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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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abend«, schloß der Unhold, nachdem er wieder zu Atem gekommen war, »lasse ich euch zusammen, da euch das offenbar Vergnügen macht. Aber morgen …«
    Das Geräusch einer Explosion, die sehr heftig sein mußte, damit sie bis in diesen entlegenen Kerker drang, übertönte plötzlich William Ferneys Stimme. Er hielt jäh inne, erstaunt, beunruhigt, angespannt, horchend …
    Auf die Explosion folgten mehrere Minuten tiefer Stille, dann vernahm man wilden Lärm … Schreie, fernes Geheul, einen Aufruhr wie von einer tobenden Menge, unter den sich vereinzelte Revolver-und Flintenschüsse mischten …
    William Ferney dachte nicht mehr an Jane oder Lewis Buxton. Er horchte und versuchte zu erraten, was dieses Getöse bedeutete.
    Der Mann von der Schwarzen Garde, der am Eingang des Kerkers gestanden hatte, eilte plötzlich herbei.
    »Hoher Herr!« rief er in heller Aufregung aus, »die Stadt steht in Flammen!«
    William Ferney fluchte grauenhaft, stieß dann Jane und Lewis Buxton, die ihm den Weg versperrten, zur Seite, stürzte hinaus in den Korridor und verschwand.
    Diese Lösung der Situation war so rasch eingetreten, daß Bruder und Schwester keine Zeit hatten zu verstehen, was geschah. Kaum hatten sie überhaupt in ihrer wirren Verfassung die Explosion und den Lärm gehört, der sie von ihrem Peiniger befreite. Sie waren schon einen Augenblick allein, bevor sie es recht begriffen. Sie hielten sich immer noch eng umschlungen und schluchzten hemmungslos, tief bedrückt durch die schreckliche Szene, deren Zeuge sie geworden waren, geschwächt durch die neuen Leiden und im Gedanken an den Greis, der in Verzweiflung und Scham seinem Ende entgegenging.
XIII.
Die Schreckensnacht
    Noch überwältigt von der gräßlichen Szene, die sie hinter sich hatten, alles vergessend, was nicht ihren Schmerz betraf, lagen Jane und Lewis sich lange in den Armen. Dann versiegten allmählich ihre Tränen; mit tiefem Aufseufzen ließen sie wieder voneinander ab und wurden sich von neuem der sie umgebenden Welt bewußt.
    Was ihnen als erstes auffiel, war trotz der verworrenen Geräusche ringsum ein beunruhigender Eindruck von Stille. In dem von elektrischen Lampen hell erleuchteten Korridor herrschte Grabesschweigen. Der Palast war wie tot. Draußen hingegen ertönten undeutliche Rufe, Salven aus Feuerwaffen, ein von Minute zu Minute anwachsender Tumult.
    Einen Augenblick lauschten sie diesen unerklärlichen Geräuschen, deren Sinn Jane mit einem Mal begriff.
    »Kannst du gehen?« fragte sie, zu ihrem Bruder gewendet.
    »Ich werde es versuchen«, gab Lewis zur Antwort.
    »Dann komm!« sagte sie.
    Eine Gruppe des Jammers bildend, verließen darauf beide, das junge Mädchen und der durch ein vier Monate währendes Leiden erschöpfte Mann, den Jane stützen mußte, den Keller und gelangten durch besagten Korridor auf den Treppenflur, der soeben noch durch den Aufseher bewacht worden war.
    Der Wächter war verschwunden, das Treppenhaus leer.
    Mühsam erklommen sie die Treppe bis zum dritten und letzten Stock. Mit dem Schlüssel, den sie William Ferney abgenommen hatte, öffnete Jane die aus dem Vorplatz hinausführende Tür, worauf sie sich wieder in dem gleichen Raum befanden, in dem sie kurz zuvor den in seinem Rausch befangenen grauenhaften Irren zurückgelassen hatte, von dem sie zu jenem Zeitpunkt noch nicht wußte, daß er ihr Bruder war.
    Ebenso wie der Vorflur war auch dieses Zimmer leer. Nichts war darin verändert, seitdem sie es verlassen hatte. William Ferneys Sessel stand noch immer hinter dem mit Flaschen und Gläsern bedeckten Tisch, und die neun anderen Sitze waren wie zuvor im Halbkreis davor aufgereiht.
    Nachdem Jane ihren Bruder, dem die Beine den Dienst versagten, hatte niedersitzen lassen, wurde sie sich erstmals der Seltsamkeit ihrer Lage bewußt. Weshalb herrschte hier diese Verlassenheit und Stille? Wo war ihr Folterer geblieben?
    Einem jähen Impuls nachgebend, wagte sie sich von Lewis zu trennen und weiter in das Innere des Gebäudes vorzudringen, das sie nach allen Richtungen durchmaß.
    Sie begann mit dem Erdgeschoß, wo sie keinen Winkel unerforscht ließ. Als sie an der Außentür vorbeikam, konnte sie mit einem Blick feststellen, daß sie sorgfältig verschlossen war. Sie sah keinen Menschen in diesem Parterrestock, dessen Türen weit offenstanden, so, wie die Bewohner sie bei ihrer kopflosen Flucht zurückgelassen hatten. Mit wachsendem Erstaunen durchstreifte sie die drei anderen Etagen und fand sie gleichermaßen

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