Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
Barons.
»Was ist hier passiert?«, fragte Sieglinde. »Ich sehe keine Kampfspuren.«
Zokora trat aus dem Schatten. »Seht hier und hier. Er ist ausgerutscht, schlug mit dem Kopf gegen den Stein und hat sich das Genick gebrochen. Ein Unfall.«
»Vier«, sagte Varosch nur.
Plötzlich tauchte aus der Dunkelheit vor uns eine Tür auf, wieder Zwergenarbeit, diesmal aber war in den Stein der Tür etwas gemeißelt, ein in der Kälte schnaubender Eiswolf.
»Ich glaube, das ist der Tempel.« Leandra wandte sich mir zu. »Das ging schneller und leichter, als ich dachte.«
Jan trat hinüber zu der Tür und studierte sie. »Ich glaube, wir sind da.« Er hob die Hand.
»Nicht!«, rief Zokora hastig, aber es war zu spät. Ein gleißender Blitz entlud sich aus einer kleinen Rune über dem Tor, und der Gestank von verbranntem Fleisch drang uns in die Nase, noch während unsere Augen sich von dem blendenden Blitz zu erholen suchten.
Ein leises Grollen kam von links. »Werwolf!«, rief Janos, aber dann sprang das Biest auch schon vor. Es war deutlich größer als die Kreatur, die Simons Bruder gewesen war. Schon im ersten Ansturm riss es zwei meiner Männer zu Boden. Dann sprang es in die Dunkelheit davon.
»Verdammt! Sichern!«, rief ich, wütend über mich selbst, dass ich nicht besser Acht gegeben hatte. Ich eilte zu den Verletzten. Einem hatte das Biest den Kopf abgerissen, der andere lag blutend am Boden. Es war Joakim. Im ersten Moment dachte ich, es wäre nicht schlimm, dann sah ich, dass das Wesen ihm die Klaue von unten, unterhalb der Kette, zwischen den Beinen nach oben in den Magen gerammt hatte.
Ich kniete mich neben ihn. Er sah zu mir hoch und hielt meine Hand mit einer überraschenden Stärke fest. Dann weiteten sich seine Augen, er zuckte einmal, seufzte leise und starb. Ich erhob mich und sah die anderen an.
»Wir ziehen uns etwas zurück, in eine besser zu sichernde Position«, sagte ich und trat den Weg an. Eine Weile sprach niemand, wir sahen uns nur um und versuchten in der Dunkelheit etwas zu erkennen.
Die Stelle, die ich aussuchte, war nur von zwei Seiten zugänglich. Besser als nichts. Hier bezogen wir Stellung. Ich dachte an Jan und Joakim und an den Dritten, dessen Name mir nicht einfiel. Ich würde mir die Namen merken müssen. Verdammt.
»Dieses riesige Mistvieh«, brach Janos dann das Schweigen, »muss doch zu erwischen sein.«
»Ja. Aber wie?«, fragte Palus.
»Ich werde es mit etwas ködern«, schlug Zokora vor. Ehe einer von uns reagieren konnte, verschmolz sie mit dem Schatten und war nicht mehr zu sehen.
»Sie ist mir manchmal unheimlich«, sagte Simon.
»Manchmal?« Janos grinste. Seine gute Laune war ihm offenbar nicht vergangen.
»Ich mag sie. Sie ist irgendwie süß.« Alle sahen Varosch überrascht an.
»Sie ist was ?«, fragte Janos entgeistert.
»Süß. Ich meine, die Art, wie sie schaut, wenn sie etwas amüsiert ….« Er sah unsere Blicke und brach ab.
»Ich glaube nicht, dass sie weiß, was Amüsement bedeutet«, bemerkte einer der anderen trocken. »Und wenn doch …« Er schüttelte sich.
»Ist ja in Ordnung«, beeilte sich Palus zu versichern. »Jedem das seine.«
Etwa eine halbe Stunde später hörten wir alle ein fürchterliches Geheul, gepaart mit einem Fauchen, das einem die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Der Laut erinnerte mich an einen Berglöwen, aber keiner, den ich je gesehen hatte, besaß dieses Lungenvolumen.
Etwas später kam sie zurück, ihr schwarzer Umhang und Kragen über und über mit Blut bedeckt.
»Es ließ sich nicht ködern.«
»Was habt Ihr getan?«, fragte einer der Leute vorsichtig.
Zokora bedachte ihn mit einem kurzen Blick. »Ich habe ihn aufgeschlitzt und vor seinen Augen seine Eingeweide ausgerollt. Dann habe ich …«
Sie erklärte es im Detail, bevor Leandra kreidebleich die Hand hob und sie bat, damit aufzuhören.
»Ist er tot?«
»Wer? Sternheim? Er war der Wolf, müsst ihr wissen.« Zokora legte den Kopf auf die Seite. »Ob er tot ist? Vielleicht nicht«, sagte sie mit offensichtlicher Genugtuung. »Aber ich glaube nicht, dass die sechs Teile wieder zueinander finden.«
Im Hintergrund hörte ich Würgen.
»Süß?«, fragte Palus Varosch.
Der sah zu Zokora hinüber. »Nun, vielleicht jetzt gerade nicht.«
»Drei«, sagte sie nur.
Nun, da der Werwolf beseitigt war, wandten sich Zokora und Leandra gemeinsam der Rune über der Tür zu. Sie mussten über Jans verkohlte Leiche steigen, ehe jemand auf die Idee kam, sie
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