Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
mit dieser Handlungsweise immerhin große Mäßigung bewiesen hat. Anstatt einfach zu desertieren, hätte ja doch diese Eskorte uns alle niedermetzeln können! Doch nichts dergleichen hat sie getan. Vielmehr war sie so aufmerksam, uns Lebensmittel, unsere Waffen, unsere Munition, unsere Pferde und eine gewisse Menge an Waren zu belassen. So überaus schrecklich war dieses Vorgehen doch im Grunde nicht.«
»Sie vergessen Tongané«, gab Dr. Châtonnay leise zu bedenken.
»Tongané ist ein Neger«, entgegnete Barsac, »und für viele Leute gilt das Leben eines Negers nicht eben viel.«
»Monsieur Barsac hat recht«, mischte Florence sich ein. »Ja, das gegen uns angewendete Vorgehen zeugt von einer gewissen Mäßigung, und ganz offenbar hat man es auf unser aller Leben bis jetzt noch nicht abgesehen. Ich sage ausdrücklich ›bis jetzt‹, denn unser unbekannter Gegner könnte sehr wohl zu einem wirksameren Angriffssystem übergehen, wenn wir uns darauf versteifen, uns in einer ihm mißfälligen Richtung weiter fortzubewegen. Für diesen Fall genügt Tonganés Verwundung, um uns zu beweisen, daß diejenigen, denen wir im Wege sind, mit drastischeren Maßnahmen schnell bei der Hand sein könnten.«
»Sehr richtig«, pflichtete der Doktor ihm bei.
Auf diese zustimmende Bemerkung Dr. Châtonnays folgte ein minutenlanges Schweigen, das Barsac darauf verwendete, seinen tiefsinnigen Gedanken nachzuhängen. Sicherlich waren die Folgerungen richtig, die Amédée Florence gezogen hatte, und ganz bestimmt würde der ehrenwerte Abgeordnete der Republik aus dem französischen Süden seine kostbare Existenz nicht einzig zu dem Zweck der Vermeidung von Kritiken gefährden, die ihn in Paris erwarteten, falls er zurückkehren würde, ohne seinen Auftrag bis zu Ende durchgeführt zu haben. Würde es zudem denn völlig unmöglich sein, auf diese Kritiken eine Antwort zu erteilen?
»Nach gründlicher Überlegung«, sagte er, gewiß in der geheimen Absicht, an seinen gegenwärtigen Zuhörern die Wirkung der Argumente zu erproben, die er später seinen Kollegen in der Kammer vorsetzen würde, »schließe ich mich den Ausführungen meines Vorredners Monsieur Amédée Florence an, zumal in der Form, die ihnen mein hochgeschätzter Kollege Dr. Châtonnay gegeben hat. Ich stimme also ebenfalls für die Rückkehr nach Sikasso, mit Ségou-Sikoro als letztem Ziel. Wenn jemand, meine Herren …«
Hier hatte Amédée Florence das Gefühl, daß eine Rede im Anzug sei. Er hörte daraufhin dem Sprecher nicht länger zu, sondern dachte an etwas anderes.
»Wenn jemand, meine Herren, sich versucht fühlen sollte, mich zu tadeln und zu behaupten, ich hätte diese Reise ohne absolute Notwendigkeit abgebrochen, würde ich ihm antworten, daß die Verantwortung für diesen Abbruch bei der Regierung selbst liegt, deren Pflicht es war, unserer Expedition wirksamen Schutz zu gewähren. Sie hätte infolgedessen, da offenbar höhere Notwendigkeiten sie zwangen, die Zusammensetzung unserer Begleitmannschaft zu verändern, entweder alle Maßnahmen treffen müssen, die es unmöglich machten, daß eine Bande von Abenteurern die Stelle des eigentlichen Detachements, das sie uns zuteilen wollte, einnehmen konnte, oder aber, falls eine solche Unterschiebung nicht von vornherein stattgefunden hat, einen Chef für die Eskorte zu wählen, dem sie unsere Sicherheit in dem Bewußtsein anvertrauen konnte, daß er für Aufforderungen, deren Herkunft zu untersuchen nicht unsere Sache ist, niemals zugänglich sein würde. Die Untersuchung, die meiner Meinung nach unbedingt angestellt werden muß, wird uns sagen, meine Herren …«
»Verzeihung, Herr Präsident«, fiel ihm an dieser Stelle Amédée Florence ins Wort, »wenn Sie gütigst gestatten wollen …«
Der Reporter hatte seinen Gefährten von vornherein den klügsten Entschluß nahegelegt, über den er sich dank seinem praktischen Sinn auf der Stelle klargewesen war. Sein Vorschlag hörte jedoch auf, ihn zu interessieren, sobald er sah, daß man ihn annehmen würde. Ein paar Minuten darauf hätte man nicht sehr in ihn zu dringen brauchen, damit er sein Bedauern darüber ausgesprochen hätte, daß diese Reise gerade in dem Augenblick enden sollte, in dem sie interessant zu werden versprach.
Als er mit seinen Überlegungen an diesem Punkte angelangt war, hatte sein Blick zufällig Jane Mornas und Saint-Bérain gestreift. Daraufhin hatte er um so weniger gezögert, Barsac zu unterbrechen, als er ihm ohnehin nicht
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