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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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demgemäß der Tag kommen, an dem die Fabrik wegen Mangel an Lebensmitteln zur Kapitulation gezwungen sein würde.
    Camaret, dem Barsac das Resultat dieser Überlegung unterbreitete, zuckte nur mit den Achseln.
    »Wir haben noch für lange Zeit Lebensmittel«, antwortete er.
    »Für wie lange?« fragte Barsac.
    Camaret antwortete mit einer ausweichenden Gebärde.
    »Ich weiß es nicht genau. Vierzehn Tage, vielleicht auch drei Wochen. Das hat keine Bedeutung, denn in achtundvierzig Stunden wird ein Aeroplan fertig sein, der gerade im Bau befindlich ist. Jetzt schon lade ich Sie zu Versuchen ein, die wir bei Nacht anstellen werden, damit man im Palast nichts davon merkt, und zwar übermorgen, am 12. April, um vier Uhr in der Frühe.«
    Das war eine frohe Botschaft, auf die die Gefangenen keinesfalls gefaßt gewesen waren. Der Besitz dieses Aeroplans verbesserte gewiß ganz bedeutend die Lage. Würde er indessen tatsächlich die Rettung bringen?
    »In der Fabrik befinden sich mehr als hundert Personen«, gab Barsac zu bedenken. »Selbst wenn Ihr Flugzeug auch noch so leistungsfähig ist, wird es sie nicht sämtlich befördern können.«
    »Es wird nur jeweils zehn Personen tragen«, antwortete Camaret, »den Flugzeugführer nicht miteingerechnet. Das ist immerhin nicht schlecht.«
    »Gewiß!« stimmte Barsac ihm zu, »und dennoch ungenügend, um uns wirklich aus der Affäre zu ziehen.«
    »Keineswegs«, entgegnete Camaret. »Von hier bis Saye sind es ungefähr dreihundertfünfzig Kilometer in der Luftlinie und siebenhundert von hier nach Timbuktu, was vielleicht vorzuziehen wäre.« Da man nur nachts fliegen würde, um den Lufttorpedos zu entgehen, könnte der Aeroplan in vierundzwanzig Stunden drei Flüge nach Saye oder zwei nach Timbuktu unternehmen. »Die einhundertundfünfzig Personen, auf die ich ungefähr die Belegschaft der Fabrik schätze, wenn man Frauen und Kinder mit einbezieht, würden demgemäß im ersten Fall innerhalb von fünf, im zweiten mindestens in acht Tagen in Sicherheit sein.«
    Die Darlegung dieses tatsächlich offenbar durchaus zu realisierenden Plans dämpfte die Befürchtungen, die Harry Killers Verhalten hatte aufkommen lassen, und alle erwarteten ungeduldig den Augenblick, in dem man ihn in die Tat würde umsetzen können.
    Die beiden Tage, die sie noch warten mußten, erschienen den Belagerten freilich unendlich lang. Sie vertrieben sich, so gut es ging, die Zeit, meist mit Spaziergängen im Garten im Schutze der Mauer, die sie den Blicken der Palastbewohner entzog. Monsieur Poncin insbesondere hielt sich dort von morgens bis abends auf. Unaufhörlich beugte er sich über die dort wachsenden Pflanzen und beschäftigte sich mit Messungen, die er mit Hilfe einer Lupe vornahm und mit Abwiegen winzigster Mengen mittels einer kleinen Präzisionswaage.
    »Was zum Teufel treiben Sie denn da?« fragte ihn Florence, der ihn bei dieser Beschäftigung überraschte.
    »Was meines Amtes ist, Monsieur Florence«, antwortete Monsieur Poncin nicht ohne eine gewisse Wichtigkeit.
    »Statistik?« fragte staunend Florence.
    »Nichts anderes. Ich bin ganz einfach dabei festzustellen, welche Zahl von Personen der Nigerbogen ernähren könnte.«
    »Aha! Immer noch der Nigerbogen!« meinte Amédée Florence, der die Tätigkeit seines Gesprächspartners nicht besonders hoch einzuschätzen schien. »Hier aber sind wir, will mir scheinen, gleichwohl nicht mehr in diesem berühmten Bogen.«
    »Es ist nicht verboten, nach dem Prinzip der Analogie vorzugehen«, erklärte belehrend Monsieur Poncin. »Einer Analogie …«
    »›Courtisans! attablés dans la splendide orgie!‹« ließ sich eine Stimme in ihrem Rücken vernehmen.
    An diesem Vers aus den ›Châtiments‹ 1 , den er um des Reimes willen zitierte, erkannte Amédée Florence sogleich Dr. Châtonnay. Und tatsächlich war er es.
    »Was machen Sie denn da?« fragte dieser treffliche Mann in Fortführung seiner Rede.
    »Monsieur Poncin setzt mir seine statistischen Methoden auseinander«, antwortete Florence höchst ernsthaft. »Fahren Sie nur fort, Monsieur Poncin, ich bitte Sie darum.«
    »Die Sache ist höchst einfach«, erklärte dieser. »Hier ist eine Spinatpflanze, die einen Quadratdezimeter bedeckt. Etwas weiter sehen Sie einen Kopf Blumenkohl; er nimmt vier Quadratdezimeter ein. Ich habe hundert ganz zufällig herausgegriffene Pflanzen gemessen und von dem Platz, den sie beanspruchen, den Durchschnitt pro Pflanze errechnet. Ebenso habe ich ihr

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