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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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strenger Blick scheint zu mißbilligen, daß sein Kollege derart deutlich zeigt, wie großen Eindruck auf ihn unsere liebenswürdige Mitreisende macht. Verstohlen sehe ich mir unseren Zweitchef an. Wie mager er ist! Wie kalt! Wie traurig er wirkt! … Nein, wahrhaftig: von Lachen keine Ahnung!
    Drei Schritte hinter dem ehrenwerten Abgeordneten des Departements Nord folgen die Herren Heyrieux, Poncin und Quirieu, dann Dr. Châtonnay und der Geograph, Monsieur Tassin, die – schon! – über Ethnographie diskutieren.
    Der Troß im eigentlichen Sinne wird ihnen folgen. Er besteht aus fünfzig von fünfundzwanzig Treibern geleiteten Eseln und fünfzig Trägern, von denen zehn speziell von Mademoiselle Mornas und Monsieur de Saint-Bérain angeworben sind. Die Flanken werden von Hauptmann Marcenays Reitern gedeckt. Was Ihren gehorsamen Diener betrifft, so behält er sich vor, an der Kolonne von dem einen Glied zum anderen entlangzugaloppieren.
    Tchoumouki und Tongané, die beiden Diener von Mademoiselle Mornas, bilden die Nachhut.
    Punkt sechs Uhr wird das Signal zum Aufbruch gegeben. Die Kolonne setzt sich in Bewegung. In diesem Augenblick wird auf der Residenz – Verzeihung! um das Lokalkolorit zu wahren, müßte ich sagen: auf dem Hause des Gouverneurs – die Trikolore gehißt, während besagter Gouverneur uns von seinem Balkon herab einen letzten Gruß zukommen läßt. Mit Trompeten und Trommeln gibt die nach Konakry abkommandierte Kolonialinfanterieabteilung Signal zum Abrücken. Wir heben grüßend die Hüte. In diesem Augenblick wird einem tatsächlich fast ein bißchen feierlich zumute, und – lachen Sie, wenn Sie wollen – meine Augen werden feucht, ich gestehe es offen ein.
    Warum muß diese gehobene Stimmung durch einen lächerlichen Zwischenfall eine Trübung erfahren?
    Saint-Bérain? Wo ist Saint-Bérain! Man hat Saint-Bérain vergessen. Man sucht nach ihm, man ruft ihn. Ringsum wirft das Echo den Klang seines Namens zurück. Saint-Bérain antwortet nicht.
    Man beginnt, einen Unfall zu befürchten. Mademoiselle indessen zeigt keinerlei Besorgnis, woraufhin auch wir uns beruhigen.
    Nein, besorgt ist Mademoiselle Mornas nicht. Aber sie ist wütend, und wie!
    »In drei Minuten bin ich mit Monsieur de Saint-Bérain zur Stelle«, erklärt sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    Sie sprengt davon.
    Vorher aber hat sie sich noch rasch Zeit genommen, sich nach mir umzuwenden. »Monsieur Florence? …« sagt sie mit einer Bitte im Blick, die ich sehr wohl verstand. Deshalb gebe ich auch meinem Pferd die Sporen und bin im Nu an ihrer Seite.
    Im gestreckten Galopp sind wir sofort an dem nach der offenen See zu gelegenen Meeresufer – Sie wissen ja zweifellos, daß Konakry auf einer Insel liegt –, und was sehe ich da? …
    Monsieur de Saint-Bérain. Ja, meine Herrschaften, Saint-Bérain, wie er leibt und lebt, in Fleisch und Blut, so wie Sie und ich.
    Was kann er da wohl machen? … Um das zu ermitteln, verhalten wir einen Augenblick den Schritt.
    Monsieur de Saint-Bérain hat sich behaglich im Ufersand niedergelassen und scheint gar nicht zu ahnen, daß er eine offizielle Expedition auf sich warten läßt. Er plauscht freundlich mit einem Neger, der ihm Angelhaken zeigt – vermutlich von einer in Europa unbekannten Form – und dazu wortreiche Erklärungen abgibt. Dann stehen beide auf und lenken ihre Schritte zu einem Boot, das halb auf den Strand gezogen daliegt und in das der Neger steigt … Ja, um Gottes willen! Sieht es nicht ganz so aus, als ob Monsieur de Saint-Bérain das gleiche zu tun gedenkt?
    Doch dazu kommt er nicht mehr.
    »Neffe Agénor!« ruft plötzlich Mademoiselle in strengem Ton.
    (Offenbar also ihr Neffe.)
    Dieser Anruf genügt. Monsieur de Saint-Bérain dreht sich um und sieht vor sich seine Tante, denn eine solche ist sie ja offenbar. Man muß annehmen, daß dieser Anblick sein Gedächtnis auffrischt, denn nun stößt er seinerseits verzweifelte Rufe aus, hebt die Arme gen Himmel, wirft seinem Negerfreund eine Handvoll Münzen zu,
     

    Er plauscht freundschaftlich mit einem Neger, der ihm Angelhaken zeigt.
     
    bemächtigt sich dafür einer Menge von Angelhaken, die er, wie es gerade kommt, in seine Taschen stopft, und eilt uns, so schnell er kann, entgegen.
    Er wirkt so komisch, daß wir laut lachen müssen. Mademoiselle Mornas entblößt bei dieser Gelegenheit eine Doppelreihe blendendweißer Zähne. Blendend, ich bestehe auf dem Wort.
    Wir machen kehrt, und Monsieur de Saint-Bérain

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