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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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stehengeblieben und hielt die Augen starr auf den Dolch geheftet, mit dem Jane ihn bedrohte.
    Diese nutzte den Augenblick seiner Unentschiedenheit, um ihren Bruder rasch mit sich zu ziehen und sich der Tür zu nähern, so daß sie ihrem Gegner den Rückweg abschnitt, während sie sich ihn mit dem Dolch vom Leibe hielt.
    »Ja, ich habe eine Waffe«, antwortete sie ihm bebend, »und was für eine! … Ich habe diesen Dolch in Koubo gefunden … in einem Grab.«
    »In Koubo! …« wiederholte Lewis. »War das nicht der Ort, an dem George …«
    »Ja«, sagte Jane, »in Koubo ist George gefallen, das heißt umgekommen, und zwar nicht von einer Kugel getroffen, sondern mit diesem Dolch ermordet, auf dem der Name des Mörders – Killer – noch zu lesen steht.«
    Bei der Erwähnung des Dramas von Koubo hatte Harry Killer einen Schritt nach rückwärts gemacht. Erbleichend, geschlagen, lehnte er jetzt an der Kerkerwand und blickte Jane an, als fürchte er sich.
    »Killer, sagst du?« rief Lewis nun seinerseits. »Da irrst du dich, Jane. Das ist nicht der Name dieses Mannes. Er hat einen anderen, schlimmer als Killer, einen anderen, der dir nicht neu sein wird.«
    »Einen anderen? …«
     

    Er lehnte sich an den Türrahmen …
     
    »Ja … Du warst, als er uns verlassen hat, noch zu klein, um ihn heute wiederzuerkennen, hast aber sehr oft von ihm reden hören. Deine Mutter hatte bereits einen Sohn, als sie unseren Vater heiratete. Dieser Sohn ist der Mann, den du da vor dir siehst, er ist William Ferney, dein Bruder.«
    Diese Enthüllung aus Lewis Buxtons Munde brachte auf die beiden Hauptmitwirkenden bei dieser Szene entgegengesetzte Wirkungen hervor. Während Jane völlig vernichtet ihre Hand kraftlos sinken ließ, schien William Ferney – von nun an sei er mit seinem richtigen Namen benannt – seine Sicherheit voll und ganz zurückgewonnen zu haben. Er reckte jetzt seine Gestalt und stand aufrecht der Gruppe gegenüber, die Jane und Lewis bildeten und die er mit von Haß und unversöhnlicher Wut funkelnden Blicken betrachtete.
    »Ah! Sie sind Jane Buxton! …« stieß er zischend hervor.
    Zähneknirschend wiederholte er seinen Ausruf.
    »Ah! Sie sind also Jane Buxton! …«
    Jäh brachen auf einmal alle Haßgefühle, die ihn erstickten, hervor. Er sprach, und zwar so schnell, daß er sich nicht die Zeit nahm, die Wörter richtig zu artikulieren. Mit keuchender Brust, dumpfer Stimme und irrem Blick gab er nur abgehackte Sätze von sich.
    »Da bin ich ja entzückt! … Wahrhaftig, ich bin entzückt! …
    Ah! Da sind Sie also nach Koubo gegangen! … Ja, gewiß, ich habe ihn getötet … Ihren Bruder George … den schönen George, den Stolz der Familie! … Ich habe ihn sogar zweimal getötet, erst in seiner Seele … und dann in seinem Körper … Und nun habe ich euch beide da … in meiner Gewalt, unter meiner Knute! Ihr seid eine Sache, die mir gehört! … Ich kann mit euch machen, was ich will! …«
    Die Worte, die er hervorwürgte, waren kaum verständlich. Er stotterte, trunken vor Freude, triumphierend, in den Wolken schwebend.
    »Wenn ich denke, daß ich den einen geschnappt habe und die andere von selbst zu mir gekommen ist! … Es ist wirklich zu komisch! …«
    Er trat einen weiteren Schritt auf sie zu, ohne daß Jane oder Lewis, die sich umschlungen hielten, eine Bewegung machten, und beugte sich näher zu ihnen vor.
    »Ihr glaubt gewiß, vieles zu wissen? Ihr wißt im Grunde nichts … Aber ich werde euch alles sagen … Alles! … Es wird mir ein Vergnügen sein! Ah! Euer Vater hat mich verstoßen! … Er kann sich gratulieren! … Eines aber hat mir zu meiner Freude noch gefehlt … Indessen … er soll es jetzt wissen … noch bevor er stirbt … nämlich wessen Hand die Streiche gegen ihn geführt hat! Hier ist diese Hand … hier seht ihr sie … die meine!«
    Er kam noch einen Schritt näher. Er berührte beinahe Bruder und Schwester, die beide angesichts dieses wilden Wahnsinnsanfalls von Entsetzen befallen waren.
    »Ja! Man hat mich weggejagt! … Und was hätte ich mit den Elendssummen anfangen sollen, die er mir angeboten hat? … Ich brauche Gold … viel Gold … ganze Berge von Gold! … Und ich habe sie gehabt … ich hätte es zusammenschaufeln können … ohne euch … ohne die Hilfe von irgend jemandem! … Und was habe ich getan, um es mir zu verschaffen? … Haha! … Was Leute eures Schlages als Verbrechen bezeichnen … Ich habe gestohlen … gemordet … Totschlag verübt …

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