, der klar und deutlich auf dem zwölften Breitengrad liegt, und in Saye enden, das heißt auf dem dreizehnten Grad. Diese mysteriöse Depesche spricht von fünfzehn Grad plus fünfzig Minuten, das heißt fast von sechzehn Grad nördlicher Breite.«
Diese Bemerkung weckte in Marcenay bestimmte Erinnerungen.
»Sie haben recht, Herr Oberst«, sagte er. »Möglicherweise hat sich tatsächlich Mademoiselle Mornas von der Expedition Barsac getrennt. Ich erinnere mich, daß sie sich zwei oder drei Kilometer hinter Sikasso von ihr zu trennen gedachte, um allein weiter nach Norden vorzudringen, und zwar bei Gao den Niger zu erreichen.«
»Das ändert alles«, bemerkte der Oberst mit besorgter Miene. »Um Monsieur Barsac, einen Abgeordneten, der offiziell von der Regierung entsandt worden ist, zu retten, würde eine Expedition sich verantworten lassen, während für Mademoiselle Mornas, eine bloße Privatperson …«
»Indessen ist«, gab Marcenay zu bedenken, »wenn der Befehl, den ich überbracht habe, eine Fälschung ist, wie alles uns vermuten läßt, Monsieur Barsac notwendigerweise einem Schurken in die Hände gefallen, der meinen Platz eingenommen hat.«
»Vielleicht … vielleicht«, gab noch immer zweifelnd der Oberst zu. »Auf alle Fälle müssen wir, um uns eine unwiderlegliche Meinung über diesen Punkt zu bilden, die Antwort aus Bammako abwarten.«
»Das ist ja zum Verzweifeln«, rief Marcenay niedergeschlagen aus. »Wir können doch das arme Kind, das mich zu Hilfe ruft, nicht zugrundegehen lassen.«
»Von Zugrundegehen hat ja niemand etwas gesagt«, wendete der Oberst ein, der seinerseits völlig die Ruhe bewahrte. »Die junge Dame hat nur gesagt, daß sie gefangen ist, weiter nichts … Und noch dazu: wohin wollen Sie ihr zu Hilfe eilen? Wo ist dieses Blackland, von dem sie spricht?«
»Sie hat den Breitengrad angegeben.«
»Aber nicht die Länge. Nun aber haben Sie Mademoiselle Mornas
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