Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
Vom Netzwerk:
Zwischenfall mit dem ›doung-kono‹ stattgefunden hat, oder aber daß man es wenigstens – denn ich bin überzeugt, ein solcher Plan hat niemals gefaßt werden können – so einrichtete, daß wir ihn als Tatsache hingenommen haben.
    Ebenso ist gewiß, daß der ›Kéniélala‹, der unvorbereitet uns aufs Geratewohl sicher etwas ganz anderes vorhergesagt hätte, in Wirklichkeit eben doch nichts anderes gesagt, sondern darauf bestand, uns für den Fall, daß wir über Sikasso hinausgelangen, Sklaverei oder Tod zu prophezeien.
    Der Schluß ist zwingend: man hat uns Angst machen wollen.
    ›Wer aber? Und warum?‹ werden Sie fragen.
    Wer? Ich weiß es nicht.
    Warum? In der Absicht, uns zum Verzicht auf unsere weitere Reise zu bewegen. Wir sind irgend jemandem unbequem, und dieser Jemand will nicht, daß wir noch weiter als bis Sikasso vordringen.
    Was das ›halbe Faktum‹ Moriliré anbetrifft, so hat es keine Bedeutung, oder aber Moriliré steht, wenn Saint-Bérain nicht so zerstreut wie gewöhnlich war, mit denen im Bunde, die uns am Vormarsch zu hindern gedenken. Sein beharrliches Bemühen, uns zu dem ›Kéniélala‹ zu führen, macht ihn schon sehr verdächtig, und es ist anzunehmen, daß er allermindestens dafür bezahlt worden ist. Es wird angebracht sein, sich über diesen Punkt Gewißheit zu verschaffen.
    Dies sind meine Folgerungen. Die Zukunft wird beweisen, ob sie begründet sind oder nicht.
    Wir werden es ja erleben.
    AMÉDÉE FLORENCE
     
    IM BUSCH, EINEN TAGESMARSCH HINTER KANKAN, 26. Dezember. – Ich füge meinem Brief von vorgestern, dessen Weiterleitung an Sie Tchoumouki übernommen hat, das folgende Postskriptum hinzu.
    Was wir heute nacht erlebt haben, ist etwas ganz Außergewöhnliches. Ich teile es Ihnen ohne den Versuch einer Erklärung mit.
    Wir haben gestern, am 25. Dezember, in der Frühe Kankan verlassen und am Abend nach zwei beträchtlichen Etappen von insgesamt dreißig Kilometern auf freiem Felde kampiert. Das Land ist wenig besiedelt. Das letzte Dorf, auf das wir gestoßen sind, Diangana, liegt etwa zwanzig Kilometer hinter uns, und fünfzig Kilometer trennen uns von dem nächsten, Sikoro.
    Zur gewohnten Stunde schliefen alle Lagerinsassen.
    Mitten in der Nacht wurden wir plötzlich durch ein seltsames Geräusch geweckt, das niemand auf einleuchtende Weise zu erklären vermochte. Es war wie ein ungeheures Dröhnen, etwa wie das einer Dampfmaschine, oder genauer gesagt wie das Brummen von Insekten, jedoch gigantischer Insekten, Insekten von Elefantenformat. Nach den Auskünften, die die Wachen uns gaben, hatte dieses ungewohnte Geräusch in westlicher Richtung begonnen und zunächst sehr schwach, allmählich immer mehr an Intensität zugenommen. In dem Augenblick, in dem wir unsere Zelte verließen, hatte es sein Maximum erreicht. Das Merkwürdigste ist, daß es von oben, aus der Luft, vom Himmel herkommt. Die Sache, die es hervorbringt, befindet sich genau über uns. Doch was für eine Sache kann das sein?
    Vergebens reißen wir die Augen auf. Man kann unmöglich etwas sehen. Dicke Wolken verdecken den Mond, es herrscht überall tintenschwarze Nacht.
    Während wir uns vergeblich abmühen, das Dunkel mit dem Blick zu durchdringen, entfernt sich das Brummen nach Osten zu, nimmt ab und erstirbt … Doch noch bevor es vollends verstummt, vernehmen wir ein zweites, das ebenfalls von Westen naht. Wie das erste nimmt auch dieses Brummen zu, erreicht seinen Höhepunkt, läßt nach und hört, nach Osten sich entfernend, auf.
    Das Lager scheint wie vor Schrecken erstarrt. Alle Schwarzen halten das Gesicht auf den Boden gepreßt. Die Europäer sammeln sich um Hauptmann Marcenay. Unter ihnen entdecke ich auch Tchoumouki und Tongané, die infolge ihres Zusammenlebens mit den Weißen etwas von deren Seelenruhe angenommen haben. Hingegen sehe ich nirgends Moriliré. Sicher liegt auch er
    wie seine schwarzen Stammesgenossen irgendwo platt auf dem Bauch.
    Fünfmal nacheinander wird dieses Brummen hörbar, wächst an und erlischt. Dann sinkt die Nacht in ihre gewohnte Stille zurück und geht friedlich zu Ende.
    Am Morgen haben wir die größte Mühe, unsere Kolonne wieder aufzustellen. Die Neger haben Angst und weigern sich hartnäckig aufzubrechen. Hauptmann Marcenay jedoch bringt sie schließlich zur Vernunft. Er weist sie auf die Sonne hin, die an einem wolkenlosen Himmel erscheint. Offenbar trägt sich in diesem Augenblick in der Luft nichts Außergewöhnliches zu.
     

    Wir reißen die Augen

Weitere Kostenlose Bücher