Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
mehr zugehört hatte, wie wir bereits bemerkten.
»Wenn Sie gütigst gestatten wollen, Herr Präsident«, sagte er, »möchte ich darauf aufmerksam machen, daß wir hier eine Entscheidung treffen, ohne die Meinung von Mademoiselle Mornas und Monsieur de Saint-Bérain eingeholt zu haben, die, wie ich glaube, ebenso wie wir Anspruch auf Sitz und Stimme im Rate haben.«
Sein Einspruch hatte einen guten Grund. Seit Beginn der Diskussion hatten Jane Mornas und Saint-Bérain schweigend zugehört, ohne in die Debatte irgendwie einzugreifen.
»Monsieur Florence hat recht«, erkannte Barsac an, indem er sich an Jane Mornas wendete. »Wenn Sie also so freundlich sein wollen, Mademoiselle, uns über Ihre Meinung zu unterrichten …«
»Ich danke Ihnen, daß Sie mich danach fragen, Monsieur Barsac«, antwortete Jane Mornas ohne alle Erregung, »aber wir müssen uns aus dieser Diskussion heraushalten, da sie uns ja nicht betrifft.«
»Sie betrifft Sie nicht? … Aber wieso denn nicht, Mademoiselle? Mir scheint doch, wir sitzen alle im gleichen Boot.«
»Durchaus nicht«, entgegnete Jane Mornas. »Wenn Sie den Umständen zufolge auf das Ziel verzichten, das Sie sich vordem gesteckt hatten, so hat das unsere sich doch nicht verändert. Wir haben uns nicht von Ihnen trennen wollen, als Sie gerade die größten Widerwärtigkeiten zu bestehen hatten, hielten jedoch stets an unserer Absicht fest, unsere Reise auf dem ursprünglich geplanten Weg fortzusetzen.«
»Sie wollen also auf alle Fälle bis nach Gao vordringen?«
»Entschiedener denn je.«
»Allein? Ohne militärischen Schutz?«
»Wir hatten nie damit gerechnet, auf andere Weise hinzukommen.«
»Ohne Träger?«
»Wir werden neue engagieren. Wenn das unmöglich ist, müssen wir eben ohne Träger auskommen.«
»Und das trotz dieser Feindseligkeit, deren Ursprung wir zwar nicht kennen, deren Vorhandensein doch aber nicht länger zu bestreiten ist?«
»Trotz dieser Feindseligkeit, die übrigens meiner Meinung nach mehr gegen Sie als gegen uns gerichtet ist.«
»Woher soll man das wissen, wo wir doch bislang den gleichen Weg verfolgt haben? Auf alle Fälle befürchte ich sehr, daß unser unbekannter Gegner Sie angreifen wird, wenn Sie sich allein auf den Niger zu bewegen.«
»Wenn das stimmt, müssen wir eben diesem unbekannten Gegner gefaßt entgegentreten.«
»Aber das ist doch Wahnsinn!« rief Barsac aus. »Und wenn es mit Gewalt sein muß, Mademoiselle, werden wir Sie eine solche Unklugheit nicht begehen lassen, nur um dem zu genügen, was Sie selbst als Laune bezeichnet haben.«
Jane Mornas zögerte einen Augenblick.
»Leider«, gab sie dann in traurigem Ton zur Antwort, »handelt es sich nicht um eine Laune, wie ich Ihnen gegenüber bisher behauptet habe.«
»Und um was handelt es sich dann?« fragte Barsac erstaunt.
Jane Mornas zögerte von neuem.
»Um eine Pflicht«, antwortete sie in sehr ernstem Ton.
Barsac, Dr. Châtonnay und Amédée Florence blickten alle zu Jane Mornas hin, letzterer voller Interesse, die beiden anderen voller Verwunderung, da sie sich vergebens fragten, was das junge Mädchen mit diesem Wort sagen wollte und welche Pflicht wohl derart gebieterisch sein könnte, daß sie Jane Mornas bis zum äußersten Punkt des Nigerbogens trieb. Amédée Florence hingegen, der seinem Temperament entsprechend seinen Gefährten immer spezielle Gründe zur Ausführung dieser Unternehmung unterstellt hatte, empfand nichts anderes als eine große Befriedigung bei dem Gedanken, daß er nun einen von denen erfahren würde, die ihm bis dahin verborgen geblieben waren.
»Verzeihen Sie mir, meine Herren«, fing Jane Mornas von neuem an, »ich habe Sie getäuscht …«
»Getäuscht? …« wiederholte Barsac mit immer wachsendem Staunen.
»Ja, ich habe Sie getäuscht. Während Monsieur de Saint-Bérain Ihnen seinen Namen genannt und wahrheitsgemäß angegeben hat, daß er Franzose ist wie Sie selbst, habe ich meinerseits mich bei Ihnen unter einem falschen Namen und mit einer fälschlich angenommenen Nationalität eingeführt. Ich bin Engländerin und heiße Jane Buxton. Ich bin die Tochter von Lord Buxton, die Schwester von George Buxton, und in der Nähe von Koubo sind die sterblichen Reste meines unglücklichen Bruders beigesetzt worden. Dorthin also muß ich gehen, denn dort nur wird die Aufgabe für mich erfüllbar sein, die ich mir gestellt habe.«
Darauf berichtete Jane Buxton – dieser Name soll ihr nun erneut zugestanden werden – von dem
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