Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
nicht zu kurz kommen wird.
Wir gingen zum Kaffee über und überließen uns dann im dichten Gras und im Schatten von Palmen der Süße einer Siesta.
Der Aufbruch war, wie ich schon sagte, auf fünf Uhr festgesetzt, doch als wir unseren Zug wieder ordnen wollten, gab es Schwierigkeiten, wenn ich es so ausdrücken darf.
Vergebens befahl Moriliré, als der Moment gekommen war, den Leuten, sich zu rüsten. Zu unserer großen Verwunderung weigerten sie sich und schrien alle durcheinander, sie sähen keinen Mond!
Wir waren völlig verdutzt, doch der gelehrte Monsieur Tassin löste uns das Rätsel.
»Ich weiß, was los ist«, erklärte er uns. »Alle Forschungsreisen erwähnen es in ihren Reiseberichten. Wenn der Mond noch im ersten Drittel steht – und heute haben wir erst zwei Tage seit Neumond – pflegen die Neger zu sagen: ›Das ist ein schlechtes Zeichen. Es hat noch keiner den Mond gesehen. Wir haben keinen guten Marsch vor uns.‹«
» Ioo! Ioo! (Ja! Ja!)« stimmten ihm lärmend die Eseltreiber bei, die uns rings umstanden und denen Moriliré die Worte des gelehrten Geographen übersetzt hatte. » Karo! Karo! (Der Mond! Der Mond!)«
Es schien uns daraufhin gewiß, daß, wenn der Erdensatellit auch weiterhin sich zu zeigen ablehnte, diese eigensinnigen Burschen zu keinem Aufbruch zu bewegen sein würden. Es war jedoch noch Tag und der Himmel bedeckt.
Tatsächlich sträubten unsere Schwarzen sich weiter, und vielleicht wären wir immer noch an der gleichen Stelle, wenn nicht endlich kurz vor sechs Uhr eine bleiche Mondsichel zwischen zwei Wolken sichtbar geworden wäre. Die dunklen Burschen stießen Freudenschreie aus.
» Allah ma toula kendé «, sagten sie und schlugen sich mit der rechten Hand an die Stirn. » Karo koutayé (Gott hat mich gerettet; ich sehe den neuen Mond).«
Ohne weitere Schwierigkeiten setzte die Karawane sich alsbald in Bewegung.
Nur hatten wir zwei Stunden verloren, und die Abendetappe mußte demgemäß entsprechend kürzer ausfallen.
Gegen neun Uhr wird mitten im Busch haltgemacht, die Zelte werden errichtet. Die Gegend ist indessen nicht vollkommen öde. Zur Rechten des Weges erhebt sich eine – allerdings verlassene – Eingeborenenstätte, und zur Linken erkennt man eine zweite, die bewohnt zu sein scheint.
Hauptmann Marcenay inspiziert die erste und schlägt, da er sie als hinlänglich bewohnbar erachtet, Mademoiselle Mornas vor, dort ihr Nachtquartier aufzuschlagen. Mademoiselle Mornas willigt ein und verschwindet in diesem so unerwartet sich bietenden Hotel.
Sie hatte uns noch keine zehn Minuten verlassen, als sie uns mit lauter Stimme herbeirief. Wir eilen zu ihr und treffen sie vor der Hütte stehend an, wo sie mit angewiderter Miene auf den Boden zeigt.
»Was ist das?« fragte sie.
Was man sah, waren zahllose weiße Würmer. Sie kamen aus der Erde und wanden sich in so unheimlichen Mengen auf ihrer Oberfläche, daß der ganze Boden in Bewegung zu sein schien.
»Sie können sich vorstellen, meine Herren«, sagte Mademoiselle Mornas, »was für einen Schreck ich bekommen habe, als ich sie kalt an meinem Gesicht, an meinen Händen spürte! Überall waren welche, sogar in meinen Taschen! Wenn ich mich schüttele, fallen noch immer ein paar aus meinen Kleidern. Pfui! Was für abscheuliche Tiere!«
Monsieur de Saint-Bérain kam dazu. Er fand mühelos das Wort, das die Situation erklärte.
»Ja, was denn!« rief er mit strahlender Miene aus. »Das sind ja Regenwürmer!«
Und tatsächlich waren es Regenwürmer, denn auf diesem Gebiet kennt Monsieur de Saint-Bérain sich trefflich aus.
Die dunklen Burschen stießen Freudenschreie aus.
Schon bückte er sich, um möglichst viele von ihnen einzusammeln.
»Du nicht hast nötig«, sagte Tongané zu ihm. »Gibt viele unterwegs. Sie sehr schlimm, wachsen überall. Sind nicht umzubringen.«
Das können ja schöne Nächte werden! Und die Eingeborenen, wie werden sie mit diesen Legionen von Würmern fertig?
Offenbar habe ich laut gedacht.
»Sie sie essen, Mossié«, erklärt Tongané. »Sind gut!«
Da Mademoiselle die schlichten Neigungen der Landesbewohner nicht teilte, wollte sie sich gerade ganz einfach in eines der Zelte begeben, als Moriliré ihr melden kam, daß eine junge Negerin, die Bediente eines Landmannes von gleicher Hautfarbe, der im Augenblick nicht anwesend war, ihr Gastfreundschaft in einer sehr sauberen und – kaum glaublicherweise – mit einer richtigen europäischen Lagerstatt möblierten
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