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Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)

Titel: Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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ein jeder mein Gesicht nun deutlicher erkennen konnte. Ich holte tief Luft, bevor ich fortfuhr.
    »Seelenreißer gibt mir die ungelebten Jahre der Toten.«
    Als sie mein Gesicht sahen, fingen die Leute an zu murmeln. Es war das Gesicht eines Mannes, der kaum drei Dutzend Jahre gesehen hatte. Hier und da sah ich, wie das Dreieck geschlagen wurde. Die meisten wichen meinem Blick aus, nur Leandra schaute überrascht zu mir auf. Ich sprach langsam weiter. »Dein Bruder war jung, wie du es bist. Als er starb, gab er mir seine verbliebenen Jahre, die ich ihm so gestohlen habe.«
    »Ihr … Ihr habt seine Seele gegessen?«, fragte er mit erstickter Stimme.
    »Nein, bei den Göttern, nein. Das nicht!«, rief ich entsetzt. »Ich schwöre Euch, seine Seele ist zu den Göttern gelangt.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«, rief er mit Tränen in den Augen.
    »Diese Klinge trägt auch einen anderen Namen. Die Klinge des Todes. Sie ist Soltar geweiht. Simon, dein Bruder Maktor ging geradewegs in sein Reich, ohne den Schwarzen Fluss überqueren zu müssen. Soltar selbst nahm ihn bei der Hand.«
    »Du bist der Wanderer«, hauchte Leandra.
    »Ja«, sagte Janos beinahe ebenso leise. Er schien nicht überrascht. Aber die anderen waren es sehr wohl.
    Simon sah mich einen endlosen Moment lang nachdenklich an, dann nickte er. »Und so gab mein Bruder Euch Eure Jugend wieder?«, fragte er leise.
    »Ja. Es tut mir Leid.«
    »Mir nicht«, sagte Simon überraschend. Er sah auf und wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Gestorben wäre er so oder so. Hättet Ihr ihn nicht getötet, hätte es ein anderer getan. Aber so gab er Euch das, was Ihr brauchtet, um uns zu führen. Ich war schon beeindruckt, dass ein alter Mann so zäh ist.«
    »Ich danke Euch, Simon, für die Vergebung.« Ich sah die anderen an. »Es mag euch verlockend erscheinen. Aber es gibt einen Grund, warum man sagt, Seelenreißer wäre verflucht. Denn ihr wisst nur die Hälfte. Stellt euch vor, ihr müsstet weiterleben, wenn eure Freunde, eure Lieben sterben. Die Kinder eurer Kinder. Das Schwert schenkt mir die gestohlenen Jahre anderer und verflucht mich zugleich zur Einsamkeit. Ich habe es zwanzig Jahre nicht mehr angefasst, in der Hoffnung, endlich zu sterben.«
    »Deshalb bist du gealtert?«, fragte Zokora. Ich nickte.
    »Und deshalb wolltest du das Schwert mit ins Grab nehmen.« Ich nickte wieder.
    »Du hast die Wahrheit gesagt.« Leandra hatte sich aufgerichtet und sah mich prüfend an. »Du bist nicht Ser Roderic, weil es ihn nie gab. Aber du hast seinen Namen getragen, nicht wahr?«
    Ich blickte zu Boden, wo meine Klinge lag.
    »Ja. Am Pass tötete ich so viele Gegner, dass sich die Wunden, obgleich sie hätten tödlich sein müssen, fast so schnell schlossen, wie ich sie empfing. Zum Schluss war ich unter Leichen begraben. Ich starb so oft, ich konnte es nicht mehr ertragen. Ich blieb liegen und ergab mich meinem Schicksal.«
    »Aber die Barbaren hatten es mit der Angst zu tun bekommen. Vierzig Ritter gegen dreitausend Barbaren. Und sie kamen nicht durch. Sie flohen«, sagte Leandra leise.
    »Und das war der letzte Barbarenüberfall in diesen Landen. Sie kehrten zu ihren Dörfern zurück und verließen sie, wanderten weiter«, sagte Janos.
    »Der Graf hatte achttausend Mann. Wäre er zum Pass gezogen, hätte er uns am dritten Tag erreicht«, sagte ich bitter. »Damals war noch über die Hälfte von uns am Leben. Aber er war zu feige, dachte, es wären dreißigtausend, und saß auf seinem Hinterteil. Später ließ er sich als Retter der Reiche feiern.« Ich ballte die Hand zur Faust. »Er wäre über die Barbaren hinweggerollt, wie es jene Walze dort beinahe mit uns getan hätte. Aber er war feige.«
    »Das wusste aber niemand«, sagte Leandra leise.
    »Seine ganzen Offiziere wussten es«, sagte Janos.
    »Wie habt Ihr das nun wieder erfahren?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Mein Vater erzählte es mir.«
    »Die Königin wusste es nicht«, sagte Leandra leise. »Sie war ein junges Mädchen, gelähmt durch einen heimtückischen Anschlag.«
    »Ja. Aber selbst für sie kann man eigentlich nur einmal sterben. Ich starb mehr als einmal, aber wie Janos schon in seiner Geschichte erzählte, Soltar will mich nicht. Ich habe ihn betrogen, und dies ist seine Strafe. Ewiges Leben durch ewiges Töten. Ich hatte die Nase voll davon.«
    »Ser Roderic und die Ritter des Bundes haben Tausende gerettet. Vielleicht das Königreich selbst«, sagte Sieglinde leise. »Ihr habt Leben

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