Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
trottet neben unseren Pferden her. Mademoiselle Mornas hat aber Mitleid mit dem Armen.
»Lauf doch nicht so, Onkel«, sagt sie liebevoll zu ihm, während sie ihr Reittier in Schritt verfallen läßt. »Du gerätst ja in Schweiß.«
(Also doch ihr Onkel? … Oh, mein armer Kopf!)
Wir stoßen wieder zu unserer Karawane, wo wir mit ironischen Mienen empfangen werden. Monsieur de Saint-Bérain gibt sich mit solchen Kleinigkeiten nicht ab. Er scheint nur erstaunt zu sein, daß auf diesem Platz hier so viele Leute versammelt sind.
»Habe ich mich etwa verspätet?« fragt er in aller Harmlosigkeit.
Da muß die ganze Kolonne lachen, und Monsieur de Saint-Bérain stimmt in die allgemeine Heiterkeit mit ein. Ich muß sagen, er gefällt mir, dieser Sonderling.
Aber noch waren wir nicht fort.
In dem Augenblick, als Monsieur de Saint-Bérain sich herunterbeugt, um als der gute Reiter, der er ist, den Sattelgurt zu prüfen, will das Pech, daß sein Angeletui, das er um die Schulter gehängt trägt, die Flanke eines der Esel berührt. Das Tier war empfindlich. Es versetzte dem unseligen de Saint-Bérain einen Stoß, der ihn in den Staub beförderte.
Man eilte ihm zu Hilfe. Doch unser Original war bereits auf den Beinen.
»Das sehr gut! … Mossié viel Glück«, sagte Tongané zu ihm. »Wenn Bien sticht oder Pferd Fußtritt gibt, große Reise viel gut.«
Ohne zu antworten sprang Monsieur de Saint-Bérain, nachdem er sich energisch vom Staub befreit hatte, in den Sattel, und der Zug konnte endlich sich in Bewegung setzen.
Inzwischen war die Sonne aufgegangen, und ihre ersten Strahlen erhellten fröhlich unseren Weg.
Der, den wir verfolgten, nachdem wir die Brücke überschritten hatten, die Konakry mit dem Festland verbindet, war ziemlich gut. Es handelt sich dabei um eine richtige, fünf bis sechs Meter breite Straße, auf der sehr wohl ein Wagen an uns hätte vorbeifahren können. Wir folgten ihr bis Timbo, das heißt über eine Strecke von nahezu fünf Kilometern hin. Bis Timbo wenigstens hatten wir also keine materielle Schwierigkeit zu gewärtigen.
Zudem war das Wetter schön, die Temperatur angenehm – kaum 17 Grad im Schatten – und wir brauchten uns nicht vor den schrecklichen Tropenregen zu fürchten, deren Zeit jetzt vorüber war.
Also was will man mehr! Alles steht zum besten in der besten aller Welten.
Gegen zehn Uhr überquerten wir mittels einer Brücke einen Wasserlauf, von dem Monsieur Tassin uns sagte, er sei ein Zufluß der Manea oder der Morebayah, sofern er nicht einer von diesen beiden Flüssen selber war. Noch zu dieser Stunde leben wir, was diese Frage angeht, in grausamer Ungewißheit.
Im übrigen ist das Überqueren von Flüssen das tägliche Brot in diesem Teil Afrikas. Es vergeht sozusagen kein Tag, an dem man nicht einen oder mehrere überqueren muß. Wir wollen uns also darauf einigen, daß ich, da ja meine Artikel kein Geographiekursus sein sollen, diesen Vorgang nicht mehr erwähnen werde, es sei denn, daß er auf die eine oder andere Weise aus dem Rahmen des Üblichen fällt.
In der Umgebung von Konakry verläuft die Straße fast gradlinig innerhalb einer wenig gegliederten Landschaft. Sie wird von ganz gut bestellten Äckern eingefaßt. Maisfelder wechseln mit solchen ab, auf denen man Hirse zieht, dazwischen taucht hier und da eine Baumgruppe auf: Baumwollstauden, Pisang-und Papayabäume. Man stößt auf vereinzelte, ganz unbedeutende Dörfer, denen Monsieur Tassin mit großer Bestimmtheit Namen anheftet, die ich für ausschließlich seiner Phantasie entsprungen halte. Für uns aber ist das ja ganz dasselbe, als wenn sie authentisch wären.
Da gegen zehn Uhr die Hitze zunimmt, befiehlt Hauptmann Marcenay, eine Rast einzulegen. Wir haben seit Konakry etwa zwanzig Kilometer zurückgelegt – eine schöne Leistung. Wir werden also zu Mittag essen und ruhen, dann, nach einer neuen Erfrischung, gegen fünf Uhr nachmittags wieder starten, und gegen neun Uhr abends unser Nachtlager aufschlagen.
Da dieses Programm das jedes Tages sein wird, komme ich nicht darauf zurück. Im übrigen schicke ich gleich voraus, daß es nicht meine Absicht ist, Ihre Leser mit kleinen Vorkommnissen unseres Reisewegs zu langweilen. Ich sehe die Dinge von höherer Warte und werde der Nachwelt nur die in irgendeiner Hinsicht bemerkenswerten Tatsachen überliefern.
Den Rastplatz hat Hauptmann Marcenay wirklich gut gewählt. Wir lagern uns im Schatten eines Wäldchens, das uns vor der Sonnenglut hinlänglich
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