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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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unschuldig, Onkel.«
    »Indessen …«
    Mit bebenden Nasenflügeln reckte Jane sich hoch auf.
    »Ich sage dir, lieber Neffe«, erklärte sie ihm geradeheraus, »daß mein Bruder George unschuldig ist.«
    Agénor wurde klein und kleiner.
    »Natürlich, liebe Tante«, gab er demütig zu.
    Von da an war Georges Unschuld eine erwiesene Tatsache, die auch Agénor de Saint-Bérain nicht länger anzufechten wagte. Zudem waren Janes Beteuerungen nicht ganz ohne Wirkung an seinem Einsichtsvermögen abgeprallt. Wenn er auch noch nicht ihre schöne Gewißheit teilte, daß der aufrührerische Hauptmann wirklich zu Unrecht beschuldigt worden war, fühlte er sich doch in seiner Überzeugung von der unumstößlichen Gewißheit des Verbrechens immerhin etwas erschüttert.
    Während der nächsten Jahre verfolgten Janes Gedanken auch weiterhin ihren Weg im Sinne dieses mehr gefühlsmäßigen als durch Vernunft bestimmten Glaubens. Einen Parteigänger für die Sache, die sie verfocht, gewonnen zu haben, bedeutete zweifellos etwas, aber doch noch nicht sehr viel. Was half es, wenn sie auf der Unschuld ihres Bruders bestand, aber dennoch sie zu beweisen nicht in der Lage war? Diese Beweise indessen – wie sie zusammentragen?
    Dadurch, daß sie sich ständig in Gedanken damit beschäftigte, meinte sie schließlich, ein Mittel gefunden zu haben.
    »Wir sind uns also vollkommen darüber einig«, sagte sie eines Tages zu Agénor, »daß George das Verbrechen, dessen man ihn beschuldigt, nicht begangen hat.«
    »Jawohl, meine Liebe«, gab Agénor zurück, der im übrigen auch nicht mehr überzeugt von dem Gegenteil war.
    »Er war zu klug, um eine solche Dummheit zu begehen«, fuhr Jane fort, »und zu stolz, sich derart zu erniedrigen. Er hat sein Land zu sehr geliebt, um es zu verraten.«
    »Das liegt auf der Hand.«
    »Wir haben Seite an Seite gelebt. Ich kannte seine Gedanken so gut wie meine eigenen. Es gab für ihn nichts Höheres als die Ehre, keine andere Liebe als die, die er für unseren Vater empfand, keinen Ehrgeiz als den, der dem Ruhm seines Vaterlandes galt. Und du willst etwa behaupten, er habe den Plan gefaßt, es zu verraten, sich durch ein Piratenstück zu entehren und damit sich und seine Familie mit Schande zu bedecken, Agénor?«
    »Ich! … Aber ich will gar nichts, Tantchen«, wendete Agénor ein, der es für klüger hielt, diese respektvolle Anrede zu gebrauchen, bevor er erst dazu angehalten wurde.
    »Du schaust mich nämlich mit deinen großen runden Augen an, als habest du mich zuvor noch niemals gesehen. Dabei weißt du ganz genau, daß solch ein grauenvolles Projekt niemals in seinem Hirn hätte entstehen können! Du weißt es, also sage es doch!«
    »Ich sage es ja, Tante, ich sage es ja.«
    »Das würde ich dir auch raten! … Was diese anderen betrifft, die ein solches Märchen von Anfang bis Ende erfunden haben, so sind es elende Schurken! …«
    »Banditen! …«
    »Sie gehören ins Zuchthaus!«
    »Oder an den Galgen!«
    »Samt den Zeitungsschreibern, die diese verlogenen Gerüchte verbreitet haben und dadurch die Ursache unserer Verzweiflung und unserer Scham geworden sind!«
    »Ja, die Zeitungsschreiber! … Man sollte sie hängen! … Oder sie erschießen! …«
    »Du bist also endlich überzeugt?«
    »Unbedingt!«
    »Im übrigen möchte ich sehen, was geschähe, wenn du in dieser Angelegenheit anderer Meinung wärest als ich!«
    »Ich werde mich hüten …«
    »Gott sei Dank! … Denn sonst, du kennst mich ja, würde ich dich aus meiner Nähe verbannen, und du würdest mich im Leben nie mehr wiedersehen.«
    »Der Himmel möge mich bewahren!« rief der arme Agénor aus, durch eine so fürchterliche Drohung aufs tiefste betroffen.
    Jane machte eine Pause und sah ihr Opfer von der Seite her an. Zweifellos war sie der Meinung, er habe jetzt den richtigen Punkt erreicht, denn sie setzte ihrer mehr berechneten als aufrichtigen Erregung einen Dämpfer auf und fuhr in ruhigerem Tone fort:
    »Es genügt nicht, daß wir beide, du und ich, von Georges Unschuld überzeugt sind. Man müßte, lieber Onkel, sie beweisen können, wie du mir zugeben wirst.«
    Bei dieser Anrede hellte Agénors Antlitz sich auf. Offenbar war das Gewitter endgültig vorübergezogen.
    »Offenbar«, pflichtete er ihr mit einem Seufzer der Erleichterung bei.
    »Ohne das könnten wir laut von allen Dächern verkünden, daß George unschuldig ist – kein Mensch würde uns glauben.«
    »Das ist nur leider allzu gewiß, mein armes Kind.«
    »Wenn

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