Das erste Gesetz der Magie - 1
Nachkommenschaft dafür, daß du mich ein paar Tage herumfliegst.«
Scarlets stechend gelbe Augen näherten sich seinem Gesicht, ihre Ohren schwenkten nach vorn.
»Und woher weißt du, daß ich meinen Teil der Abmachung erfülle, wenn ich erst mein Ei habe?«
»Weil du weißt, wie es ist, sich um die Sicherheit eines anderen zu sorgen, und weil du Ehrgefühl besitzt«, flüsterte Richard. »Außerdem habe ich keine Wahl. Ich wüßte nicht, wie ich sonst meine Freunde retten und davor bewahren sollte, den Rest ihres Lebens so zu verbringen wie du jetzt: unter Darken Rahls Knute. Für dein Ei riskiere ich mein Leben. Ich halte dich für ein ehrenwertes Geschöpf. Ich traue dir und bin bereit, mein Leben darauf zu setzen.«
Scarlet schnaubte, zog den Kopf zurück und betrachtete ihn. Sie faltete ihre riesigen Flügel an den Körper, wedelte mit dem Schwanz und wischte Gestein und kleine Felsbrocken über den Boden. Richard wartete. Ein Arm kam vor, eine einzelne schwarze Krallenspitze, dick wie sein Bein und scharf wie seine Schwertspitze, hakte sich in den Gurt seines Schwertes und zog ihn vertraulich heran. Ihr Kopf kam näher.
»Einverstanden. Bei deiner Ehre und meiner«, zischte Scarlet. »Aber ich gebe dir nicht mein Wort darauf, daß ich dich nach Ablauf der sechs Tage nicht verspeisen werde.«
»Wenn du mir hilfst, meine Freunde zu finden und Darken Rahl aufzuhalten, ist mir egal, was du danach tust.«
Scarlet schnaubte.
»Können kurzschwänzige Gars Drachen gefährlich werden?«
Der Drache löste die eingehakte Kralle.
»Gars!« Scarlet spie den Namen aus. »Ich habe genug von ihnen gefressen. Sie haben gegen mich keine Chance, es sei denn, sie sind zu acht oder zu zehnt. Allerdings scharen sich Gars nicht gerne zusammen, das ist also kein Problem.«
»Doch, im Augenblick schon. Als ich dein Ei gesehen habe, war es von Dutzenden von Gars umzingelt.«
Scarlet grunzte, Flammen züngelten zwischen ihren Reißern hervor.
»Dutzende! So viele könnten mich aus dem Himmel reißen. Vor allem dann, wenn ich mein Ei trage.«
Richard lächelte sie an. »Deshalb brauchst du mich. Ich werde mir etwas einfallen lassen.«
Zedd schrie auf. Kahlan und Chase schreckten zurück. Kahlan runzelte die Stirn. Das hatte er noch nie getan, wenn er den Stein der Nacht gesucht hatte. Die Sonne war bereits untergegangen, trotzdem erkannte sie im nachlassenden Licht, daß seine Haut fast so weiß war wie sein Haar.
Sie rüttelte ihn an den Schultern. »Zedd! Was ist?«
Er antwortete nicht. Sein Kopf sackte zur Seite, und er verdrehte die Augen. Er atmete immer noch nicht, aber das wenigstens war normal. Er hatte vorher auch nie geatmet, wenn er nach dem Stein der Nacht gesucht hatte. Sie wechselte einen besorgten Blick mit Chase. Kahlan spürte, wie Zedd unter ihrer Hand zitterte. Sie rüttelte ihn noch einmal.
»Zedd! Hör auf damit! Komm zurück!«
Er keuchte leise, flüsterte etwas. Kahlan legte ihr Ohr an seinen Mund. Wieder flüsterte er etwas.
Kahlan war entsetzt. »Zedd, das kann ich dir unmöglich antun.«
»Was hat er gesagt?« wollte Chase wissen.
Sie sah den Grenzposten mit angstvoll aufgerissenen Augen an. »Er meinte, ich solle ihn mit meiner Kraft berühren.«
»Die Unterwelt«, keuchte Zedd. »Es ist die einzige Möglichkeit.«
»Was ist los, Zedd?«
»Ich sitze in der Falle«, flüsterte er. »Berühre mich, oder ich bin verloren.«
»Tu besser, was er sagt«, warnte Chase.
Kahlan hielt überhaupt nichts von der Idee. »Zedd, das kann ich dir unmöglich antun!«
»Nur so kann der Einfluß gebrochen werden. Beeil dich.«
»Mach schon!« fuhr Chase sie an. »Zum Streiten haben wir keine Zeit!«
»Mögen die guten Seelen mir vergeben«, flüsterte sie und schloß die Augen.
Sie fühlte sich in Panik gefangen; sie hatte keine Wahl. Aus Angst vor dem, was sie tun würde, wurde ihr Verstand ganz still und ruhig. In der Ruhe gab sie ihre Zurückhaltung auf. Sie spürte, wie die Kraft wuchs, ihr den Atem nahm. Endlich befreit, fuhr ihre Kraft in den Zauberer.
Ein heftiger Aufprall in der Luft ringsum. Fichtennadeln regneten überall herab. Chase beugte sich über sie und stöhnte gequält auf. Er war dichter dran gewesen, als er hätte sein dürfen. Stille senkte sich über die Wälder. Der Zauberer atmete noch immer nicht.
Zedd hörte auf zu zittern, seine Augen senkten sich. Er zwinkerte ein paarmal, dann hob er die Hände und packte Kahlans Arme. Er schnappte nach Luft und
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