Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
entfernt!«
»Achtzehnhundert, Onkel.«
»Das heißt den größten Gefahren begegnen! … Und das ganz allein!«
»Das muß ich ja wohl oder übel, da du nicht mitkommen willst«, entgegnete Jane unbeirrt.
»Aber das ist ja Wahnsinn! Geistige Verwirrung! Delirium tremens!« schrie Agénor, der keinen anderen Ausweg mehr sah, als sich unter heftigem Zuschlagen der Tür zu entfernen.
Als er jedoch am nächsten Tag Jane aufsuchen wollte, ließ diese ihm ausrichten, sie wolle niemanden sehen, und so hielt sie es auch noch in den folgenden Tagen. Agénor war diesem Spiel nicht gewachsen. Nach vier Tagen mußte er die Segel streichen.
Noch dazu war er wie jedesmal, wenn seine junge Tante etwas wünschte, allmählich zu der gleichen Meinung gelangt wie sie. Am Tag nach jenem Gespräch hielt er die zunächst als völlig verrückt erachtete Reise für allenfalls zu bewerkstelligen, am dritten für durchaus durchführbar und am vierten für ein Kinderspiel.
Auf diese Weise vergingen nicht mehr als viermal vierundzwanzig Stunden, bis er Abbitte leistete, seinen Irrtum bekannte und sich für aufbruchsbereit erklärte.
Jane war großmütig genug, ihm nicht noch nachträglich böse zu sein.
»Lerne erst einmal die Landessprache«, sagte sie, während sie ihn auf beide Wangen küßte.
Von da an sah man Agénor nur noch damit beschäftigt, seine Bambaragrammatik durchzuackern.
Bevor sie die Reise antrat, mußte Jane sich indessen der Einwilligung ihres Vaters versichern. Diese Einwilligung erhielt sie leichter, als sie zu hoffen wagte. Kaum hatte sie ihm ohne Erwähnung irgendwelcher Einzelheiten ihre Absicht unterbreitet, eine Reise zu unternehmen, als dieser schon durch eine Gebärde seine Zustimmung kundtat, um alsbald wiederum in düstere Traurigkeit zu versinken. Hatte er auch nur gehört, was sie sagte? Allem Anschein nach gab es hienieden nichts mehr, was ihn interessierte.
Nachdem von dieser Seite her kein Einspruch zu erwarten war, begannen Jane und Agénor mit ihren Reisevorbereitungen. Zu diesem Zeitpunkt ahnten sie noch nicht, welche Unterstützung für sie die Barsac-Expedition bedeuten würde. Sie handelten also ganz so, als müßten sie allein und völlig aus eigenen Kräften diesen recht gewagten Ausflug von drei-bis viertausend Kilometern in die Wege leiten.
Seit mehreren Jahren schon hatte Jane die Geographie der Gegenden, die sie zu durchmessen gedachte, sorgfältig studiert. Die Werke von Flatters, von Dr. Barth, die des Hauptmanns Binger und des Obersten Monteil hatten sie über die betreffende Region und ihre Bewohner grundlegend informiert. Sie hatte auch auf diesem Wege gelernt, daß man, wofern man eine Forschungsreise ›mit bewaffneter Hand‹ ausrüstete, das heißt mit einem imposanten Gefolge von drei oder vier Freiwilligen, die man mit Waffen ausstatten, ernähren und bezahlen müßte, sich nicht nur in erhebliche Kosten stürzen, sondern auch noch Schwierigkeiten mit den kriegerischen Völkern gewärtigen müßte, die sich einem mit Gewalt erzwungenen Durchzug mit ebensolcher Gewalt widersetzen würden.
Hauptmann Binger erklärt, daß die Eingeborenen, wenn sie es wollen, eine Expedition immer am Durchzug hindern werden, sei es, indem sie angreifen, sei es, indem sie vor einer eine verbrannte Erde schaffen und sie dadurch zwingen, aus Mangel an Lebensmitteln den Rückzug anzutreten.
Stark beeindruckt durch diesen Hinweis hatte Jane sich für eine friedliche Forschungsreise entschieden: wenig sichtbare Waffen, einige ergebene, zuverlässige Männer und als ›nervus rerum‹ in diesem Fall nicht nur Geld, sondern auch Geschenke an die Adresse der Dorfhäuptlinge und ihrer Untergebenen.
Nachdem sie sich Leinenkleidung für die trockene Jahreszeit und solche aus derber Wolle für die Regenperiode hatten anfertigen lassen, verstauten Jane und Agénor diese in leichte Koffer, deren Zahl sie auf das strikt Notwendige beschränkten. Dann ließen sie die für die Eingeborenen bestimmten Geschenke verpacken: schlechte, veraltete Gewehre, lebhaft gefärbte, buntgemusterte bedruckte Stoffe, Tücher aus Seide und Baumwolle, Glasperlen, Näh-und Stecknadeln, Kurzwaren, Galanteriewaren, Borten, Knöpfe, Bleistifte und dergleichen, kurz den gesamten Plunder, den ein Basar zu bieten hat.
Sie würden auch eine kleine Reiseapotheke, Waffen, Feldstecher, Kompasse, Zeltbahnen, einige Reisebeschreibungen und Wörterbücher, die neuesten Karten des Landes, eine Küchenausrüstung, verschiedene
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