Das erste Jahr ihrer Ehe
einen kleinen Notizblock aus einer Innentasche seines Jacketts. Er schrieb die Adresse auf und reichte ihr den Zettel. »Fragen Sie nach Tommy. Der wird sich um Sie kümmern. Sagen Sie, Sie kommen von Arthur.«
Da war es wieder. Er wird sich um Sie kümmern.
»Sonst nichts?«, fragte Margaret. » Einfach nur Arthur?«
»Er weiß dann schon Bescheid.«
Askaris wachten vor den Geschäften in der Kimathi Street. Margaret drückte einem Parkboy acht Schillinge in die Hand, damit er auf ihren Wagen aufpasste. Sie ging an einem skandinavischen Geschäft vorüber, in dem ein Afrikaner Silber putzte. Im Fenster stand ein Schild mit der Aufschrift 50 Schillinge, worauf es sich bezog, war nicht zu erkennen. Eine Tür weiter war ein Laden, der sich Crystal Ice Cream nannte und als Spezialgericht des Tages eine Portion vegetarischer Samosas anbot. Ein Mann hustete und spie eine schleimige Masse auf den Gehweg. Margaret musste einen Bogen schlagen, um sie zu umgehen. Ein Stück weiter wartete ein Händler mit allerlei Trödel. Sie blieb nur aus Höflichkeit stehen, entdeckte dann aber eine kleine goldene Teekanne und überlegte, wem sie sie schenken könnte. Vor der Bank stand eine Phalanx von Askaris mit Panga Macheten und angeleinten Hunden, die ausgesprochen gefährlich aussahen. Die vielen Afrikaner, die in die Bank hineinwollten, schoben sich mit äußerster Vorsicht an den Hunden vorbei.
Sie warf einen Blick auf den Zettel, den Arthur ihr mitgegeben hatte. Sir Henry’s, schätzte sie, musste am anderen Ende der Kimathi Street sein. Sie überquerte die Fahrbahn und hielt im Weitergehen nach dem Geschäft Ausschau. An der Kreuzung Kenyatta und Kimathi lagen Männer auf dem grünen Mittelstreifen, einige fest schlafend. Bedienstete in weißen Hemden und Schlipsen gossen, ohne sonderlich auf sie Rücksicht zu nehmen, das Gras und die Palmen. Sie kam an einem Mann in einer weißen Kufiya vorüber, dem mehrere verschleierte Frauen in langen, schwarzen Buibuis folgten, die sie von Kopf bis Fuß verhüllten. Margaret wollte sich gar nicht vorstellen, wie heiß es in der tropischen Mittagssonne unter dem dicken Stoff sein musste.
Vor einem Laden namens The Village fiel ihr eine schlichte Halskette mit vier Glasperlen ins Auge, die zweihundert Schillinge kosten sollte. Hinter sich sah sie, im Fenster gespiegelt, einen hochgewachsenen dünnen Massai mit großen Löchern in den Ohren vorübergehen. Er trug nichts als eine rote Decke über dem Körper und hatte einen Speer dabei. Auf der Fahrbahn jenseits wartete eine junge Weiße in lindgrünem T-Shirt auf einem Motorrad an der Ampel. Sobald die Ampel umschaltete, brauste sie davon.
Die Afrikanerin, die am Stand der Wohltätigkeitslotterie marktschreierisch um Käufer warb, erinnerte Margaret an Versteigerungen in Amerika. Als die Frau sich aufrichtete, sah sie, dass sie schwanger war. Hinter ihr war ein Woolworth, bei dem man Kochtöpfe, antiquarische Bücher, gebrauchte Autoreifen und Küchenmaschinen kaufen konnte. Margaret ging hinein und besorgte sich einen Führer für den Mount Kenya. Als sie wieder herauskam, bemerkte sie eine Mutter, die mit ihren drei Kindern an die Hausmauer gelehnt auf dem Gehweg saß. Margaret hatte sie schon mehrmals gesehen, und immer hatte sie dasselbe Kleid an. Das Kleinste, nur mit einem schmutzigen Hemdchen bekleidet, stand auf, kauerte sich nieder und verrichtete sein großes Geschäft. Neben der Frau stand ein Blechbecher mit einigen Schillingen darin. Margaret, die ihr Wechselgeld noch in der Hand hielt, ließ es in den Becher fallen. »Asante sana«, sagte die Frau matt. Sonst hatte die Bettlerin, wenn Margaret ihr etwas gab, immer die Hände zusammengelegt wie zum Gebet und »asante sana« wiederholt, bis Margaret außer Hörweite war. Patrick hatte sie davor gewarnt, Bettlern Geld zu geben, es könne leicht zu hässlichen Szenen kommen, wenn andere Bettler zusammenliefen, um auch etwas zu ergattern.
Margaret, die plötzlich Durst bekommen hatte, machte einen Abstecher auf die andere Straßenseite zum New Stanley Hotel, einem hohen, weißen Gebäude voller Touristen mit Fotoapparaten, Safarijacken, Feldstechern und Landkarten. Familien warteten auf die Ankunft der zebraartig gestreiften Minibusse, das Englisch der Touristen mischte sich mit dem Swahili der Träger. Ein Familienvater, ein Mann von vielleicht fünfzig, zählte die Filmdosen, die er in den Taschen hatte. Neben ihm standen seine Frau, in einer Polyesterbluse, und die beiden
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