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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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dass der Peugeot nicht da war. Im ersten Moment glaubte sie, sich falsch erinnert zu haben und sah sich jedes der zwanzig Fahrzeuge an, die in der Seitenstraße standen. Der Junge, dem Margaret acht Schillinge gegeben hatte, damit er auf ihr Auto aufpasste, hockte auf einem Zaun – aber er beachtete sie nicht.
    »Entschuldige«, sagte Margaret auf Englisch, »bist du nicht der junge Mann, den ich dafür bezahlt habe, dass er auf meinen Wagen achtgibt?«
    Der Junge schien sie nicht gehört zu haben. Sie wiederholte die Frage auf Swahili. »Nataka gari, tafadhali.«
    »Nein, Miss«, sagte der Junge schnell. »Nein, Miss.«
    Margaret musterte das Gesicht, den schmächtigen Körper, die nackte Brust. Sie konnte nicht mit Sicherheit sagen, dass er der Junge war, aber sie vertraute ihrem Instinkt. »Ich möchte mein Auto haben«, sagte sie ruhig.
    Wieder schien er sie nicht zu verstehen. Inzwischen ungeduldig wiederholte Margaret ihre Worte auf Swahili.
    »Nein, Miss«, sagte der Junge und schüttelte den Kopf.
    Margaret glaubte einen Anflug von Furcht in seinem Blick zu erkennen und wiederholte ihre Forderung lauter. Aus einer Türnische trat ein älterer Junge, größer und muskulös, der mit einem Schlagstock spielte.
    »Sie haben Problem, Miss?« Er trug ein weißes Unterhemd und eine dunkelblaue lange Hose und schien über eine Autorität zu verfügen, die keine Worte brauchte.
    Margaret wurde es kalt.
    »Ja«, antwortete sie so ruhig sie konnte. »Ich habe heute Morgen gegen zehn meinen Wagen hier, an dieser Stelle, geparkt – einen weißen Peugeot – und den jungen Mann hier gebeten, ihn zu bewachen. Ich habe ihm acht Schillinge dafür gegeben.«
    Der Ältere sprach den Jüngeren in einer Sprache an, die Margaret nicht verstand. Dann wandte er sich mit übertriebener Höflichkeit wieder ihr zu.
    »Nein, Miss. Ich zweifle nicht, dass Sie glauben, Sie hätten recht, aber Sie täuschen sich gründlich. In dieser Straße war den ganzen Morgen kein weißer Peugeot. Mein Bruder ist äußerst sicher.«
    Der Größere trat einen Schritt auf Margaret zu. Würde er eine Weiße schlagen?
    »Das ist unglaublich ärgerlich«, sagte sie. Das Herz klopfte ihr, als kletterte sie schon den Mount Kenya hinauf. »Ich weiß genau, was ich getan habe. Ich brauche den Wagen. Glaubst du, ich zahle jemandem acht Schillinge dafür, dass er auf mein Auto aufpasst, nur damit ich es nicht mehr finde, wenn ich zurückkomme?«
    Die Straße war leer. Margaret wusste, dass der Ältere bemerkte, wie sie sich umsah. Er begann mit zorniger Stimme auf den Jüngeren einzureden, der, scheinbar reuig, zum Boden hinuntersah.
    »Meinem Bruder tut es sehr leid, dass er Sie ärgerlich gemacht hat. Ich entschuldige mich für ihn, da er anscheinend zu dumm ist, es selbst zu tun. Aber ich würde Ihnen raten, Ihren weißen Peugeot woanders zu suchen. So ein Auto ist hier seit fünf Uhr morgens nicht gesehen worden.«
    Margaret wusste, dass er ihr nicht sagen würde, was aus dem Auto geworden war. Sie hatte nicht genug Geld in der Tasche für so eine Auskunft.
    Eine Minute, vielleicht auch zwei, hielt sie die Stellung, dann ging sie. Sie wusste, dass die beiden Jungen grinsten und, sobald sie um die Ecke war, zu lachen anfangen würden.
    Eigentlich wollte sie schnurstracks zur Polizei gehen. Aber vorher suchte sie noch in allen Seitenstraße der Kimathi für den Fall, dass sie aus Zerstreutheit vielleicht doch an anderer Stelle geparkt hatte. Von den zwei weißen Peugeots, die sie entdeckte, war keiner der ihre. Sie stellte sich das stundenlange Theater bei der Polizei vor und war augenblicklich erschöpft. Also ging sie weiter bis zum New Stanley Hotel. Im Thorn Tree Café benutzte sie das Telefon neben dem Schwarzen Brett. Sie lehnte sich mit dem Kopf an das Brett, wo ein flacher Reißnagel ihr eine kleine Vertiefung in die Stirn drückte. Sie rief Patrick im Krankenhaus an.
    »Das Auto ist gestohlen worden«, sagte sie.
    »So habe ich mir das nicht vorgestellt«, sagte Patrick heftig, die Fäuste in die Oberschenkel gedrückt. Er saß Margaret an einem Tisch im Thorn Tree Café gegenüber. Sie wusste, er wollte damit sagen, dass es zu seinem Engagement, seinen Hoffnungen für Kenia nicht gehörte, sich bestehlen zu lassen. Dass es ihnen passiert war – und gleich viermal – kränkte ihn. Sein Gesicht war fleckig, so sehr quälte es ihn. Sie tranken Tusker-Bier, das die versprochene Tröstung schuldig blieb.
    Patrick sah sie mit hochgezogenen Brauen an.

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